BlogYakushima Teil 2

Yakushima Teil 2

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Mangels Alternativen am Abend kommt hier der zweite Teil des Inselberichts – live aus Yakushima. Geschrieben auf dem Handy, und mit freundlicher Unterstützung eines Glases Mitake neben mir – ein auf der Insel gebrauter shōchu. Oh, aus dem Glas sind gerade zwei geworden, da der Barbesitzer meinte, aufgrund seines Geburtstages einen ausgeben zu müssen. Und soeben sind zwei Ausländer aufgekreuzt und haben gefragt, ob es hier Sushi gibt. Natürlich nicht, denn das hier ist eine Bar, ferkrissake! Und weg sind sie. Hier ist was los…

Sugi (Sicheltannen) bis zum Abwinken
Sugi (Sicheltannen) bis zum Abwinken
 Yakushima. Der erste Ort in Japan, der zum UNESCO-Weltnaturerbe erklärt wurde. Oh, das ist aber eine fette Kakerlake, die da gerade neben mir unter dem Tisch hervorgekrochen kommt. Jetzt bloss nicht ablenken lassen. Das mit der UNESCO fanden die Holzfäller auf der Insel natürlich ganz toll – plötzlich wurde die Holzfällerei verboten und die Leute begannen, die Insel zu verlassen. Aber dafür kamen dann die Touristen, um sich die Wälder anzusehen. Und eins muss man anerkennend sagen: Die Mühe, die man sich hier gibt, all die Wanderwege und Berghütten anzulegen und in Schuß zu halten ist sagenhaft. Ich habe selten so schön angelegte Wanderwege gesehen – sehr intuitiv geplant und, wie man so schön sagt, im Einklang mit der Natur. Darauf legt man hier viel Wert. Wer in die Wälder geht, wird angehalten, tragbare Toiletten mit sich zu führen und auf gar keinen Fall irgendwelchen Müll zu hinterlassen. Mit Erfolg. Ich habe nicht ein Stück Müll bisher gesehen.
 
Blick auf Miyanoura - auf halber Strecke
Blick auf Miyanoura – auf halber Strecke
 Die Hauptattraktion der Insel sind die Sugi – japanische Zedern. Und die bekannteste ist die Jōmon-Sugi – benannt nach der Jõmon-Periode und damit – angeblich – rund 6’000 Jahre alt. So genau kann man das jedoch nicht sagen, da die Sugi mit einem gewissen Alter innen hohl werden. Da ist also nichts mit Ringe zählen. Die Jōmon-Sugi ist neueren Schätzungen wohl “nur” 3’000 nochwas Jahre alt, aber selbst das ist für einen Baum natürlich phänomenal. Die Wanderung bis zu besagter Sugi dauert übrigens hin- und zurück knapp 10 Stunden. Banause, der ich bin, habe ich jedoch heute beschlossen, den alten Baum einen alten Baum sein zu lassen. Hauptgrund: Alle, die nach Yakushima kommen, pilgern dort hin. Darauf habe ich keine Lust. Stattdessen hatte ich die grandiose Idee, mit dem Fahrrad eine 10 km lange, mit Haarnadelkurven gespickte Strasse bis zur 600 Meter hoch gelegenen Shiratani-Unsuikyō (“Weisses Tal-Wolkenwasserschlucht”) zu fahren. Bei Sonnenschein, 33 Grad und 70% Luftfeuchtigkeit. Die Pausen erfolgten entsprechend nach 3 km, 5 km, 6 km, 6,5 km, 7 km, 7,2 km, 7,4 km, 7,5 km… Wie gesagt, es war eine wirklich grandiose Idee. Immerhin applaudierten mir ein paar Autoinsassen, als sie vorbeifuhren. Wahrscheinlich der gleiche höfliche Applaus, dem man jemandem, der dabei ist, etwas völlig Idiotisches anzustellen, zukommen lässt. Oder der Jesus Christus-Applaus: Danke, dass Du diese Strapaze auf dich nimmst. Oben angekommen, stellte ich erneut fest, dass Yakushima anders ist: Während es überall in Japan definitiv einen Imbiß und/oder Getränkeautomaten gibt, findet man auf Yakushima in den Besucherzentren genau gar nichts. Aber – immerhin gibt es überall frische Bergquellen im Überfluß, an denen man sich sein Wasser abfüllen kann. 
 
