Nun ist es also geschehen: Der berühmte Michelin-Guide hat erstmals einen ganz ordinären Ramen-Laden in seinem neuesten Gourmetführer mit einem Stern beglückt¹. Für die meisten Japan-Reisenden wahrscheinlich keine so grosse Überraschung, denn diese ursprünglich chinesische Nudelsuppe kommt in Japan in so vielen Varianten und teilweise sehr komplexen Geschmacksvarianten daher, dass dort doch auf jeden Fall auch etwas Michelinstar-würdiges dabei sein muss.
Durch wie viele Ramen-Läden sich die Jury durchgefressen hat ist unbekannt. Und ganz sicher auch nicht immer ein Vergnügen, denn wie es nun mal mit einem ausgesprochenen Volksessen ist, gibt es sehr viel Spreu unter dem Weizen. Auserkoren hat man unter den zehntausenden, meist wirklich nur Ramen servierenden Geschäften 蔦 Tsuta, ein Minirestaurant (typisch) mit gerade mal 9 Plätzen. Die Menge der Mahlzeiten ist auf 150 pro Tag begrenzt, und das wird sich wohl auch so schnell nicht ändern, denn einige der Zutaten (Sojasauce zum Beispiel) lagert angeblich zwei Jahre bis zur Reife.
Das schöne an der Nachricht ist, das man eigentlich ein ganz normales Lokal gewählt hat – mit ganz normalen Preisen, sprich weniger als 8 Euro bzw. unter 1’000 yen für die Terrine. Das seltsame an der Wahl ist jedoch, dass man einen Laden gewählt hat, der zum Beispiel die Chashu genannte Fleischeinlage mit Rotwein behandelt und nach Wunsch die Nudelsuppe mit Trüffelöl verfeinert. Was soll das nun eigentlich bedeuten? Heisst das, ich sollte in Kawasaki wirklich langsam eine Bulettenbude – Japaner stehen doch so auf Fleischklopse – aufmachen und dann einfach ein bisschen Trüffelöl rüberkleckern, um so die Michelin-Gourmets anzuziehen? Vielleicht. Kann ich ja machen, wenn ich erwachsen geworden bin.
Wie es nun mal so ist, wenn man berühmt wird, hatte der Ramenbudenbesitzer natürlich sofort sehr viel unbekannte Kundschaft. So viel, dass er sich einen Essensmarkenautomaten zulegte (sehr typisch!), nunmehr morgens um 6 für 10 Minuten sein Restaurant aufmacht – denn länger braucht er nicht, um 150 Mahlzeiten an die bereits Wartenden Hobbygourmets zu verkaufen – und danach ein Schild raushängt, dass für heute alles ausverkauft sei. Wahrscheinlich wird er irgendwann das Recht, seinen Namen benutzen zu dürfen, an Nissin oder irgendeinen anderen Trockennudelfabrikanten verkaufen und damit gut Geld verdienen, oder gleich eine ganze Kette aufmachen. Gegönnt sei es ihm.
Ob mich der ganze Rummel interessiert? Eher kaum. Ob ich dort auch mal Ramen essen wollen würde? Sicher, sicher!!!
¹Siehe unter anderem hier (Englisch).
Yama war da schon futtern, bevor der Laden berühmt war. Ist schliesslich keine 10 Mins von uns entfernt. According to him ist es wirklich wahnsinnig lecker. Leider ist es, wie du erwähnst hast, momentan vollkommen unmöglich da reinzukommen. :D
Ich habe mal einen Film gesehen über die Sterne-Küche Japans. Tokyo hat demnach die höchste Sterne-Dichte der Welt (steht ja auch im Text), unter anderem ein solches Mini-Restaurant in einer Tiefgarage. Die Sterne-Leute mussten deshalb auch ihre Kriterien anpassen, da die meisten Läden eben nicht “typisch” Sternemäßig sind – wahrscheinlich spielt da auch Anzahl und Geschwindigkeit und Weißheit der Zähne der Tischbedienung mit ;)
Das wird ja immer besser. Erst kommt der weltbeste Whisky aus Japan, nun auch noch Haute Cuisine – von der Imbissbude. Ich gratuliere! Bin gespannt, ob eine Frittenbude hierzulande auch sowas mal hinbekommt. Was sagen eigentlich andere Sterneköche zu dieser Wahl?
Naja es gibt zwar noch keinen Frittenbuden mit Michelin-Sterne, aber ich weiß von einer im Ruhrpott (bei oder in Bochum), die von einem ehmaligen Sternekoch geführt (wurde) oder immer noch wird. War mal da, war echt klasse!
Köstlicher Artikel;-)
Update: Mittlerweile musste der Wirt eins seiner Lokale schließen, weil sich die Anwohner über die langen Schlangen beschwert haben!
Grüße