In Japan gibt es viele verschiedene Formen der abendlichen Unterhaltung – Izakaya zum Beispiel, in denen man isst und trinkt, und in denen es oft laut zugeht. Oder Karaoka-Bars. Oder die sogenannten Snacks. Oder Host-Clubs und Cabaret-Bars, letztere sind in der Regel ziemlich teuer und sicher nicht jedermanns Sache. Und dann gibt es auch noch Mischformen, und die können von Region zu Region variieren.
In einem kleinen Städtchen im Norden von Aomori “verirrte” ich mich so in etwas, was man anderswo als “Snack” bezeichnet: Dort gibt es etwas zu essen (aber oft kein Menü in dem Sinne), Alkohol und auf jeden Fall eine Karaokemaschine. Als ich das Etablissement betrat, war gleich klar, dass es sich um diesen Typ handelt. Eine herausgeputzte Dame reifen Alters lächelte übertrieben freundlich, und es roch extrem unangenehm – nach kaltem Rauch und diversen Küchengerüchen. Mangels Alternativen, und da auch niemand anders dort wahr, beschloss ich trotzdem, auf ein Bier zu bleiben. Sie freute sich und erklärte mir das System: 3’000 Yen für 2 Stunden, in denen ich so viel trinken könne wie ich möchte, und mit Essen. Und mit Karaoke. Für den Fall, das ich singen möchte. Ich sagte, ich würde maximal eine Stunde bleiben wollen, und dass mir ein Getränk reiche — sie schlug 2’000 Yen vor, was mich zum Bleiben bewog. Sie servierte eine viel zu volle Schale mit gedünsteten Sachen und erklärte, ich könne mehr haben wenn ich möchte. Wollte ich aber nicht, denn es schmeckte furchtbar. Und dennoch – die Unterhaltung war interessant, denn ein wichtiger Teil dieser oft “Mama” genannten Besitzer ist es, die Gäste zu unterhalten, weshalb man ziemlich viel über die Gegend, die örtlichen Dialekte, die Sorgen der Menschen und dergleichen erfahren kann.
Später stolperte ich über einen anderen Typ Bar, und der scheint vor allem in Aomori ganz normal zu sein: Man bestellt ein Getränk, unterhält sich ein bisschen mit den Angestellten und die fragen dann irgendwann, ob sie auch etwas trinken können. Was der Gast natürlich bezahlt. In den meisten anderen Regionen in Tokyo geschieht so etwas eigentlich nur in Host-Clubs oder Cabarets, und dort kann es richtig teuer werden (eine Erfahrung, die ich noch nicht gemacht habe und auch nicht machen möchte), doch in Aomori ist es normal — und auch nicht teuer, wie ich feststellte. So ging ich gestern nahe meines Hotels in der Stadt Aomori in eine kleine Bar neben meinem Hotel. Die anderen Gäste waren gemischt, sprich Männer und Frauen verschiedenen Alters, aber die Atmosphäre war dennoch anders als in einer normalen Bar: Drei Frauen und der Koch (?) standen hinter dem Tresen, und die Frauen verwickelten die Gäste auf Teufel komm raus in Gespräche. Egal. Ich setze mich hin, und man bringt das お通し – das obligatorische Appetithäppchen, für das man in der Regel bezahlt. Aber so viel gesagt – diese Appetithäppchen sind in Aomori üppig. Zum einen eine Schale mit allerlei Chips, Schokolade, Käse usw., dazu eine größere Portion Oktopussalat und Früchte, darunter Kirschen (in Japan meistens sehr teuer). Und als hätte ich es geahnt, fragt eine Angestellte, ob sie auch etwas trinken dürfe. Klar, sage ich, und mache mir ein bisschen Sorgen ob der Rechnung. Die Sorge stellte sich als unbegründet heraus: Der ganze Spaß kostete 2’000 Yen (rund 14 Euro).
Ausgehen in Japan ist immer wieder ein bisschen abenteuerlich – wenn man sich abseits der üblichen Gegenden bewegt. Trotzdem macht es meistens Spaß – und nebenher lernt man so einiges.