Am vergangenen Freitag bekam meine Tochter, Zweitklässlerin, eine besondere Hausaufgabe auf. Alle Schüler sollten am Montag ein Insekt mit in die Schule bringen. Egal welches. In meinem vorherigem Wohnort wäre das mangels Natur gar nicht so einfach gewesen, aber wir sind ja jetzt in Kanagawa, und wenn wir alles so viel hätten wie Insekten…
Nun lümmelten am Sonnabend gut sichtbar drei Gottesanbeterinnen am Haus herum. Die hier meist knapp 10 Zentimeter langen Tierchen sehen jung (grün) ganz putzig und erwachsen (braun) ziemlich bösigartig aus. Töchterchen griff sich das größte Exemplar mit der Hand, lernte derweilen, dass die Tiere auch merklich zubeissen können, und brachte es im Insektensammelbehälter (in allen gut sortierten 100-Yen-Shops erhältlich) unter. Da noch zwei Tage Zeit waren, legten wir noch frisches Futter dazu (lebende Heuschrecken) und Futter für das Futter (Auberginenblätter). Die Heuschrecken (rund 3 cm lang) hatten nicht allzu lange Freude dran. Merke: Eine Gottesanbeterin schafft locker zwei Heuschrecken am Tag. Und eine kleine Motte zum Nachtisch.
In der Schule stand meine Tochter mit dem Tier scheinbar ganz allein da – der Rest brachte Nashornkäfer (sehr verbreitet und beliebt hier), Heuschrecken usw. mit. Im Schulgarten züchtet man übrigens Heuschrecken, wobei züchten natürlich schön gesagt ist: Wir züchten die nicht, und haben trotzdem haufenweise davon hier, die all unser Gemüse ratzekahl leerfressen, selbst mit den tüchtigen Gottesanbeterinnen. Der Vorschlag meiner Tochter, Kama-chan (so taufte sie das Tier, da dieses auf Japanisch kamakiri heisst), doch im schuleigenen Heuschreckengelege ein kurzes Mittagessen zu gönnen, stiess jedenfalls auf wenig Gegenliebe, so dass sie Kama-chan wieder nach Hause trug… und freiliess.
Was wollte ich eigentlich schreiben? Ach ja! 玉虫 Tama-mushi. Endlich habe ich einen mit eigenen Augen gesehen. Der lateinische Name lautet Chrysochroa fulgidissima und die Tiere gehören zu den Prachtkäfern. Der Name erscheint sinnvoll – die Tiere schillern wirklich in aller Pracht. So sehr, dass man im berühmten Hōryūji bei Nara im 7. Jahrhundert einen kleinen Turm komplett mit Tama-mushi-Flügeln bepflasterte und so etwas ganz besonderes schuf – den 玉虫厨子 Tamamushi-Zushi (Prachtkäfer-Altar).
Zu guter letzt lief uns im Park noch eine Mukade (Hundertfüßer) vor die Beine – ein Tier, dass ich genauso fürchte wie eine japanische Hornisse. So. Nach sporadischen Abhandlungen über Zikaden, Prostituierten-Spinnen und Rosenkäfern war es mal wieder an der Zeit, über kreuchende und fleuchende Bewohner zu schreiben.
Mein Kollege nennt Kellerasseln ebenfalls Tama-mushi… Weil sie sich zu ner Kugel zusammenrollen.
Könnte eventuell zu lustigen Verwechslungen führen^^;;
Ich habe dieses Jahr leider noch keine große Gottesanbeterin gesehen, nur Babys..
Kommt davon wenn man vom Vorort in die Stadt zieht >.>
Dango-Mushi als Tama-Mushi zu bezeichnen ist ja fast schon ein Frevel :)
Wohne auch in Kanagawa und hatte neulich was ganz seltenes am Haus kleben (ganz selten = zumindest noch nie vorher gesehen): アケビコノハ
Haben hier allerdings auch jede Menge ダンゴムシ und neulich auch ne Spinne, die so gross wie meine Handflaeche war…
Bin den ganzen Insekten (inkl. Zikaden und Kackerlaken) hier eher abgeneigt, daher hoffe Ich einfach mal, das meine Tochter sowas nie mit in die Schule bringen muss…
Nebenbei, bin eher stiller Mitleser, aber lese deinen Blog hier sehr gerne :) Vielen Dank fuer die regelmaessigen Updates.
Oh, hübsch! Habe ich so auch noch nicht gesehen.
Danke für’s mitlesen, ich hoffe, es gefällt Dir auch in Zukunft. Vielleicht läuft man sich ja mal über den Weg…
Japaner und ihre Liebe zu Insekten ist wohl auch einmalig. Die Idee hinter Pokémon war ja auch nichts anderes als der Nashornkäferkampf…