BlogJapanische Bahnhofsplätze damals und heute

Japanische Bahnhofsplätze damals und heute

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Die Modernisierung macht auch vor japanischen Bahnhofsplätzen nicht halt – überall wird munter abgerissen und neu aufgebaut. Mit dem Ergebnis, dass sich die Plätze immer mehr ähneln – die Architektur der Neubauten ist irgendwie immer gleich, und die in den Gebäuden enthaltenen Läden sowieso. Da ist es ziemlich egal, in welcher Stadt man gerade aus dem Zug aussteigt. Letztendlich ist nur eines anders: Die in den jeweiligen Souvenirläden angebotenen Köstlichkeiten der Region.

Früher war alles besser und interessanter. Möchte man da fast meinen, aber dann stößt man auf Gebäude wie das 小田原駅前ビル Odawara Ekimae Biru (Bahnhofsplatzgebäude) in Odawara westlich von Tokyo. Und man erinnert sich, dass vor 30 Jahren fast alle Gebäude an größeren Bahnhofsplätzen in Japan so aussahen. Irgendwie bäh. Alt, grau, schmutzig, mit zugestellten oder verhangenen Fenstern und einem Chaos an der Fassade, das seinesgleichen sucht. Dieses Gebäude hier stammt aus dem Jahr 1975 – und laut Internet wurde das Bauwerk erst 2020 massiv umgebaut, um es widerstandsfähiger gegen Erdbeben zu machen, was wahrscheinlich auch dringend notwendig war, denn die Baurichtlinien zu jener Zeit sahen noch nicht viel Erdbebenschutz vor.

Altes Bahnhofsplatzgebäude in Odawara bei Tokyo
Altes Bahnhofsplatzgebäude in Odawara bei Tokyo

Markant für jene Zeit sind zum Beispiel die runden Fenster im obersten Stockwerk – diese schienen in den 1970ern das architektonische Nonplusultra gewesen zu sein. Auch im Inneren ist es oft zum Gruseln – die Fahrstühle, so überhaupt vorhanden, sind oft sehr eng und furchteinflössend, und das Bauwerk insgesamt ziemlich abgenutzt. Letztendlich gehen diese alten Gebäude jedoch den üblichen, unvermeidlichen Gang – ein Investor kauft das Haus auf, die alten Mieter werden erstmal rausgeworfen, und ein Prachtbau wird stattdessen hingesetzt. Die Mieten steigen danach jedoch nicht zwangsmäßig stark an, denn was am meisten zählt, ist die Lage, und die bleibt ja gleich.

Diese Gebäude sind, zumindest in den größeren Städten, jedoch so selten geworden, dass ich mich fast schon ein bisschen freue, wenn ich wieder eines finde.

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

3 Kommentare

  1. Naja, wenn es denn nur vereinzelte Gebäude sind, die so aussehen. Ich finde es immer wieder erschreckend, wenn man mal Orte in Japan abseits der üblichen Verdächtigen (Städte) so virtuell erkundet, wie beispielsweise die Ecke hier in Okinawa-Stadt … man könnte meinen, das wäre irgendwo im nahen Osten:
    https://www.google.de/maps/@26.3377611,127.8157362,3a,47y,26.31h,96.78t/data=!3m6!1e1!3m4!1su0fi9Ex8kxdT1oMeKwnkvg!2e0!7i13312!8i6656?hl=de
    Das Bild von Japan im Westen ist ja doch sehr von den schnieken Ecken Tokyos geprägt …

  2. Ich verstehe nicht, wie die Baurichtlinien angeblich kaum Erdbebenschutz vorsahen. Erdbeben gibt es ja nun in Japan nicht erst seit vorgestern,

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