Das Japanische Tourismusamt (観光庁 – Japan Tourims Agency) hat am Mittwoch einen interessanten Gesetzesentwurf vorgelegt, der, so er denn angenommen wird, frühestens im Herbst in Kraft treten könnte. Doch bereits am ersten Tag hat der Entwurf für ordentliche Diskussionen gesorgt, und die werden noch eine Weile lang anhalten.
Es geht dabei um vieles und betrifft (fast) alle Japaner: Urlaub. Genauer gesagt geht es um die ゴールデンウィーク (Goldene Woche): Ende April/Anfang Mai gibt es vier Nationalfeiertage kurz hintereinander: den Showa-Tag (29. April), den Tag der Verfassung (3. Mai), den Grünen Tag (4. Mai) und den Kindertag (5. Mai). Je nachdem, wie die Wochenenden liegen und je nach Kulanz der Firmenchefs, hat in dieser Zeit fast ganz Japan frei: Gleichzeitig. Das bedeutet alljährlich unendliche Staus, unbezahlbare Preise für Flugtickets und Stress an jedem noch so kleinen, halbwegs bekannten Ort – Himmel und Hölle sind in dieser Woche losgelassen.
Der Gesetzesentwurf sieht vor, die Goldene Woche von nun an zu staffeln: Kanto hat in der einen Woche Urlaub, Kansai in der nächsten usw. usf. Zwar gibt es zum Beispiel in Deutschland keine Goldene Woche, aber die Staffelung der Schulferien zwischen den einzelnen Bundesländern entspricht genau jener Idee.
Was man sich von der Änderung verspricht: Eine bessere Verteilung und mehr Umsatz in der Tourismusindustrie: Das ist nachvollziehbar, denn es dürfte nicht wenige geben, die aufgrund der unbezahlbaren Preise und/oder des Stresses während der Goldenen Woche lieber auf eine Reise verzichten. Es haben sich jedoch schon zahlreiche Gegner gefunden – aus folgenden Gründen:
– Es würde schwieriger werden für Familien, sich zusammenzufinden: Sehr viele Japaner fahren während der Goldenen Woche zurück zu ihrer Familie (in vielen Fällen aufs Land / in kleinere Städte) oder nutzen die Gelegenheit, alte Freunde zu treffen: Das wird freilich schwerer, wenn die Freunde/Familienmitglieder in unterschiedlichen Gegenden wohnen
– Die Industrie und auch das Finanzwesen würden ihre liebe Not mit der Staffelung haben – jetzt haben Vertrieb und Produktion zur gleichen Zeit frei, doch sollte der Urlaub gestaffelt werden, gäbe es Koordinationsprobleme, wenn nicht sogar Produktionsausfall.
Natürlich gibt es noch mehr Gegner (im Fernsehen wurde ein wild gegen den Entwurf wetternder Kalendarproduzent interviewt – der sagte am Ende nur kauzig: Toll, da müssten wir ja alle schon gedruckten Kalendar für nächstes Jahr einstampfen).
Man darf gespannt sein. Persönlich würde ich die Idee sehr begrüssen, obwohl man in der Region Tokyo wahrscheinlich nicht allzu viel davon hat: Da haben dann noch immer gute 30 Millionen gleichzeitig frei und versuchen, der Metropole zu entfliehen.
Interessanter wird da schon der zweite Grundgedanke des Gesetzesentwurfes: Die dauerhafte Einrichtung der Silbernen Woche im September (ebenfalls mit Staffelung). Die gab es aufgrund einer günstigen Kombination zweier Feiertage mit einem Wochenende letztes Jahr, doch die günstige Konstellation gibt es nur alle paar Jahrzehnte.
Man darf jedenfalls gespannt sein, wie sich die Diskussion entwickelt und ob man sich durchsetzt (persönlich glaube ich eher, dass die Gesetzesvorlage abgelehnt wird).
Das Wort des Tages: 休暇分散化 kyūka bunsan-ka – “Urlaub – streuen – -ung. Urlaubsstaffelung.
Wie mans auch dreht ein paar werden immer in die Röhre gucken, die Frage ist nur welcher Haufen weniger stinkt.
Es gibt doch genug Beispiele (s. Deutschland) in denen die Staffelung gut funktioniert.
Aber ne Landflucht von 30 Millionen in ein paar Tagen ist bestimmt schon ein Erlebnis…
Wär doch mal ne guter Dokupost ;)
lg
Einfach Urlaub nach Familiennamen staffeln, also a-h in der ersten Woche, i-m in der zweiten usw., dann klappt es auch mit der Familienzusammenführung ;-)
@Jürgen
Da musst ich echt lachen, was macht dann die verheiratete Tochter?
Im Unterschied zu D.s Schulferien ist doch die Goldene Woche nur ein paar Tage lang, da kann man meiner Meinung nach nicht viel staffeln.
Wenn jetzt erst alle Takahashi und dann erst alle Mori frei haben, sind es immer noch 10 Millionen auf einmal…