BlogEin verschwundener Zaun und explodierte Eier

Ein verschwundener Zaun und explodierte Eier

-

Heute trieb es mich also aus mehr oder weniger beruflichen Gründen nach Fuji-Yoshida, beziehungsweise nach Kawaguchiko, einem der 5 Seen am Fuji-san. Hauptsächlich musste ich dort in die Rolle eines 撮りtoritetsu treten – das sind Leute, die Eisenbahnen mit der Kamera auflauern. Aber mehr dazu spätestens im März nächsten Jahres. Wenn ich schon mal da bin, kann ich auch gleich mal an dem berühmt gewordenen Convenience Store nahe des Bahnhofs von Kawaguchiko vorbeischauen – jener, an dem man im vergangenen Jahr einen hohen Sichtschutz anbrachte, damit die Touristen nicht andauernd sich und den Verkehr gefährden, da sie an besagtem Laden unbedingt den Convenience Store mit dem Fuji-san im Hintergrund fotografieren wollten.

Nanu, der Sichtschutz ist weg!
Nanu, der Sichtschutz ist weg!
Die Verbotsschilder im Lawson in Kawaguchiko
Die Verbotsschilder im Lawson in Kawaguchiko

Doch was soll ich sagen – die ganzen Touristen waren noch da, aber sowohl der Fuji-san als auch der Sichtschutz waren verschwunden. Nun, ersteres lag am etwas wechselhaften Wetter. Doch warum war der Sichtschutz weg? Meine Frau meinte nur lapidar “Sicher nur, um dort eine richtig hohe Mauer zu bauen”. Das ist gut möglich. Oder man entfernt den Sichtschutz an Tagen, an dem der Berg nicht zu sehen ist.

Im Geschäft wurde es interessant. Der gesamte Convenience Store ist mit Verbotsschildern und Hinweisen nur so zugepflastert – viele von ihnen viersprachig, auf Japanisch, Englisch, Chinesisch und Thailändisch. Wenn man sich die Schilder alle so durchliest, bekommt man zwangsläufig den Eindruck, dass alle Ausländer komplette Barbaren und Vollidioten sein müssen, doch hinter jedem Hinweis steckt sicherlich eine kleine Geschichte: Zum Beispiel der Hinweis auf der Mikrowelle, dass man keine Eier in der selbigen erwärmen soll, da diese sonst explodieren. Oder der Hinweis, das man nichts in Aluminiumschalen/Aluminiumfolie erhitzen soll, da der Inhalt sonst Feuer fängt (mit dem Hinweis im Kleingedruckten, dass man in dem Fall für den Schaden aufkommen muss). Interessant war auch zu sehen, dass der Convenience Store nicht einmal zwei Angestellte aufbringen konnte, um die Menschenmassen zu stammen – nur eine von vier Kassen war besetzt.

Herbst am Kawaguchi-ko
Herbst am Kawaguchi-ko
Dieser Expresszug verbindet nun Tokyo direkt mit Kawaguchiko
Dieser Expresszug verbindet nun Tokyo direkt mit Kawaguchiko

Das Getümmel rund um den nur gut 100 m hohen Bahnhofs von Kawaguchiko war enorm – und das an einem Werktag im November mit trübem Wetter. Die Menschenmassen im September bei gutem Wetter (allein in dem Monat kamen knapp 3 Millionen Touristen aus dem Ausland nach Japan) müssen dementsprechend noch größer gewesen sein. Ob Bus, Fahrkartenschalter, Restaurant oder eben die Kasse im Convenience Store – überall lange Schlangen. Rund um den Bahnhof – Chaos. Ausländer mit Rucksäcken setzen sich einfach in Vorgärten, und rabiate Familienväter- und Mütter schubsen mit ihren riesigen Rollkoffern ahnunslose Mitreisende vom Bürgersteig auf die Straße. Survival of the fittest.

Da drängt sich unweigerlich die Frage auf: Macht Japan zur Zeit Touristen Spaß? Nun, offensichtlich schon. Letztendlich braucht man auch nur eine Prise Abenteuerlust und ein kleines bisschen die Fähigkeit, Karten zu lesen – und schon ist man in wunderschönen Parks und Wandergegenden nur wenige Kilometer entfernt, in der man dann kaum noch Touristen findet. In dem Sinne: Alles gut. Den Convenience Store beim Bahnhof Kawaguchiko würde ich aber eher meiden. Man erhält umgehend das ungute Gefühl, von Japanern wie ein Vollidiot betrachtet zu werden.

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

1 Kommentar

  1. Man könnte meinen, du beschreibst unseren Besuch im November 2023 an einem Werktag. Die Schlange an der Mt. Fuji Panoramic Ropeway war riesig lang. Uns blieb nur die Wahl den ganzen Tag irgendwo Schlange zu stehen, oder abseits am See entlang zu wandern, wo kaum Leute unterwegs waren. Letzteres war sehr schön, inklusive eines Fujis im Sonnenschein der sich von seiner perfekten herbstlichen Seite zeigte.
    Die Schilder im Convenience Store hängen dort sicher nicht ohne Grund.
    Katatrophal war die Situation in der Toilette am Bahnhof., trotz der Hinweisschilder wie eine Toilette benutzt werden soll.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Neueste Beiträge

Toyako – Ein See wie ein Auge sowie zwei nagelneue Berge

Der Toya-See ist ein wichtiger Bestandteil des Shikotsu-Tōya-Nationalparks im Süden von Hokkaido. Hochinteressant: Ein nagelneuer Vulkan.

Weg mit dem unsinnigen Besteuerungssystem für Zweitverdiener? Bewegung im Parlament

Die Besteuerung von Zweitverdienern ist seit Jahrzehnten ein großes Ding in Japan und hat einen enormen Einfluss auf fast...

Ein verschwundener Zaun und explodierte Eier

Heute trieb es mich also aus mehr oder weniger beruflichen Gründen nach Fuji-Yoshida, beziehungsweise nach Kawaguchiko, einem der 5...

Noboribetsu – der Ort des (niedlichen) Teufels

Hohe Berge, eine lange Pazifikküste und viele heiße Quellen, die mancherorts aus dem Boden sprudeln – sowie einen Berg voller Bären.

Sollte Laufen auf der Rolltreppe verboten werden?

Rund 80'000 Rolltreppen gibt es in ganz Japan (nur am Rande: und fast zehn Mal so viele Aufzüge) –...

Japanische Beerdigungsrituale

Hat man eine japanische Familie oder ein paar gute Freunde in Japan, und lebt man außerdem noch in Japan,...

Must read

Die 10 beliebtesten Reiseziele in Japan

Im Mai 2017 erfolgte auf dem Japan-Blog dieser Webseite...

Auch lesenswertRELATED
Recommended to you