Premierminister Kishida geht. Wer kommt?

Am vergangenen Mittwoch, dem 14. August 2024, gab Premierminister Kishida bekannt, dass er bei der Wahl zum Parteivorsitzenden der (regierenden) Liberaldemokraten im September 2024 nicht mehr antreten wird. Da der Parteivorsitzende der Liberaldemokraten, so diese an der Macht sind (und das sind sie fast immer), de facto auch Premierminister des Landes wird, bedeutet Kishidas Ansage, dass Japan ab Ende September einen neuen Premierminister bekommt. Der Schritt ist keine allzu große Überraschung. Eigentlich endet Kishidas Legislaturperiode erst im nächsten Jahr, doch da der Posten des Premierministers stets mit dem des Parteivorsitzenden verbunden ist, hatten offizielle Legislaturperioden für japanische Premiers nie eine große Bedeutung. Die durchschnittliche “Überlebensdauer” eines liberaldemokratischen Premierministers liegt im Nachkriegsjapan bei rund 2½ Jahren — mit fast 3 Jahren ist Kishida somit schon überdurchschnittlich lange am Ruder. Und das ist durchaus bemerkenswert, denn seine Umfragewerte sind schon lange im Keller. Und das weniger, weil er unpopuläre Entscheidungen trifft, sondern eher, weil die Menschen das Gefühl haben, dass er zu wenig macht.

Nach der Bekanntgabe startete umgehend die Gerüchteküche, wer denn folgen könnte. Im Gespräch sind vor allem die folgenden Namen:

1. Ishiba Shigeru (石破茂), 68, vormals Hauptgeschäftsführer der Liberaldemokraten
2. Katō Katsunobu (加藤勝信), 68, vormals Kabinettssekretär
3. Kamikawa Yōko (上川陽子), 71, amtierende Außenministerin
4. Koizumi Shinjirō (小泉進次郎), 43, Sohn des Ex-Premiers Koizumi und vormals Umweltminister
5. Kōno Tarō (河野太郎), 61, amtierender Digitalminister
6. Kobayasi Takayuki (小林鷹之), 50, vormals Staatsminister für wirtschaftliche Sicherheit
7. Saitō Ken (齋藤健), 65, amtierender Minister für Wirtschaft, Handel und Industrie
8. Takaichi Sanae (高市早苗), 63, amtierende Staatsministerin für wirtschaftliche Sicherheit
9. Noda Seiko (野田聖子), 63, vormals Innenministerin
10. Hayashi Yoshimasa (林芳正), 63, amtierender Kabinettssekretär
11. Shigeki Toshimitsu (茂木敏充), 68, amtierender Hauptgeschäftsführer der Liberaldemokraten

— wobei die meisten ihre Kandidatur erst noch offiziell bekanntgeben müssen. Aufregende Namen sind hier nicht zu finden, was aber auch nicht überraschend ist, denn dies sind alles Politiker, die schon eine Weile in der Führungsriege der Liberaldemokraten tätig sind.

Das Hauptmerk bei der parteiinternen Wahl wird wohl eher darauf liegen, wer am wenigsten Dreck am Stecken hat, denn die Liberaldemokraten fielen in jüngerer Zeit durch zum Teil haarsträubende Skandale auf, in die fast alle Politiker auf die eine oder andere Weise vermittelt waren. In Anbetracht der Liste könnte man auch frohlocken und sagen “gleich drei Frauen — vielleicht klappt es ja dieses Mal”, doch Hirose Megumi, langjährige Abgeordnete der Liberaldemokraten, zeigte erst in diesem Monat, dass die weibliche Führungsriege der männlichen in nichts nachsteht: Erst bekam sie Ärger wegen einer außerehelichen Affäre, nun wird sie wegen Betrugs belangt.

Wer auch immer der oder die nächste Parteivorsitzende und dementsprechend Premierminister(in) wird — sehr viel Energie wird wohl dabei draufgehen, den politischen Scherbenhaufen bei den Liberaldemokraten aufzukehren. Das ist jetzt schon ärgerlich, denn das Land braucht eine Führungsperson, die sich voll und ganz darauf konzentrieren kann, das Land zu regieren, denn vor allem in der Wirtschafts- und Bevölkerungspolitik gibt es sehr viel zu richten.