Vor drei Tagen, am 1. Dezember, wurde eine seit anderthalb Jahren geführte Diskussion zu Ende geführt: Es geht um die vom Kaiser selbst vorgeschlagene Abdankung zu Lebzeiten – zugunsten des Thronfolgers und aufgrund gesundheitlicher Sorgen. Laut Beschluss des 皇室会議 kōshitsu kaigi (Kaiserlicher Hofrat) wird der Kaiser also planmäßig am 30. April 2019 seine rund 31-jährige Amtszeit beenden. Damit endet dann auch die “Heisei”-Zeitrechnung, und eine neue Zeitrechnung muss her, die im Jahr 2019 ihr Jahr 1 (“元旦” gantan”) und im Jahr 2020 ihr Jahr 2 haben wird. Wie das neue Motto, beziehungsweise wie die neue Zeitrechnung heißen wird, weiß man noch nicht.
Die gute Nachricht lautet dabei: Wahrscheinlich hat man dank der lange im Voraus geplanten Abdankung, so etwas gab es immerhin seit rund 200 Jahren nicht mehr, etwas mehr Zeit als sonst, sich auf den Namen einzustellen, denn die japanische Zeitrechnung wird noch immer auf den meisten amtlichen Dokumenten verwendet. Die schlechte Nachricht lautet, dass die Umstellung der Zeitrechnung in der IT-Branche quasi den kleinen Bruder des Y2K-Problems darstellt – hunderttausende Systeme müssen umgestellt werden, um das neue Datum darstellen und in die westliche Zeitrechnung umrechnen zu können. Das letzte Mal geschah das 1989, doch seitdem gibt es natürlich viel mehr IT als sonst. Beispiel gefällig? Das Internetbanking der japanischen Postbank zeigt das Datum im Heisei-Format, also eine am heutigen Tag getätigte Transaktion hat den Zeitstempel 29-12-04 – das steht für den 4. Dezember (Heisei) 29 = 2017. Die Transaktionen kann man sich im CSV-Format herunterladen, und unzählige Firmen haben ihre eigenen Programme dafür, diese CSV-Dateien in ihr eigenes Buchhaltungssystem zu importieren – inklusive der Umrechnung in das westliche Kalenderjahr. Das muss natürlich alles 2019 umgestellt werden. Dem jetzigen Kaiser, Akihito, kann man indes nur wünschen, dass er und seine Gemahlin bis zur Abdankung und darüber hinaus gesund bleibt, damit er noch etwas von seinem verdienten Ruhestand hat, denn so viel steht fest: Kaiser von Japan zu sein ist aufgrund der Terminfülle ganz sicher kein Zuckerschlecken.
Vor zwei Tagen sprang mir ein Artikel in den japanischen Medien (und in der Japan Times, siehe hier) ins Auge: Im für 2018 geplanten Steuerreformpaket, jenes soll am 14. Dezember verabschiedet werden, befindet sich wohl auch eine “Ausreisesteuer” von 1,000 yen, die jeder, der Japan auf dem Luft- oder Seeweg verlässt, entrichten soll. Die Steuereinnahmen sollen dazu dienen, den Tourismus in Japan zu fördern. Sicher, 7,50 Euro sind nicht viel Geld, aber Touristen dafür zu bestrafen, dass sie auf Tourismuswerbung reagieren und nach Japan kommen, halte ich für etwas merkwürdig. Den Großteil müssen natürlich Japaner aufbringen, die ins Ausland reisen, und dennoch: Es ist beinahe so, als ob man mit einem Werbeprospekt des Möbelhändlers zu selbigem geht – und dort beim Bezahlen dann ein paar Euro für den Werbeprospekt bezahlen soll. Dabei war ich eigentlich froh, dass die unsägliche Ausreisegebühr am Flughafen Narita kurz vor der Jahrtausendwende endlich wegfiel — damals musste man nämlich noch bei der Ausreise jedes Mal gute 2’000 Yen “departure tax” zahlen – so etwas gab es damals fast nur in “Bananenrepubliken”, und eben in Japan… Was mich jedoch wirklich wurmt, ist die Tatsache, wofür das Geld dann ausgegeben wird: Größtenteils sehr wahrscheinlich für nationalistische Propaganda.
Puh,
das würde mich als ITler echt anpissen.
Japan sollte sich von der japanischen Schreibweise verabschieden, zumindest auf technischer Seite, handschriftlich sieht es wieder ganz anders aus.
Und wenn man nach 70 Jahren wieder so ein Zettel (Export) (Der Zeitstempel der Datei dürfte aber westlich sein oder?) in der Hand hält, dann kann man nicht herauslesen, aus welcher Zeit das ist, oder?
Zeitstempel in den Computersystem, ob Linux, Mac oder Windows, sind zum Glück westlich. Aber richtig: In ein paar Jahren kann man nur mutmassen, aus welcher Zeitrechnung die Transaktion stammt.
Es gibt doch schon eine Touristensteuer, wenn man in Hotels übernachtet? Eine Ausreissteuer klingt für mich dann wirklich wie eine neue Fantasiesteuer, mit der man noch ein paar zusätzliche Yens in die Kasse bekommt. Und das gerade im Hinblick auf 2020, wo genügend Geld ins Land gespült werden dürfte.