BlogGlobale Erwärmung in Japan

Globale Erwärmung in Japan

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Heute unterhielt ich mich mit dem Betreiber einer Izakaya in Shirahama ganz im Süden der Halbinsel Bozo (Präfektur Chiba). Der gute Mann hatte einst ein Restaurant in Tokyo, aber seine Liebe zum Meer zog ihn in diesen abgelegenen Teil Japans. Es stellte sich heraus, dass der Mann viel und gerne taucht – das ist praktisch, denn einen Teil seiner Speisekarte kann er somit quasi selbst aus dem Meer fischen (heute hatte er zum Beispiel アワビ (Awabi – Seeohren) im Angebot, die in Japan als Delikatesse gelten. Selbst gesammelt, versteht sich. Wie oft üblich, begann das Gespräch mit einem Schwatz über das Wetter. Die Regenzeit in Japan hat dieses Jahr nämlich, im Gegensatz zu der vom vergangenen Jahr, ihren Namen redlich verdient. Auch heute goss es aus Kübeln, mit permanenten Warnungen auf meinem Handy, dass gleich wahlweise 30, 50 oder teilweise sogar 80 mm Regen pro Stunde fallen werden. Schnell fiel der Begriff globale Erwärmung, obwohl er an dieser Stelle eigentlich nicht angebracht war, denn in einer vernünftigen Regenzeit fallen nun mal vernünftige Mengen Regen. Auch die Bemerkung, dass die Regenzeit dieses Jahr ungewöhnlich lang sei, war so nicht richtig: Die Regenzeit begann nämlich pünktlich, und normalerweise endet sie im Raum Tokyo erst rund um den 20. Juli herum.
Besorgniserregend waren jedoch seine Schilderungen aus der Sicht eines Tauchers: Er merkte nämlich an, dass das Meer schöner und klarer geworden ist – aus dem traurigen Grund, dass Seetang und andere Pflanzen am Meeresboden immer schneller verschwinden. Man braucht nicht Biologie studiert zu haben, um zu wissen, dass das ein ernsthaftes Problem ist, denn Seetang steht ziemlich weit am Beginn der Nahrungskette, und wenn der verschwindet, verschwindet alles weitere zwangsläufig auch. Eine weitere Beobachtung war die, dass immer mehr „bunte Fische“ — Tropenfische, die man eher in Okinawa und weiter südlich findet, zu finden seien. Das Phänomen ist natürlich auch auf dem Land bekannt, wo immer mehr Arten sich gen Norden ausbreiten. Natürlich war er sich der Gründe bewusst. Und damit war er dem Mittelschullehrer meiner Tochter um Längen voraus, denn der erzählte neulich in der Klasse, dass die globale Erwärmung eigentlich gestoppt sei, da der Ausstoss von Treibhausgasen genügend reduziert wurde. Was für ein Narr. Wahrscheinlich hat er irgendwo Nachrichten über FCKW aufgeschnappt, gelesen, dass jenes nun kaum noch produziert wird, und daraus geschlussfolgert, dass das Problem damit gelöst sei.
Auch wettertechnisch läuft in Japan, wie bereits mehrfach berichtet, einiges aus dem Ruder – die spürbare Zunahme von Taifunen und anderen Starkregenereignissen lässt sich nicht so ohne weiteres wegreden. So fielen in einer Gemeinde in der Präfektur Miyazaki, Kyushu, vor ein paar Tagen über 1000 mm Regen innerhalb von 24 Stunden. Ein Meter Regen! Das ist die Menge Regen, die in Berlin innerhalb von zwei Jahren fällt…

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

2 Kommentare

  1. Hallo,
    ja, ja die Klimaerwärmung, das es immer noch Leute gibt die an sowas glauben… .
    OK Sarkasmus aus, natürlich gibt es die Klimaerwärmung, und leider gibt es auch immer noch Leute, auch in Entscheidungspositionen die sie für nen Fake halten.
    Was mich aber weit mehr besorgt als blinde Klassenlehrer und unfähige Staatsoberhäupter ( OK, die machen mir auch große Sorgen ) ist die Tatsache das der Klimaerwärmung das selbe Schicksal zu widerfahren droht wie vielen anderen großen Problemen. Sie werden eine Zeitlang heiß diskutiert und Aktionismus ist angesagt, aber mit der Zeit wird das Thema zu einem bekannten Hintergrundrauschen das immer mehr ignoriert werden kann.

  2. Na klar, was da so einige Lehrer von sich geben (muessen).
    Denn auch hier wird treu den Aussagen der Regierung gefolgt, und wenn die sagt, der Himmel ist gruen, dann muss das auch so sein. Erebe ich leider seit XX Jahren fast taeglich an unserer Schule. Und so sollen die Kinder auf ihr weiteres Leben vorbereitet werden. Immer schen nachplappern, egal was da von sich gegeben wird. Und globale Erwaermung, die gibt es ja auch laut Donnie de Trump nicht.

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