BlogReiseplanung - Grausame Tatsachen

Reiseplanung – Grausame Tatsachen

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Eigentlich wollte ich zwischen Weihnachten und Neujahr mal zur Abwechslung das Land verlassen – schliesslich ist der japanische Yen momentan ziemlich stark und die Gelegenheit von daher recht günstig. Ganz eigentlich dürstet es mich jedoch vor allem, mal wieder in ein neues Land zu fahren. Nach einigem Suchen habe ich dann doch aufgegeben. Es lohnt sich irgendwie nicht, für 4 Nächte stundenlang irgendwohin zu fliegen (ich lebe also doch noch nicht zu lange hier!).

Ex-Herberge in Miyako: Google Maps ist up to date...
Stattdessen mache ich mal wieder etwas, was einfach unlogisch ist: Ich fahre von Tokyo, wo es zu der Zeit kalt und die Tage sehr kurz sind, gen Norden, wo es noch kälter ist – und die Tage noch kürzer sind. Egal. Es gibt drei Präfekturen, die noch nicht in den zweifelhaften Genuss meines Aufenthalts gekommen sind. Dazu zählt Iwate im Nordosten. Für einen Tag soll es dabei auch nach Miyako an die Küste gehen. Der Ort ist für zwei Sachen berühmt: Für seine wilde, zerklüftete Küste. Und dafür, dass der Tsunami im März den halben Ort mitgerissen hat. Als Ex-(?)Geograph treibt mich natürlich auch eine gewisse Neugier: Was geschah da wirklich, und wie sieht es jetzt dort aus?
Also – Unterkunft suchen. Sehr positiv erwähnt wird dort eine kleine, feine Herberge (ein Ryokan, um genau zu sein). Schnell nachgeschaut, wo die Herberge liegt. Und auf Google Street View umgeschaltet. Weia. Da steht nichts mehr. Nur noch das Fundament. Und die Markierung von Google Maps: 浄土ヶ浜旅館 (Jōdo-ga-hama Ryokan). Immerhin hat es wohl die Betreiberin der Herberge samt Familie geschafft, rechtzeitig zu fliehen. Mittlerweilen konnte ich eine andere Unterkunft auftreiben – ein kleines Hotel. Bei denen wurde nur der erste Stock verwüstet.

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

8 Kommentare

  1. Hallo Tabibito, wir wünschen dir ein gute Reise und viele Eindrücke. Ein Besinnliches Fest und komm gut ins neue Jahr. Gruß von Frauchen und mir.

  2. Ich verdrücke mich genau in die andere Richtung: nach Kyushu.
    In Fukushima war ich vor ein paar Jahren im Winterurlaub.
    Es würde mich schon auch reizen, aber es ist a) viel zu weit weg und b) vermutlich doch noch teilweise ungemütlich (und mir mulmig) …
    Mich würde das auch sehr interessieren! Ich hoffe, du wirst ein paar Fotos von deiner Reise hier reinstellen!? :)

  3. Weia! Ein Glück, dass du überhaupt auf Google Streetview nachgesehen hast!
    Ich waere gar nicht erst auf die Idee gekommen..
    Leider haben mich auch 1. die Preise und 2. die Kürze der Auslandsreisen davon abgehalten, irgendwo hin zu fliegen.
    Finde ich frech, dass teilweise echt schon der Abflug Abends 22 Uhr als erster Urlaubstag der Reise gerechnet wird..
    Stattdessen gehe ich auch nur 2 Tage im Inland auf Reisen. Aber die andere Richtung. In Nagano war ich noch nicht..

  4. Du sprichst etwas an was mich schon eine ganze Weile beschäftigt. Wie wird es sein an gewisse Orte zurückzukehren, die man aus der Vergangenheit kennt? Ich war vor zwei Jahren in Matsushima in der Präfektur Miyagi, und war von der Küstenlandschaft mit seinen pittoresken Kieferninseln begeistert. Ich verbinde sehr schöne Erinnerungen mit diesem Ort und seiner Landschaft.
    Will ich dorthin zurück ? Was werde ich dort antreffen ?
    Soll ich meine Erinnerungen mit der Realität konfrontieren, und so meine Erinnerungen vielleicht zunichte machen ?
    Andererseits bin ich mir im klaren das für die Menschen die dort leben, und unter schwierigsten Bedingungen ausharren, solche Überlegungen wie der blanke Hohn sein muss. Shitsurei Shimasu.
    So klar es für mich immer war wieder nach Japan zu reisen, so unsicher bin ich mir darüber ob ich nach Matsushima zurückkehren soll. Und der Gedanke das man mich für einen Katastrophen-Touristen halten könnte, ist mir unerträglich.

  5. @Heydal
    Im Allgemeinen: Vor dieser Einstellung haben viele Leute in den betroffenen Gebieten besonders Angst. Für zahlreiche Gemeinden in der Gegend, vor allem aber Matsushima, ist der Tourismus eine (zum Teil sogar DIE) wichtige Einnahmequelle. Bleiben forthin die Touristen (der Großteil natürlich Japaner) aus, trifft es die Leute dort noch einmal richtig.
    Mittlerweilen kann man auch getrost davon ausgehen, dass es kein Katastrophentourismus mehr ist.
    Übrigens hat es die Bucht von Matsushima kaum getroffen: Der Tsunami hat die meisten kleinen Inseln dort nur touchiert und sich erst an der richtigen Küste (Shiohama, Higashimatsushima usw.) aufgetürmt.
    Falls mich jemand fragen würde “Ich möchte demnächst nach Japan. Kann ich auch nach Matsushima oder sollte ich das jetzt noch lieber lassen”, würde ich ohne zu zögern sagen “Fahr einfach hin. Gib der Region ein Stück Normalität, das brauchen die Leute dort momentan am meisten”.

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