Kurashiki 倉敷
Kurashiki – “Lager – Haus/Platz”. Der Name hat einen guten Grund.
Kurashiki liegt 15 km landeinwärts des Seto-Binnenmeers am linken Ufer des 高梁川 Takahashi-gawa (gawa=Fluss). Die gleichnamige Hauptstadt der Präfektur Okayama liegt ebenfalls nur rund 15 km entfernt von Kurashiki im Osten.
Die alten Lagerhäuser, Museen, Galerien usw. entlang der Kanäle im sogenannten Bikan-Viertel. Der Achi-Schrein.
Beschreibung
Kurashiki ist der Name des gleichnamigen Bezirks im Südwesten der Präfektur Okayama. Der gesamte Bezirk hat knapp eine halbe Million Einwohner und ist ein enorm wichtiges industrielles Ballungsgebiet – der Produktionsausstoss der Stadt ist der zweithöchste in Westjapan – nur in 大阪 wird mehr produziert. Die meisten Besucher kommen jedoch nicht deswegen hierher, und als Tagesbesucher merkt man von den ganzen Industriekombinaten nicht viel. In der eigentlichen Stadt leben ca. 200’000 Einwohner, aber auch das merkt man eigentlich nicht – im historischen Stadtzentrum.
Der Ort erhielt erst im Jahre 1928 offiziell das Stadtrecht, aber der Ort tauchte schon lange vorher in den Annalen auf. Der Ortsname erschien allerdings erst sehr spät – vorher war der Ort unter anderen Namen, darunter 阿智 Achi, 鶴形 Tsurugata u.a., bekannt. Diese sind heute Hügel im Stadtgebiet, waren damals aber noch Inseln in der Seto-Binnensee. Die Region um Kurashiki gehörte damals zur Provinz 吉備国 Kibi-no-kuni. Mit Beginn der Edo-Zeit Anfang des 17. Jahrhunderts begann man, dem Meer zunehmend Land abzugewinnen – einstige Inseln wurden somit zu Hügeln, und der 倉敷川 Kurashiki-Fluss wurde geboren – dieser prägt heute das historische Stadtzentrum, existierte damals allerdings nicht. Hinzu kam ein Geflecht von Kanälen, die auch heute noch zu sehen sind. Kurashiki wurde damals zu einem 代官所 Daikansho, dem Sitz des Lehnsherren einer Region. 1606 wurde auch eine Burg gebaut, doch jene wurde nur gute 30 Jahre später auf Druck aus Edo verlassen. Das heutige Zentrum des Ortes wurde zu jener Zeit unter Direktherrschaft des Bakufu gestellt.
Aufgrund der Rolle als Hauptortes der Region begann Kurashiki zu gedeihen. Der Ort wurde bekannt für seine Lagerhäuser sowie für seine Spinnereien. Da auch noch heute zahlreiche Bauten aus jener Zeit existieren, ist Kurashiki heute ein beliebtes Ausflugsziel. 1864 fand in Kurashiki der 倉敷浅尾騒動 Kurashiki-Asao-Aufstand statt, bei dem Kämpfer des Asao-Clans versuchten, den Vertreter der Regierung aus Edo zu töten. Jener war damals gerade auf Dienstreise, aber etliche Gebäude wurden damals niedergebrannt.
Seit dem 19. Jahrhundert wurde Kurashiki mehr und mehr zum Industriegebiet. Vor allem auf den Neulandinseln bei Kurashiki, darunter z.B. die Insel 水島 Mizushima, entstanden riesige Fabriken – unter anderem von Mitsubishi Heavy Industries, die dort Kampfflugzeuge montierten. Dementsprechend wurde die Stadt am 22. Juni 1945 Angriffsziel einer Flotte von geschätzten 110 amerikanischen Bombern. Die Betriebe wurden dabei stark zerstört, mit geringem Schaden in der Stadt selbst.
Schon seit Jahrhunderten spielte im Ort die Unternehmerfamilie 大原 Ōhara eine sehr wichtige Rolle – jene gründete 倉敷紡績 Kurabo Industries, ein riesiges Textilunternehmen, welches auch heute noch floriert, international aktiv ist und sehr viel zum Wohlstand der Stadt beitrug. Unter anderem durch die Einrichtung des 大原美術館 Ohara Museum of Art. Das Museum, beherbergt in einem für Japan sehr untypischen, neoklassizistischen Bau im Bikan-Viertel, zeigt Kunstwerke vieler mehr oder weniger alter europäischer Meister – unter anderem Renoir, Picasso, Matisse, Toulouse-Lautrec, Gauguin – aber auch japanische Grössen wie Shōji Sekine, Narashige Koide und andere findet man hier.
Eine weitere Hinterlassenschaft der Familie Ōhara ist der sogenannte 倉敷アイビースクエア Kurashiki Ivy Square im Zentrum der Altstadt. Dort stand früher das Verwaltungsamt während der Edo-Zeit. Später wurde auf der Ruine die Fabrik der Kurabo Industries Textilienfabrik gebaut. Das Ensemble besteht aus zahlreichen schönen Ziegelhäusern, viele davon efeuüberwuchert und heutzutage zu einem grossen Teil als Hotel genutzt. Für Kurzbesucher aus Deutschland in Japan nicht zwingend etwas Aufregendes, aber in Japan sehr beliebt da äusserst selten in diesem Teil der Erde anzutreffen.
Fazit: Das Bikan-Viertel von Kurashiki ist eine bedeutende Sehenswürdigkeit in Japan, mit einer schönen Mischung aus traditionell japanischer sowie europäischer Architektur. Die Kanäle mit den Trauerweiden sorgen für einen schönen Spaziergang. Für Liebhaber von Kunstmuseen ist die Stadt ohnehin ein Muss. Wer einige Wochen in Japan verbringt und in der Region weilt – sowie sich für Kunst und/oder Geschichte interessiert, ist der Ort definitiv einen Abstecher wert.
Anreise
Die Stadt liegt an der wichtigen 山陽本線 San’yō-Linie – jene verbindet Osaka mit 下関 Shimonoseki – dem Eingang zur Kyushu. Die Stadt liegt dabei zwischen Hiroshima und Okayama. Letzteres liegt nur 15 km entfernt – die Fahrt mit der JR San’yō-Linie kostet 320 Yen und dauert nur eine Viertelstunde. Mit einem normalen Zug von Hiroshima braucht man 2½ Stunden und kostet 2,520 Yen. Der Shinkansen hält auch in Kurashiki – der Bahnhof ist jedoch ein anderer, nämlich 新倉敷 Shinkurashiki (Neu-Kurashiki) und liegt 10 km vom Bahnhof Kurashiki entfernt (die JR San’yō-Linie hält auch dort). In diesem Fall gilt daher: Wer von Osten (Tokyo, Osaka) kommt, fährt besser bis Okayama und steigt dort in den normalen Zug um. Wer von Westen kommt, fährt besser bis Shin-Kurashiki und steigt dort um (allerdings ist auch vom Westen aus die Route über Okayama schneller, da nur die “langsamen” Shinkansen in Kurashiki halten).
In der Stadt beginnt die JR 伯備線 JR Hakubi-Linie – die fährt von der Ostküste Japans bis zur Westküste (das sind in Okayama nur 82 km) nach Yonako 米子. Die Strecke führt quer durch die Berge und ist sehr schön. Die Züge halten unterwegs auch in Bitchu-Takahashi.
Übernachtung
Im nahen Okayama übernachtet – deshalb keine speziellen Tipps.
Zu allgemeinen Übernachtungstipps siehe Übernachtungstipps Japan.