BlogFilmkritik: Tampopo

Filmkritik: Tampopo

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Nachdem scheinbar jeder ausser mir diesen Film gesehen hat, musste ich wohl etwas nachholen. „Tampopo“ wurde 1986 gedreht, ist ein rein japanischer Film, in Szene gesetzt vom berühmten Regisseur Itami. Der Film ist 114 Minuten lang. Es gibt eine deutsche Fassung.
Tampopo Handlung: „Tampopo“ bedeutet Löwenzahn und ist der Kosename einer noch relativ jungen Witwe. Die betreibt ein Ramen– (chinesische Nudelsuppe) Restaurant. Recht erfolglos und höchstens von zwielichtigen Gestalten besucht. Zwei Fernfahrer, vernarrt in Ramen (wie fast jeder Japaner!) helfen jedoch erst ihrem Sohn und dann ihr aus der Misere. Mit allerlei Tricks und ständig wachsender Unterstützung zaubern sie erst ein anständiges Rezept und dann noch eine neue Innenausstattung her. In einer Nebenhandlung wird dem staunenden Betrachter erklärt, wie man lebende Garnelen und ein Eigelb in das Vorspiel einbauen kann. Hollywood’s Spielchen mit Eiswürfeln und was auch immer sind echte Banalitäten dagegen. Natürlich gibt es ein Happy End, welches jedoch viel Spielraum für die Fantasie lässt.
Hintergrundwissen: Vieles mag für Übertreibung gehalten werden. Ist es aber kaum. Ramen ist eine Wissenschaft für sich. Mit einem enormen Stellenwert bei den meisten Japanern. Und wer bei der Szene mit dem Staubsauger lacht: Selbst das ist keine Übertreibung! Alljährlich sterben, vor allem alte Menschen, am Genuss des shiruko – eine zähe Masse von Mochi-Reis, die einigen buchstäblich im Halse steckenbleibt. Erste-Hilfe-Massnahme: Staubsauger. Kein Scherz.
Meine zwei Yen: Das schöne an diesem wie auch an einigen anderen japanischen Filmen ist, dass man oft nicht die leiseste Ahnung hat, was als nächstes passiert. Der Film zeigt auch gleichzeitig schön das moderne, fernsehreife Japan und das alte, zum Teil etwas heruntergekommene Japan. Die Regie ist grossartig und die technischen Mittel oftmals liebenswert altmodisch.
Querverweise: Der Gourmet-Erotiker / Gangster ist Koji Yakusho, der jüngst auch im Knassenküller „Warai no daigaku“ (Wörtlich: Universität des Lachens) eine Hauptrolle belegte. Mehr zu diesem Film demnächst.
Das Wort des Tages kann nur eines sein: ラーメン (Raamen) – chinesisch inspirierte Nudelsuppe. Mehr zu diesem Gericht siehe hier. Kalorienreich, extrem vielfältig und, so gut gemacht, eine Wonne. Die besten (?) Ramen-restaurants werden nach und nach in Tabibitos Ramen-Jäger-Restaurantatlas vorgestellt.

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

1 Kommentar

  1. Einer meiner absoluten Lieblingsfilme! Die Grundz?ge der Geschichte sind ja wie von dir hier vorgestellt eher simpel, dem Helden-kommen-in-die-Stadt-und-retten-unschuldige-Muster folgend. Halt ein echter Nudel-Western ;-)
    Was den Film zu einem echten Juwel macht sind die ganzen eingestreuten Kurzgeschichten (von dir leider nur kurz angedeutet), die immer etwas mit Essen zu tun haben. Gerade diese kleinen Geschichten sind es, die alle Aspekte des Lebens von Komik, Tragik, Gewalt, Liebe und Erotik bis zu Krankheit, Schmerz und Tod in liebevoller Verbundenheit mit der Nahrungsaufnahme zeigen. Sehr empfehlenswert f?r alle, die gern gute Filme sehen, gut Essen oder sich f?r Japan interessieren!
    Das waren meine 2 Yen,
    Gr??e, Klaus

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