BlogHalbe Japaner in der Süddeutschen

Halbe Japaner in der Süddeutschen

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Miss Universe Japan
Miss Universe Japan auf Twitter

Ein Freund wies mich auf einen heute in der Süddeutschen Zeitung erschienenen Beitrag mit dem Titel „Miss Japan“ ist nicht japanisch genug hin, und den Ball fange ich gern. Es geht um die neue Miss Japan – die allerdings keine „ganze“ Japanerin ist, sondern „nur“ eine „halbe“ (genannt ハーフ Half). Die 20-jährige Ariana Miyamoto, natürlich bildhübsche Frau hat eine japanische Mutter und einen afroamerikanischen Vater.
Wie im Artikel beschrieben, löste die Wahl einen – wie sagt man doch so schön auf neudeutsch – shitstorm aus: Besonders auf Twitter und im berüchtigten 2-channel-Forum gab es viel negatives zur Wahl zu lesen. Grundtenor: Wie kann eine nur zur Hälfte aus Japan kommende Frau Japan bei der Miss Universe-Wahl repräsentieren? Ja, wie nur? Ariana ist in Japan geboren wurden und hier aufgewachsen. Wahrscheinlich ist sie japanischer als viele ihrer Klassenkameradinnen. Und doch sieht sie anders aus. Und weiss wahrscheinlich etwas mehr über andere Kulturen. Und sie ist nun mal verdammt hübsch, also warum sollte sie nicht antreten?
Die Reaktion war zu erwarten. Schon bei dem brutalen Mord an einem Mittelstufeschüler vor ein paar Wochen wurde im Internet brutal auf der Tatsache herumgeritten, dass der mutmassliche Haupttäter ein „halber“ Japaner ist. Es ist mehr als offensichtlich, dass man im recht homogenen Japan noch seine lieben Probleme hat mit den „anderen“. Dabei ist das Verhältnis eigentlich gespalten: Die meisten Japaner hegen das Vorurteil, dass halbe Japaner (zumindest wenn ein Elternteil nicht aus Asien stammt) einfach irgendwie total süss oder hübsch aussehen. Doch gleichzeitig gibt es durchaus viele, die sich dann abends vor ihren PC setzten und Gift und Galle spucken.
Die Causa Ariana kann man jedoch auch von einer positiven Seite sehen: Sie hat es geschafft, sich durchzusetzen. Sie wurde, zumindest offensichtlich von der Jury, als würdige Vertreterin Japans angesehen. Und sie stösst eine weitere Debatte los – der allerdings leider der nötige Ernst fehlt, denn es ist keine konstruktive Debatte, sondern entweder Lobhudelei oder sinnloses Eindreschen.
Rassismus ist in Japan weit verbreitet und gesellschaftlich tief verankert. Das wird sich so schnell nicht ändern. Andererseits ist es so wie mit anderen Themen auch: Die Extreme finden überdurchschnittlich viel Gehör in den Medien. Das bedeutet nicht, dass alle Japaner so sind, denken oder handeln.
Hier noch ein relevanter Artikel zum Thema auf diesem Blog: Rassistische Kinderliteratur und ein anderer lesenswerter Artikel hier: Japan’s blackface problem: the country’s bizarre, troubled relationship with race.

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

4 Kommentare

  1. Von Anfang an habe ich ich nicht ganz verstanden vorüber es hier geht, als ich auf das Foto geschaut habe. Mein Sensei (ein Corsicaner) hat eine Japanische Frau und wohnen in Barcelona. Ihre sehr hübsche Töchterlein geht besucht seit letztem Jahr die 1. Klasse einer Katalanischen Schule in einer kleinen Stadt am Costa Brava und sie staunt immer warum die anderen Kinder keine 3-4 Sprachen sprechen können.
    Zum anderen kann ich sagen und bestätigen, dass es wirklich Leute gibt, die gar keine Japaner sind von der Abstammung, jedoch mehr als manche Japaner sind. Ob sie dann in solchen Veranstaltungen wie Miss World teilnehmen müssen, sollen, dürfen – keine Ahnung.
    Was diesem Wettbewerb angeht war ich immer überfragt wie man die Wahl trifft, es ist doch nicht so einfach. Ariana ist sicherlich hübsch, die andere Sache ist dennoch da – ein Denkklischee so zu sagen, was die anderen dazu bewegt das zu schreiben, was man auch eigentlich an dem Negativen im Internet darüber geschrieben hat.

    • Warum denn nicht. Wenn jemand schon in diesem Land geboren und aufgewachsen ist, was soll er dann anderes sein als ein Japaner? Das trifft auf jedes Land dieser Welt zu natürlich.
      Es tut mir leid, aber eine andere Sicht gibt es da für mich nicht, außer eine, die ich nicht sonderlich mag.

  2. Hier wird (wie so oft in der Welt) ein Wirbel um nichts gemacht. Ich finde die Dame auch nicht sonderlich schön, aber wenn sie ganz normal als „Miss Japan“ gewählt wurde, dann ist doch alles ok. Wobei auch der Ganze Miss Universe Kram in meinen Augen ziemlicher Blödsinn ist, aber das ist wohl wieder ein anderes Paar Schuhe.

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