In den vergangenen Wochen haben sich die japanischen Medien auf ein besonderes Phänomen eingeschossen – es geht um spektakuläre Autounfälle, bei denen Ausländer hinter dem Steuer saßen. Dabei geht es jedoch weniger um Touristen, sondern mehr um Ausländer, die ihren heimischen Führerschein in einen japanischen Führerschein haben umschreiben lassen. Bei Kurzzeitbesuchern, sprich Touristen, sieht das etwas anders aus, denn die brauchen (das ist jedoch von Land zu Land unterschiedlich – für Österreicher gelten zum Beispiel andere Regeln als für Deutsche und Schweizer) nur eine amtliche Übersetzung des heimischen Führerscheins.
Bei den Unfällen geht es eher um kurz 外免 genannte, umgeschriebene Führerscheine. Das System wurde vor vielen Jahrzehnten in Japan eingeführt und war ursprünglich für Japaner gedacht, die aus dem Ausland nach Japan heimkehrten – und ihren Führerschein im Ausland gemacht hatten. Die Prozedur ist wohl sehr, sehr einfach: Die Antragsteller müssen nur rund 10 sehr, sehr einfache Fragen beantworten (Beispiel: Die Ampel ist rot. Was machen Sie? — a) Warten | b) Losfahren) – zudem ist es wohl bei der jetzigen Lage sogar gestattet, ein Hotel als Wohnsitz einzutragen. Das hat sich laut Medien bei vielen herumgesprochen – hauptsächlich wohl bei Chinesen. Während 2014 noch rund 20’000 Menschen ihren Führerschein umschreiben liessen, waren es im vergangenen Jahr bereits über 70’000.
Bei einem Unfall ging es um zwei Chinesen, die mit einem fetten SUV ein paar Kinder anfuhren. Fahrer und Beifahrer waren noch sehr jung, stiegen kurz aus, meinten, dass ja nichts Schlimmeres geschehen sei, lachten, und fuhren schließlich von dannen. Sie wurden ein paar Tage von der Polizei gefunden und umgehend festgenommen. Wie sich herausstellte, stand der Fahrer laut Zeugenaussagen unter Alkoholeinfluss – und nach gängigem Recht kann die Polizei deshalb auch den Beifahrer festnehmen, denn der muss gewusst haben, dass der Fahrer alkoholisiert war. Bei einem weiteren Unfall ging es um einen Peruaner, der, ständig Lichthupe gebend, als Geisterfahrer auf der Autobahn unterwegs war, ein paar Fahrzeuge rammte – und dann ebenfalls floh. Auch er wurde später gefasst.
Logischerweise beginnt nun die Diskussion darüber, ob die Gesetze nicht geändert werden sollten. Dabei werden Statistiken zitiert, die zeigen, dass die Unfälle durch Gaimen-Fahrer zunehmen. Logisch – schließlich nimmt ja auch die Zahl der Gaimen-Fahrer stark zu. Ob verschärfte Gesetze jedoch die beiden Unfälle verhindert hätten, ist fraglich: Dass man keine Kinder umfährt (und sich danach auch noch aus dem Staub macht) sollte klar sein. Auch, dass Fahrten unter dem Einfluss von Alkohol in Japan streng geahndet werden, sollte sich herumgesprochen haben. Ebenso die Tatsache, dass Geisterfahrten auf der Autobahn die Lebenserwartung erheblich schmälern können. Ansonsten ist die Reaktion natürlich verständlich – wenn ein solches Schlupfloch massiv ausgenutzt wird, muss überlegt werden, wie man es schließen kann. Leidtragende sind aber womöglich dann mal wieder die, die eigentlich alles richtig machen.
Japan scheint das mal wieder völlig irrsinnig anzugehen. Fahrerflucht und alkoholisiertes Fahren haben nun wirklich nichts mit der Umschreibung der Führerscheine zu tun. Und weil das Beispiel mit den Chinesen fiel: In China gilt die Null-Promille-Regelung. Da wirkt es natürlich schwach, es auf die umgeschriebenen Führerscheine zu schieben. Wohl doch eher individuell bedingt. Vielleicht eher mal an den Tests was ändern als an den Gesetzen. Und wenn sie da grad dabei sind, gleich noch den Test für über 70jähre Japaner*innen mit ändern, den diese Unfälle häufen sich auch zunehmends … auch ohne Umschreibung … hust.
Als ich meinen deutschen Lappen habe umschreiben lassen, war keinerlei Pruefung notwendig. Das galt damals fuer Inhaber deutscher, franzoesischer und schweizer Fuehrerscheine, da man damals davon ausging, dass die Pruefungsanforderungen in diesen drei Laendern entsprechend schwer waren. Wer mit einem US-Lappen kam, musste in Japan Fahrstunden nehmen und eine Pruefung machen, was Japans Antwort auf die niedrigen Huerden im Land der unbegrenzten Scheusslichkeiten war.
Seinerzeit musste man fuer einen japanischen Fuehrerschein zwingend eine Meldeadresse in Japan haben. Heute reicht offenbar eine Hoteladresse…
Die Fuehrerscheinstelle verlangt auch den Nachweis, nach Erwerb des auslaendischen Fuehrerscheins mehr als drei Monate im ausstellenden Land gelebt zu haben – um zu vermeiden, dass Japaner als Touristen ins Ausland fliegen und sich dort einen Lappen kaufen…