Am Mittwoch, dem 9. März 2022, sind Wahlen angesagt im Nachbarland Südkorea: Ein neuer Präsident wird gewählt, denn der jetzige Präsident, 文在寅 Mun Jae-in, muss nach 5 Jahren Residenz im “Blauen Haus”, dem Amtssitz des Präsidenten, den Platz räumen – laut südkoreanischem Recht kann ein Präsident nämlich nicht wiedergewählt werden. Mun Jae-in war vor allem zum Anfang seiner Amtszeit äußerst beliebt, doch mit Japan wurde der Menschenrechtsanwalt partout nicht grün – die Beziehungen zwischen den beiden Ländern kühlten enorm ab, und der Grund dafür lag in erster Linie in der dunklen Vergangenheit. So liess Mun Jae-in zu, dass ein zuvor abgeschlossener Vertrag zur endgültigen Lösung der Trostfrauenproblematik unilateral aufgekündigt wurde, und er liess auch zu, dass japanische Firmen mit Sitz in Südkorea auf Schadensersatz für die Zwangsarbeit in der Zeit bis 1945 verklagt wurden – zum Teil kam es dabei sogar schon zu Beschlagnahmungen. Das führte letztendlich dazu, dass Südkorea sogar von der japanischen “Weißen Liste” der bevorzugten Handelspartner gestrichen wurde.
Bei der Wahl am Mittwoch wird entweder 尹錫悅 Yun Seok-yeol, ehemaliger Generalstaatsanwalt, oder 李在明 I Jaemyeong, vorheriger Provinzgoverneur, als Sieger hervorgehen – die beiden liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen. In Südkorea hört man dazu in verschiedenen Interviews mit Passanten, dass viele die diesjährige Wahl als eine Wahl “zwischen Pest und Cholera” empfinden. Beide Kandidaten sind skandalumwittert – und das betrifft vor allem die Ehefrauen der beiden. Doch Skandale hin oder her – Yun Seok-yeol gilt als amerikafreundlich, möchte eine harte Linie gegen China und Nordkorea fahren und die Beziehungen mit Japan spürbar verbessern1. I Jaemyeong hat das Gegenteil vor: Er legt grossen Wert auf die Verbesserung der Beziehungen mit den USA und der VR China – Japan hingegen hat nicht viel Gutes zu erwarten. In dieser Hinsicht hofft man in Japan natürlich auf den Sieg von Yun Seok-yeol, damit es zumindest in der Beziehung mit Südkorea mal wieder etwas bergauf geht. Das würde der Wirtschaft beider Länder gut tun und im Sinne der meisten jungen Menschen in Japan und Südkorea sein, die von dem anhaltenden Gezerre um die Vergangenheit nicht viel halten.
- siehe unter anderem hier