BlogKulturtipp: Tokyo Love @ Strychnin Gallery in Berlin

Kulturtipp: Tokyo Love @ Strychnin Gallery in Berlin

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Artwork: Shohei Otomo

 

Wer sich ein bisschen für moderne japanische und japanbezogene Kultur interessiert und sich im September in oder in der Nähe von Berlin aufhalten sollte (wie viele Leser da jetzt wohl schon raus sind!?), dem soll folgender Tipp angediehen sein. Yasha Young, junge Direktorin und Besitzerin der kleinen Strychnin Gallery (gibt es in Berlin und London) kuratiert vom 10. September bis zum 3. Oktober eine japanische Gruppenausstellung. Die zumeist monochromen, maximal etwas Rot enthaltenden Illustrationen von Otomo (siehe rechts) sind mir zumindest geläufig und ich finde sie sehr interessant. Mehr Informationen dazu wie folgt (von der Pressemitteilung der Gallerie):
Teilnehmende Künstler: Nanami Cowdroy, Hush, Nishi, Shohei Otomo, Guy McKinley, Imaone, Xiao Bao, Tom Kristensen, Brian Horton.
Die traditionelle japanische Kunst wird durch ihre starken, technisch perfekten Linien und die Liebe zum Detail charakterisiert. Von den Bewegungen des traditionellen 舞踏 Butō-Tanzes, den eleganten Schwüngen der Kalligraphie bis zum japanischen 浮世絵 Ukiyoe Holzblock‐Druck zeigen all diese Kunstformen eine große Eleganz und Präzision. Diese Elemente wurden übertragen in die Anime‐ und Mangakunst der Pop‐Kultur, was man auch in den Neon‐Plakaten Tokyos und den feinen Linien des modernen japanischen Designs wiederfindet. Während Künstler aus dem Westen beeindruckt sind von der Präzision der japanischen Kunst, beeinflusst eine rebellische Kunstform der westlichen Subkultur den Underground Japans. Die Underground Szene benutzt Stile des Hip‐Hop, Punk, Gothic und Rockabilly als eine Art Flucht aus den Traditionen und Einschränkungen der japanischen Kultur. Diese Rebellion fungiert als ein Ventil innerhalb der modernen Kunst: traditionelle Formen und Bilder wie Samurai, Geishas und Kabuki werden von den Künstlern als Kritik an der Gesellschaft genutzt. Tokyo Love bringt Künstler aus der ganzen Welt zusammen, die eines gemeinsam haben: Sie verwenden japanische Bildnisse und Stile. Einige Künstler sind geboren in Japan, andere teilen einfach die Liebe zu dieser Kunstart, aber alle zeigen in den Werken ihre Gefühle zu dem Land und der Kultur ‐ die Kontraste zwischen Alt und Neu, der Widerspruch zwischen Tradition und Rebellion, das Zusammentreffen von Vergangenheit und Zukunft.

Hush: Modern Angel

 

Hushs Ursprünge als Streetart Künstler werden in seinen aktuellen Werken fortgeführt. Seine Arbeit demonstriert ein Zusammenspiel von verschiedenen Medien und Techniken wie Malen, Leinwanddruck, Sprayen und Papierschichtung. Inspiriert von der Darstellung der weiblichen Form in der Kunst, erarbeitet und zerreißt der Künstler Schichten aus Farbe und Bildern. Er arbeitet indem er “die Leinwand und den Medien ihren eigenen Weg gehen lässt”. Das Ergebnis ist eine Popart‐durchzogene Synthese aus Bilderwelten der Graffitti‐ Kunst. Hush ist geprägt von seinen cross‐kulturellen Erfahrungen. Ursprünglich wurde er als Grafikdesigner ausgebildet an der Newcastle School of Art and Design. Seine Arbeit führte ihn durch Asien, Europa und die USA. Hush hat die außergewöhnliche Fähigkeit, aus seinen zahlreichen Erfahrungen – persöhnlich wie kulturell – einen einzigartigen Stil zu kreieren, der weltweit gelobt wird. Viele zeitgenössische Künstler versuchen das, nur wenige schaffen es auch am Ende.
Die Ausstellung läuft wie eingangs erwähnt vom 10. Sep. 2010 bis zum 3. Okt. 2010 – die Gallerie hat Donnerstag bis Sonntag geöffnet, und das jeweils von 12 bis 18 Uhr – und sie ist recht klein.
Adresse: Boxhagenerstr. 36, 10245 Berlin (nahe Frankfurter Tor), Tel: 030-9700-2035.

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

4 Kommentare

  1. Man sollte da wirklich nicht viel erwarten – im Sinne von Masse. Die Strychnin-Galerie ist selbst für Berliner Verhältnisse sehr klein, eine typische Zweiraum-Altbau-Ladenwohnung. Man kann aber viel erwarten – im Sinne von Klasse. Denn dort werden eigentlich immer nur hochwertige Arbeiten von wirklich guten Künstler gezeigt. Klar, wenn man nur Platz für höchstens 30 Werke hat, sollten die auch was Besonderes sein. Bis jetzt hat sich für mich noch (fast) jeder Besuch dort gelohnt.
    Hauptsächlich gibt es düstere Sachen zu sehen, meist die Richtung dark, gothic, creepy z.B. Chet Zar, Kuksi, Richard Kirk – wem die Namen nix sagen kann ja mal googlen, aber nicht gruseln!

    Ich denke (hoffe) das wird das komplette Gegenteil zu der japanischen Groupshow letztens im Freien Museum, wo es auf ganzen drei Etagen fast nur belanglosen Schnullifax gab.

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