Gestern wurde in Fukuoka ein 38-jähriger Amerikaner festgenommen – Festnahmegrund: Kidnapping. Der Mann hatte versucht, seine beiden Kinder, 6 und 8 Jahre alt, zu “entführen” (wenn man das bei eigenen Kindern überhaupt sagen kann). Der erste Gedanke bei so etwas ist natürlich “Wie dachte der wohl, die beiden Kinder ausser Landes bringen zu können”. Nun, er wurde festgenommen, als er mit den beiden Kindern gerade das US-Konsulat von Fukuoka betreten wollte – da wäre er erstmal sicher gewesen.
Was war da also passiert? Der Mann lebte mit seiner japanischen Frau und den beiden Kindern in Tennessee. Bis sie sich scheiden liessen. Was folgte, war nicht abgesprochen: Die Frau schnappte sich die beiden Kinder in einem unbeachteten Augenblick und flog mit ihnen nach Japan. Und rechtlich gesehen endet damit die Vaterrolle des Mannes – Japan hat nämlich noch immer nicht das “Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung” von 1980 unterzeichnet. Rechtlich gesehen hat die Frau nämlich zuerst die Kinder entführt, doch das interessiert in Japan rein gar keinen. Das Abkommen wurde von (fast) allen europäischen und amerikanischen sowie etlichen anderen Ländern (siehe hier) unterzeichnet, doch Japan wehrt sich vehement mit der Begründung, dass der Nichtbeitritt japanische Ehefrauen und ihre Kinder vor dem Missbrauch durch den Ehemann und Vater geschützt habe. Ganz klar: Solche Ehemänner und Väter gibt es ganz bestimmt überall, nur nicht in Japan.
Ich möchte gar nicht erst versuchen, mich in die Rolle des Vaters zu versetzen. Verzweifelter kann man jedenfalls kaum sein. Und dieser Fall ist kein Einzelfall – im Internet kursieren auf einschlägigen Gaijin-Foren genügend Geschichten von geschiedenen Familien, bei denen sowohl Gerichte als auch die Familie der Ehefrauen den Vätern jegliches Recht zum Kontakt zu den eigenen Kindern verwehren.
In den japanischen Nachrichten ist obige Begebenheit übrigens nicht zu finden – ein Artikel dazu findet sich lediglich auf Seite 2 der Japan Times vom 1. Okt. 2009.
Das Wort des Tages: 奪取 dasshu. “entreissen – nehmen”. Die Entreissung – so der offizielle Begriff, wenn ein Elternteil versucht, die Kinder an sich zu reissen.
Natürlich ist die Situation schwierig und das Japan dem Abkommen nicht beigetreten ist ist nicht zu beschönigen, aber die Sache hat wie immer zwei Seiten.
Provokant gefragt, wer gibt denn dem Amerikanischen Vater (in diesem Fall) das Recht die Kinder ebenfalls zu entführen und wer sagt das die Mutter die Kinder entführt hat? Ein amerikanischen Gericht? Nun ich würde wohl vermuten das amerikanische Gerichte dem amerikanischen Elternteil meist dem Vorzug geben, so wie in Deutschland wohl Gerichte dem Deutschen.
Und wer sagt das es den Kindern beim Vater besser gehen würde, wer garantiert das “er” z.B. kein Pädophiler ist?
Das mit dem Pädophilen war übrigens in Deutschland ne lange Zeit Masche um Vätern das Sorgerecht zu entziehen, herrlich schwammig und bleibt schön an einem kleben wenn einmal vermutet wurde.
(Habe den Namen der Organisation in Deutschland vergessen die damit hausieren gehen).
Ich denke die Sache ist einfach zu komplex um dort einfach über den amerikanischen Vater oder der japanischen Mutter den Stab zu brechen.
Das schlimmste ist, das dass Kinderwohl auf der Strecke bleibt.
@Michael
Ich denke nicht das es hier zwei Seiten gibt. Mit dieser Lücke kann sich ein Japaner über ein berechtigtes Recht stellen, das in vielen anderen Ländern gültig ist. Es kann nicht sein, dass z.B. ein amerikanisches Gericht dem Vater das Sorgerecht zuspricht, und die Mutter sagt “ach nö, das gefällt mir nicht”.
Angeblich soll der Vater ja die japanische Staatsbürgerschaft besitzen (wenn auch gebürtiger Amerikaner), ich weiß nicht, inwieweit das jetzt mittlerweile geklärt ist. Das nur am Rande…
Ich bin gespannt, wie das ausgeht, aber ich bezweifle mal, daß es zu irgendwelchen “Fortschritten” kommt.
Oh Gott, der arme Mann (und die armen Kinder)! Das kann doch nicht sein, dass sich da juristisch gar nichts machen läßt???
Mir tuten bei dem Ganzen nur die Kinder leiht, die hin und her und weggerissen werden. Ob mit oder ohne Gesetzt. So was hinterlässt Spuren…
Hmm, nicht ganz sauber recherchiert. Natuerlich nehmen sich die japanischen Zeitungen solcher Themen an:
http://www.tokyo-np.co.jp/article/world/news/CK2009093002000225.html
http://mainichi.jp/seibu/shakai/news/20090929ddp041040037000c.html
Beide Artikel strotzen zwar nicht grad vor Objektivitaet, aber das tun ihre amerikanischen Gegenstuecke ganz sicher auch nicht.
mich würde interessieren, ob in so einem Fall ein vorher in Japan abgeschlossener Ehevertrag wirksam wäre?
@coolio
Die jap. Presse war aber doch sehr lahm mit ihrer Berichtabgabe. Es ist am Montagmorgen passiert…..
