Heute trieb es mich also aus mehr oder weniger beruflichen Gründen nach Fuji-Yoshida, beziehungsweise nach Kawaguchiko, einem der 5 Seen am Fuji-san. Hauptsächlich musste ich dort in die Rolle eines 撮り鉄 treten – das sind Leute, die Eisenbahnen mit der Kamera auflauern. Aber mehr dazu spätestens im März nächsten Jahres. Wenn ich schon mal da bin, kann ich auch gleich mal an dem berühmt gewordenen Convenience Store nahe des Bahnhofs von Kawaguchiko vorbeischauen – jener, an dem man im vergangenen Jahr einen hohen Sichtschutz anbrachte, damit die Touristen nicht andauernd sich und den Verkehr gefährden, da sie an besagtem Laden unbedingt den Convenience Store mit dem Fuji-san im Hintergrund fotografieren wollten.
Doch was soll ich sagen – die ganzen Touristen waren noch da, aber sowohl der Fuji-san als auch der Sichtschutz waren verschwunden. Nun, ersteres lag am etwas wechselhaften Wetter. Doch warum war der Sichtschutz weg? Meine Frau meinte nur lapidar “Sicher nur, um dort eine richtig hohe Mauer zu bauen”. Das ist gut möglich. Oder man entfernt den Sichtschutz an Tagen, an dem der Berg nicht zu sehen ist.
Im Geschäft wurde es interessant. Der gesamte Convenience Store ist mit Verbotsschildern und Hinweisen nur so zugepflastert – viele von ihnen viersprachig, auf Japanisch, Englisch, Chinesisch und Thailändisch. Wenn man sich die Schilder alle so durchliest, bekommt man zwangsläufig den Eindruck, dass alle Ausländer komplette Barbaren und Vollidioten sein müssen, doch hinter jedem Hinweis steckt sicherlich eine kleine Geschichte: Zum Beispiel der Hinweis auf der Mikrowelle, dass man keine Eier in der selbigen erwärmen soll, da diese sonst explodieren. Oder der Hinweis, das man nichts in Aluminiumschalen/Aluminiumfolie erhitzen soll, da der Inhalt sonst Feuer fängt (mit dem Hinweis im Kleingedruckten, dass man in dem Fall für den Schaden aufkommen muss). Interessant war auch zu sehen, dass der Convenience Store nicht einmal zwei Angestellte aufbringen konnte, um die Menschenmassen zu stammen – nur eine von vier Kassen war besetzt.
Das Getümmel rund um den nur gut 100 m hohen Bahnhofs von Kawaguchiko war enorm – und das an einem Werktag im November mit trübem Wetter. Die Menschenmassen im September bei gutem Wetter (allein in dem Monat kamen knapp 3 Millionen Touristen aus dem Ausland nach Japan) müssen dementsprechend noch größer gewesen sein. Ob Bus, Fahrkartenschalter, Restaurant oder eben die Kasse im Convenience Store – überall lange Schlangen. Rund um den Bahnhof – Chaos. Ausländer mit Rucksäcken setzen sich einfach in Vorgärten, und rabiate Familienväter- und Mütter schubsen mit ihren riesigen Rollkoffern ahnunslose Mitreisende vom Bürgersteig auf die Straße. Survival of the fittest.
Da drängt sich unweigerlich die Frage auf: Macht Japan zur Zeit Touristen Spaß? Nun, offensichtlich schon. Letztendlich braucht man auch nur eine Prise Abenteuerlust und ein kleines bisschen die Fähigkeit, Karten zu lesen – und schon ist man in wunderschönen Parks und Wandergegenden nur wenige Kilometer entfernt, in der man dann kaum noch Touristen findet. In dem Sinne: Alles gut. Den Convenience Store beim Bahnhof Kawaguchiko würde ich aber eher meiden. Man erhält umgehend das ungute Gefühl, von Japanern wie ein Vollidiot betrachtet zu werden.