Bloggerkollege Coolio erwähnte neulich in diesem Beitrag, dass es momentan recht günstig ist, an Geigerzähler heranzukommen: Findige Unternehmer haben grosse Mengen der Geräte nach Japan importiert, waren damit aber offensichtlich etwas spät dran: Die Nachfrage ist nicht mehr da. Und so werden zum Beispiel hier bei Amazon handliche Geigerzähler aus Rußland vertickt – für 13,800 Yen statt den ursprünglichen 69,800 Yen. Gute 100 Euro für einen Geigerzähler? Da konnte ich schlecht nein sagen. Gesagt, getan – zwei Tage später hielt ich das kleine, leichte Gerät in den Händen.
Will ich wirklich wissen, wie hoch die Strahlung bei uns ist? Jetzt, wo scheinbar alle Messen schon gesungen sind? Aber sicher doch. Ich will letzten Endes nicht wissen, was irgendwer irgendwann in der Nähe gemessen hat, sondern wie es direkt bei uns aussieht – in der Wohnung zum Beispiel, oder vor dem Haus. Zumal unsere Stadt ja auch als Hotspot bezeichnet wird – wenn auch mit geringeren Werten als anderswo in der Gegend.
Die Messergebnisse überraschen nicht – das ist die gute Nachricht. Je nachdem, in welche Richtung das Gerät zeigt und wo ich es hinlege, messe ich zwischen 0.07 und 0.14 Mikrosievert pro Stunde. Das ist relativ normal. In den Parks unserer Stadt messe ich im Schnitt 0.2 Mikrosievert – in manchen ca. 0.12, in anderen bis über 0.3 Mikrosievert, je nachdem, wo ich messe. Die Werte im bzw. beim Kindergarten unserer Tochter liegen um die 0.15 Mikrosievert in Bodennähe und etwas niedriger in 1 Meter Höhe. Wo ich auch messe – die Anzeige ist im grünen Bereich, das Gerät sagt “Normal Radiation Background”.
Eine weitere Messung dann heute: Es ging zum 若潮公園 – Wakashio-Park, dem beliebtesten Park bei uns im Stadtzentrum. Dort gibt es einen Verkehrsgarten (seit dem Beben wegen Baufälligkeit gesperrt) und ein zweistöckiges Haus, darin zahlreiche Einrichtungen, wo sich die lieben kleinen austoben können. Vor ein paar Wochen war der Park kurz im Gespräch, da dort an einem defekten Fallrohr sehr hohe Strahlung gemessen wurde. Angeblich wurde das Fallrohr ausgetauscht und die kontaminierte Erde rundherum abgetragen. Kurzer Test heute – Gerät an eine der Regenrinnen in Bodenhöhe gehalten, und siehe da: Anzeige wird gelb: “High radiation background”, 0.51 Mikrosievert. Ohne gross zu suchen, wohlgemerkt: Ich habe nur dort gemessen.
Fazit: Die Ergebnisse, wie sie in den Medien hier kursieren, kann ich vorerst nur bestätigen: Leicht erhöhte (aber nach allgemeiner Meinung unbedenkliche) Strahlenwerte ausserhalb, aber hier und da Punkte mit erhöhter bis stark erhöhter Strahlung. Erfahrungsgemäß sind dies dummerweise die Punkte, die von kleinen Kindern bevorzugt werden. Es ist sicherlich nicht verkehrt, zu wissen, wo diese Punkte sind.
Hey Tabibito!
Toller Beitrag. Für mich auch besonders interessant mal zu sehen wie so ein Gerät in echt aussieht ;)
Dann halt mal deine kleinen Krabben von den Regenrinnen fern :)
Ob man damit auch das gekaufte Obst und Gemüse messen kann?
@Rene
Yep, geht auch. Ich lege das Gerät dann mitten ins Obst oder Gemüse und warte bis es sich eingepegelt hat. Man wird zwar öfters mal blöd angeschaut, aber das wird man als Gaijin ja eh. Höchster Lebensmittelwert: 0.27 mcSv/h bei französischem Camembert…..
Damit kann man aber leider nicht herausfinden, wieviel Becquerel Cäsium in den Lebensmitteln sind, oder?
Das würde mich mehr interessieren, als die Umgebungsstrahlung..
@weltentdeckerfrosch
Hm, stimmt schon. Zumindest erfordert es eine Wahnsinnskalkulation.
Mir reicht es aber schon, das man nicht nur die Umgebungsstrahlung, sondern auch die spezifisch von Gegenstaenden (z.B. Obst, Gemuese, Maschinenteile) ausgehende Strahlung grob messen kann. Das klappt mit den kleinen Geraeten ganz gut. Wenns aussen strahlt, kanns innen nicht gut sein.
Ansonsten muss man halt Lebensmittel meiden, bzw. sehr argwoehnisch betrachten, die von vornherein verdaechtig sind, wie z.B.: Meeresfruechte, Milch und deren Erzeugnisse, Algen und so’n Glibberzeugs, usw.
@’Wenns aussen strahlt, kanns innen nicht gut sein.’:
Alphastrahlung, die gerade das gefährliche an Lebensmitteln ist, kommt nicht durch die Packung, kann also nicht von außen gemessen werden.
@トゥルク
Ich hoffe ja, das die Schale von Aepfeln, Birnen, Trauben oder Kartoffeln, Zwiebeln, Daikon, Fisch, usw. nicht auch zur Verpackung gezaehlt wird….
All das gibt es vorwiegend offen liegend zu kaufen. Und es sind durchaus andere gefaehrliche Strahlen als die Alphastrahlung vorhanden. Das kleine Geraet dient da eher als verlaesslicher “Indikator” und deshalb bleibe ich auch dabei: “Wenns aussen strahlt, kanns innen nicht gut sein”. Hebt sich ja durch deine Feststellung nicht auf, oder? Irgendwo muss man ja anfangen…
“13,800 Yen / Gute 100 Euro …”
Bring mal deinen Wechselkurs auf den neuesten Stand. Mittlerweile sind wir schon unter der 100er-Marke für einen Euro, wohlgemerkt notiert, am Wechselschalter gibts ja immer noch etwas weniger. Ich sehe meine nächste Reise schon ernsthaft gefährdet :(
Jetzt mal ehrlich, im Kindergarten hast du doch heimlich gemessen? :-D Oder stellen sich auch japanische Eltern ganz offen mit einem Geigerzähler hin?
Also bei dem Preis hätte ich mir wohl auch einen zugelegt, wenn ich näher bei Tokio leben würde.
Selbst wenn nicht, ist es eine Überlegung wert – gerade für Leute, die sich sowieso viel zu viele Sorgen machen, wäre das eventuell das ideale Spielzeug, wobei natürlich auch fragwürdig ist, wie viel ein Laie aus dem Gerät “herausholen” kann (aka: valide Daten erhalten kann).
Ich hätte da eine kleine Frage an den Reisenden. Der Edano hat ja kürzlich ganz schön ein Faß aufgemacht. Ist da mehr zu erwarten oder sollte man eher davon ausgehen, dass dieser bald das Kabinett verlassen wird?
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