BlogHokuriku-Shinkansen: Der Countdown läuft

Hokuriku-Shinkansen: Der Countdown läuft

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Aus aktuellem Anlass (nun ja, ich war heute mit dem Shinkansen unterwegs) wird es Zeit, der baldigen Eröffnung einer neuen Shinkansenstrecke ein paar Zeilen zu widmen. Alle paar Jahre wird in Japan eine neue Trasse eingeweiht – zuletzt im März 2011, als die Hauptachse des Kyushu-Shinkansens sowie die Erweiterung des Tohoku-Shinkansens bis Aomori eingeweiht wurden. Das ging leider etwas in den Nachrichten unter, denn 6 Tage nach Eröffnung des Aomori-Shinkansens gab es das schwere Erdbeben, und die Strecke musste erstmal für ein paar Wochen geschlossen werden. Die Eröffnung der kompletten Kyushu-Strecke fand am Tag nach dem Beben statt.
In 33 Tagen ist es dann wieder soweit: Das Netz wird am 14. März 2015 um einen neuen Abschnitt erweitert – die Rede ist vom 北陸新幹線 Hokuriku-Shinkansen. Bisher war in dieser Richtung, von Tokyo aus gesehen, immer in Nagano Schluss, doch die neue Strecke führt von Nagano weiter bis ans Japanische Meer – genauer gesagt geht es über Toyama bis nach Kanazawa. Landschaftlich sollte man von der Strecke nicht allzu viel erwarten – sicherlich, die Landschaft als solche ist eigentlich spektakulär, denn es geht erst die Südalpen und dann das Meer entlang, aber die neuen Shinkansenstrecken enthalten so viele und so lange Tunnel, das man meinen möchte, man sitzt in der U-Bahn. Zugegebenermassen einer verdammt schnellen U-Bahn.
Was hat man aber nun von dem neuen, knapp 230 Kilometer langen Teilstück? Wer heutzutage mit der Bahn von Tokyo bis Kanazawa fährt, braucht 4 Stunden und 15 Minuten – die einfache Fahrt kostet rund 16’000 Yen. Mit dem neuen Shinkansen braucht man nur 2½ Stunden – und bezahlt nur noch rund 14’000 Yen: Der Grund: Für die jetzige Strecke muss man einen weiten Umweg (über Nagoya) fahren. Will man heuer nach Toyama, braucht man momentan 3 Stunden und 45 Minuten und bezahlt rund 11’000 Yen – der neue Shinkansen ist da mit 12’730 Yen etwas teurer, dafür aber in 2 Stunden und 15 Minuten vor Ort. Fazit: Toyama und Kanazawa rücken näher an die Hauptstadt, und das ist gut: Vor allem Kanazawa ist ein unterschätztes Reiseziel in Japan.
Bei Kanazawa soll es übrigens nicht bleiben: Die Strecke wird letztendlich weitergehen – über Fukui bis Tsuruga und dann schliesslich weiter bis Osaka oder Kyoto, aber bis dahin wird noch eine Menge Wasser den Tone-Fluss herunterfliessen.
Kopfbahnhof von NihongiSchaut man sich die Haltestellen der neuen Strecke an, so findet man dort unter anderem den Namen 上越妙高 Jōetsu-Myōkō. Dieser Bahnhof befindet sich in der Präfektur Niigata – im Nichts. Rundherum gibt es rein gar nichts. Der Bahnhof kam mir etwas seltsam vor, als ich selbst im vergangenen Sommer in Richtung Myōkō-Kōgen unterwegs war – einem sehr malerischen Wintersportort auf über 1’000 Meter Höhe. Als ich mich dort schliesslich mit einem Bewohner über die Shinkansenanbindung unterhielt, war jener entsprechend etwas vergnatzt: Der Shinkansenbahnhof trägt zwar den Namen Myōkō, ist aber vom ziemlich bekannten Wintersportort so weit entfernt, dass die Trasse für Besucher des Ortes kaum einen Nutzen trägt.
Auf halbem Wege zwischen dem eigentlichen Bahnhof von Myōkō-Kōgen und dem neuen Shinkansenbahnhof befindet sich übrigens der etwas ungewöhnliche Bahnhof von 二本木 Nihongi (wörtlich: “Zwei Bäume” – im Gegensatz zu Roppongi in Tokyo: “Sechs Bäume): Züge können den Bahnhof nur in der Richtung verlassen, aus der sie gekommen sind. Will heissen, die Züge müssen einen kleinen Berg hochfahren, um nach Nihongi zu kommen – und fahren zumindest einen Teil der Strecke wieder zurück, bevor sie die Richtung ändern.

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

2 Kommentare

  1. Zwei Dinge noch als Ergänzung (ich bin die Strecke jahrelang mehr oder weniger regelmäßig gefahren):
    1.) Zwar kostet die einfache Fahrt derzeit nach Standardpreis 16000 Yen, aber wenn man hin- und zurück möchte, gibt es seit Jahren ein Special-Angebot für insgesamt 22950 Yen (siehe hier: http://tickets.jr-odekake.net/shohindb/view/consumer/tokutoku/detail.html?shnId=114000003&uniquekey=1484c454499 )
    Dadurch ergibt sich ein Preis von ca. 11475 Yen, was unter dem Shinkansenpreis liegt. Ich bin mir sicher, daß dieses Special leider mit dem Shinkansen wegfallen wird. War immer eine recht bequeme (im Vergleich zum Bus) und preiswerte (im Vergleich zum Flugzeug, vor allen Dingen wenn man nicht monatelang vorher buchen möchte) Möglichkeit.
    2.) Was es bringt: Kanazawa ist eine wirklich äußerst sehenswerte Stadt, die schon derzeit viel vom Tourismus lebt. Wird durch diese Anbindung sicherlich noch mal einen Aufschwung erhalten, da dann von Tokyo aus Tagesausflüge möglich werden.

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