Nun ist die goldene Woche vorbei und damit auch meine Internetpause – in den vergangenen 10 Tagen habe ich mal eine Auszeit vom Internet genommen und maximal meine Emails mit dem Handy aka Natel abgerufen. Muss auch mal sein. Dieses Jahr stand zur Goldenen Woche Besuch aus Deutschland an – meine Tochter hatte somit ihre Freude am Besuch von Oma und Opa aus Deutschland.
Unter anderem ging es dieses Mal in einen bekannten Erholungsort namens Kusatsu: Bloggerkollege Lori kennt sich dort bestens aus und hat der deutschsprachigen Leserschaft bereits einen ausführlichen Artikel in der Wikipedia hinterlassen (was mich freilich nicht dran hindern wird, selber dem Ort eine Seite innerhalb dieser Webseite zu widmen). Kusatsu (genauer gesagt Kusatsu-chō, denn es gibt noch mehr Orte gleichen Namens in Japan) liegt rund 150 km Luftlinie nordwestlich von Tokyo und ist ganz den heissen Quellen gewidmet. Die Stadt liegt gute 1,200 m über dem Meeresspiegel, nicht (mehr) ganz mit der Bahn erreichbar und von aktiven Vulkanen umgeben. Ende April/Anfang Mai ist dabei, gutes Wetter vorausgesetzt, eine günstige Jahreszeit: Während in Tokyo die Kirschblüte bereits vor drei Wochen zu Ende ging, stand die Kirsche rund um 1,000 Meter Höhe in voller Blüte – und in Kusatsu noch nicht. Stattdessen gab es hier und dort noch Schneereste. 800 Meter oberhalb lag dabei noch meterhoher Schnee.
Nahe Kusatsu gibt es zwei aktive Vulkane – den Asama-yama (2,568 m) sowie den 2,160 m hohen Kusatsu Shirane-san. Der wartet mit einer Besonderheit auf: In einem der drei Krater liegt der smaragdfarbene Yugama (=Heisswasserkessel), ein kleiner, fast runder und tödlicher See – mit einem pH-Wert von 1.2 ist das Seewasser saurer als Batteriewasser. Der Shirane-san und der See sind sehr gut mit Seilbahn/Bus/Auto erreichbar – während der Goldenen Woche tobt dort natürlich der Bär.
Bemerkenswert war unsere Unterkunft – eine Pension, betrieben von einer Familie. Die Zimmer und die Einrichtung an sich waren eher unterer Standard (aber dem Preis angemessen). Interessant war jedoch das Ristorante im Erdgeschoss. Bei der Reservierung wurde ich gefragt, ob wir dort essen möchten. Ich war mir anfangs nicht sicher, ob wir das möchten, und fragte nach, ob man sich zu einem Besuch im Restaurant auch spontan entscheiden und à la carte bestellen kann. Die Antwort war “nein”. Man muss reservieren. Und eine Speisekarte gibt es nicht – es gibt nur ein Menü, es wird also gegessen, was auf den Tisch kommt. Preis pro Person: ab 50 Euro. Nun, wir (8-köpfige Familie) reservierten dann doch, und wir sollten es nicht bereuen. Das Essen bestand aus 6? 7? Gängen. In das Restaurant passen nur 10 Leute – dementsprechend wurde an dem Abend nur für uns gekocht. Der Sohn der Betreiberfamilie hatte sich der italienischen Küche verschrieben und jene drei Jahre vor Ort studiert. Die Zutaten waren erlesen: Alles Gemüse war selbst oder von Bekannten angebaut, der Speck und Fisch selbst geräuchert, der Pastateig selbst gemacht, das Brot (drei Sorten) und der Schmalz dazu selbst gemacht – ja, selbst der Digestif (Zitronenlikör) war selbst angesetzt. Die Darbietung und der Geschmack stimmten, und ebenso die Kreativität: Das ganze war eine mehr als gelungene Fusion aus traditionell italienischer Küche, verwirklicht mit besten Zutaten aus Japan. So gut Italienisch hatte ich seit Jahren nicht mehr gegessen. Da hat sich wirklich jemand mit Leib und Seele seinem Fach verschrieben (eine Eigenschaft, die ich an vielen Japanern schätze). Wer etwas neues in der italienischen Küche probieren möchte, sollte nach Japan kommen.
A propos gutes Essen: Heute hatte ich zum ersten Mal die Ehre, in einem 2-Sterne-Restaurant zu … speisen. Wie ja hier bereits erwähnt, ist Tokyo die Stadt mit der höchsten Anzahl von Michelin-besternten Restaurants. Allein 25 haben zwei Sterne. Jenes heute war der französischen Küche verschrieben. Die gesamte Einrichtung und der Service waren erwartungsgemäss tadellos – mit Liebe zum Detail (Beispiel: Ein Bastkorb auf den Toiletten mit kleinen, allesamt einheitlich gefalteten Stofftüchern zum Händetrocknen anstelle von Papiertüchern und/oder Heissluftgebläsen). Das Essen selbst war freilich auch erlesen – mit sehr interessanten Geschmackskombinationen, mitunter ungewöhnlicher Konsistenz und natürlich kleinen Portionen (was freilich durch den uneingeschränkten Nachschub von selbstgebackenem Brot kompensiert wird). Ginge es dabei allein um die Speisen an sich, muss ich dabei jedoch anmerken, dass besagtes italienisches Restaurant in Kusatsu dem heutigen Restaurant kaum in etwas nachstand.
Anbei möchte ich auch folgendes Foto, aufgenommen vor vier Tagen in Tokyo, nicht vorenthalten: Der Tokyo Tree Tower beim Stand von 368 Metern Höhe. Während der Goldenen Woche bin ich zum ersten Mal zur Baustelle und Umgebung in 押上 Oshiage gefahren. Die Gegend nahe des Turms sah sehr shitamachi-ähnlich aus – die Nachbarschaft besteht aus kleinen, sehr eng aneinander gebauten, zum Teil recht zerfallenen Wohnhäusern – eines der Viertel, in denen man nicht leben möchte, wenn einmal ein schweres Erdbeben die Hauptstadt trifft. Eines dürfte jedoch klar sein: Mit dem Riesenturm dürfte sich etliches dort ändern. Ob die Einwohner damit glücklich sind? Das darf bezweifelt werden….
Das Wort des Tages: 酸性 sansei – (chem.): sauer.
Den Hang zum Perfektionismus liebe ich auch an Japan. Bin selbst so ein Typ. Und das Ganze in Kombination mit diesen, wie soll ich das nennen (!?), nicht den Macker raushängen lassen. Das Logo von der Yamato Transport Company ist ein gutes Beispiel. Während man in den USA ein supercooles Logo wählen würde, nimmt man in Japan eine Katzenmutter die ihr Katzenbaby im Maul trägt.
Kann mich auch an die Pizzen in Japan erinnern. Ganz anders als wie in Deutschland, überall haben sie anders geschmeckt, und z.T. richtig gut.
Vor 3 Wochen das vierte 3-Sterne Restaurant hier in Deutschland (von insg. 9) ausprobiert. Zu viert haben wir über 1000 Euro ausgegeben. Und dabei ist das im internationalen Vergleich noch günstig. Würde mich mal brennend interessieren wie so die Preise in der 2 bis 3 Sterne Gastronomie in Japan sind!!! 50 Euro für 5-6 Gänge klingt auch für 2-Sterne sehr günstig. Durchschnittlich habe ich in einem 3-Sterne Restaurant ca. 180 Euro für 7 Gänge bezahlt. In Frankreich zahlt man meines Wissens das doppelte.
die seite is scheiße