Wasser, Moos und alte Bäume - was will man mehr
Wasser, Moos und alte Bäume – was will man mehr
 Ich entschied mich für den 3-Stunden-Kurs: Drei Stunden Wandern quer durch den Wald, berghoch, bergrunter. Auch hier gibt es sehr viele Sugi, aber während die Jōmon-Sugi einen Stammumfang von 16 Metern hat, haben diese hier nur einen Umfang von 8 Metern. Bei einigen Bäumen kann man dabei drunter durchlaufen. Und alles, aber auch wirklich alles ist mit Moos bewachsen. Hinzu kommt, dass die Bäume wohl sehr viel Harz enthalten und deshalb nur schwer vermodern. Baumstümpfe von während der Edo-Zeit geschlagenen Bäumen liegen noch immer herum wie damals – nur eben jetzt mit Moos und Flechten bewachsen. Die Wälder von Yakushima dienten übrigens als Vorlage für die Wälder in Miyazaki’s “Prinzessin Mononoke”, und das ist einwandfrei nachvollziehbar. Das ist kein Wald, sondern ein Waldwald.
Am frühen Nachmittag ging es wieder zurück in den Hauptort Miyanoura. Natürlich war die Rückfahrt angenehmer als die Hinfahrt: Was vorher anderthalb Stunden dauerte, war nun in 15 Minuten pausenloser Abfahrt vollbracht. 15 Minuten, in denen ich dachte, dass es vielleicht doch keine sooo schlechte Idee war.
Immerhin war ich rechtzeitig zurück, um die imposanten Gewitter aus der Herberge heraus zu betrachten.
Fazit des Tages: 600 Meter Berg hochfahren mit einem 21-Gänge-Crossbike bei 33 Grad will gut überlegt sein. Das mache ich ganz bestimmt nicht noch mal. In diesem Jahr.

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

14 Kommentare

    • Das wird es sicher auch anderswo geben. Das ist eine DIN-A5 grosse, etwas dickere Tüte. Darin befindet sich eine Tüte mit Plastikstäbchen, das sich aufstellen lässt (man kann freilich nicht direkt drauf sitzen). Wenn das Ding voll ist, kommt es in eine andere, luftdicht verschliessende Tüte. Von aussen sieht das Ding so aus:
      https://flic.kr/p/x6HUuQ

  1. Danke für den amüsanten Beitrag.
    Und wie Christian: falls es sich bei besagter Toillete um mehr als eine Tüte handelt, hätte ich auch gerne ein Bild davon :D

  2. Die Toiletten würden mich auch interessieren..
    Und tröste dich, du bist nicht allein.. Erstens schreibe ich alle Blogeinträge auf dem Handy und zweitens hatte ich so eine grandiose Fahrradidee auch schon..
    Ungeübt mit 18Gängen Leihfahrrad mit zu großem 15kg Wanderruckack auf dem Rücken von Ikaho hoch zum Mount Haruna.. Im August versteht sich..

  3. Ja, bei Mitake werden bei mir recht schnell aus einem Glas mehrere Gläser. Also eigentlich bei jeder Art von Shouchu. Überhaupt komme ich selten nüchtern aus einem Izakaya, der spendablen japanischen Landbevölkerung zum Dank!

    • Yep. Ich war ehrlich gesagt anfangs überrascht vom Mitake. Der Geschmacksunterschied wird mit dem Wasser erklärt, aber bei rechter Betrachtung ist das nicht verwunderlich. Whisky lebt und stirbt ja schliesslich auch mit dem Wasser.

      • Wie kommt es eigentlich, dass der Mitake immer so verdammt schwer zu bekommen ist? Ein guter Freund meinte zu mir, dass sei alles eher eine Marketingmasche.
        Glücklicherweise werde ich immer durch den Bekanntenkreis meiner Frau reichlich mit Mitake eingedeckt. Ein Ausländer, der Shouchu lecker findet, scheint immer noch etwas besonderes zu sein. So bin ich einmal sogar in den Genuß einer Sakura Variante gekommen.
        Soviel Dankbarkeit kann ich garnicht an den Tag legen, wie nötig wäre.

  4. Jetzt versteh ich wieso Anime Charaktere sich so leicht in den Wälder verirren. Hätte es nicht für möglich gehalten, aber die Wälder sehen wie in den Animes aus und ich kann mir gut vorstellen das man sich darin sehr leicht verirren kann. Animes sind viel realistischer als ich gedacht habe.

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