Und nur mal so zum Test, habe nur den Fam.namen eingegeben, Google News Japan gibt einen Hit raus, Google News US 600!
Das find ich schon merkwürdig, da es ja IN Japan passiert ist.
Ich empfehle
http://www.japanprobe.com/2009/10/01/details-emerge-in-case-of-child-abduction/
zur weiteren Lektüre.
@Gast
Hast du den Name in japanischer Schrift eingegeben? Andere Schriften sind naemlich denkbar ungeeignet um vergleichbare Ergebnisse zu erzielen. Davon ab: Der Grossteil dieses Familiendramas hat sich wohl schon vorher in den Staaten abgespielt, z.B. der (vom Vater) in aller Haerte gefuehrte Sorgerechtsprozess. Hier in Japan hat sich “nur” die recht dumme Aktion des Vaters abgespielt. Als naturalisierter japanischer Staatsangehoeriger haette er wissen muessen, was auf ihn zukommt. Japan hat nun mal seine eigenen Gesetze……
@coolio
Ja, Katakana. Hatte zuvor aber auch andere Suchbegriffe genommen. Hatte mich wirklich gewundert, warum die jap. Presse das nicht so aufgreift. Vielleicht war das gut so, denn es handelt sich wohl um eine “japanische” Familie, die sich um die Kinder streitet. Im Moment denke ich, der Vater wollte die Tatsache ausnutzen, dass wirklich viele Kinder nach Japan entführt werden, nur leider ist es in seinem Fall doch ein bisschen anders. Bin gespannt wie das ausgeht.
Mal allgemein gefragt wenn die Frau nicht das Sorgerecht hatte wie ist sie dann aus der USA rausgekommen?
Zweitens, als mal eine Frau illegal ihre Tochter dem Mann entzog und das Land verließ um in Ihr Heimatland zurückzukehren hat man in den USA gross gejubelt und sogar einen Film drüber gedreht,
ach ja ich vergaß DAS war ja NUR ein iranisches Gericht das dem Vater das Sorgerecht gegeben hat.
Also Amerikanerinen entführen Kinder in die USA das ist gut.
Also ich verstehe nicht wie alle rufen der arme Mann, wer sagt denn, das er überhaupt die Rechte hat die er sich mit der Entführung aneignete?
Ist eigentlich hier jedem Klar das ein Gericht in Sorgerechtsfällen praktisch IMMER dem Landsmann das Sorgerecht gibt es sei denn es gibt Handkräftige gründe dagegen.
Wie gesagt ich wäre da sehr vorsichtig ob das alles so koscher ist.
Ah habe gerade mal ein bisserl noch news recherchiert, wie Coolio schon andeutete hat der Vater auch schön “artig” alles versucht um die Kinder der Exfrau vorzuenthalten.
Na komm, wer ruft jetzt “Die arme Frau, die im amerikanischen Rechtssystem übers Ohr gehauen wurde”?
Jede Geschichte hat wie jede Medaille zwei Seiten. (eigentlich sogar drei, die eine Seite, die andere Seite und die Wahrheit)
mhh ich sehe gerade das 2 Tage Tabibito Abstinenz nicht gut ist und das die Goldene Regel gilt, immer erst ALLE Kommentare lesen ;)
@Coolio
Danke für die News-Artikel.
Aber viel interessanter fand ich ja die beiden Meldungen auf der gleichen Seite:
* NOVA元社長:監禁容疑で山口組系組員らを逮捕 警視庁
http://mainichi.jp/kansai/news/20090929k0000m040119000c.html
* 監禁:NOVA元社長をホテルに 警視庁、容疑の組員らを逮捕
http://mainichi.jp/select/jiken/news/20090929ddm041040096000c.html
Mein Schatz wunderte sich warum ich mit hysterischem “evil” Lachen vor meinem Rechner sass. :D
Und da sagt man es gibt keine guten Nachrchten in der Welt :D
@dfsjl
Ein Ehevertrag ist in Japan, zumindest wenn es um die Rechte der Frau geht, eigentlich einen Dreck wert. Es gibt z.B. Unterhaltsvereinbarungen die der Nochehemann gern unterschreibt, damit die Scheidung glatt und schnell ueber die Buehne geht, aber danach braucht er eigentlich nur in eine andere Praefektur zu ziehen und er ist praktisch “nicht mehr auffindbar”. Da ist in Japan noch vieles im argen. Der “Fall” Savoie ist sehr interessant fuer mich, weil ich grundsaetzlich in die selbe Situation kommen koennte. Leider wird eine Menge Scheiss berichtet und auf HP’s wie z.B. von Debito wird die ganze Sache populistisch ausgeschlachtet, ohne das die genauen Hintergruende bekannt sind.
Heisses Thema. Ich glaube häufiger ist der umgekehrte Fall, zumindest in der BRD, dass der Vater sich mit den Kindern ins Ausland begibt. Problematisch sind hier die Sorgerechtsentscheidungen deutscher Gerichte bezüglich der Beteiligung ausländischer Elternteile.
Meine Meinung ist, dass sich die Eltern gefälligst einmal um das Wohl ihrer Kinder zu kümmern haben. Meistens geht es um Macht und Verletzung des ehemaligen Partners unter Ausnutzung der Kinder. Das Wohl selbiger spielt bei den Rachegelüsten bei beiden Elternteilen selten eine Rolle.
So kann man über die wirklichen Hintergründe dieses Falles auch nur spekulieren. Auf jeden Fall hat die Kindesmutter nunmehr einen Vorteil gegenüber dem Kindesvater. Mit dem Haager Abkommen sollte eigentlich eine Gleichberechtigung der Elternteile und auch der Kinder erreicht werden.
Denn: Kinder haben ein Recht auf beide Elternteile!