BlogWie viele Deutsche gibt es eigentlich in Japan?

Wie viele Deutsche gibt es eigentlich in Japan?

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Jüngst geisterte ein Artikel über die Ein- und Auswanderung von Deutschen nach Japan durch die DinJ (Deutsche in Japan)-Mailingliste. Demzufolge wanderten im Jahr offiziell 735 Deutsche nach Japan aus und 592 kamen wieder in ihre Heimat zurück. Innerhalb der 10 Jahre von 2014 bis 2023 emigrierten offiziell 6730 Deutsche nach Japan und 5746 zogen nach Deutschland zurück. Verfolgt man die Daten über einen längeren Zeitraum – vom Jahr 2000 bis 2023, so zogen in den 24 Jahren 14’457 Deutsche nach Japan – und 13’373 zogen zurück, was ein Saldo von 1’084 Personen entspricht (es zogen also 1084 mehr Deutsche nach Japan als Deutsche von Japan nach Deutschland)1.

Migration Deutschland ⇆ Japan 2000-2023 (Quelle: Statistisches Bundesamt) Migration deutscher Staatsbürger Deutschland ⇆ Japan 2000-2023 (Quelle: Statistisches Bundesamt). Man beachte die starke Abwanderung im Jahr 2011 infolge der Dreifachkatastrophe.

Wie immer ist die Statistik mit Vorsicht zu genießen: Sie enthält mit Sicherheit nicht nur Deutsche, die wirklich auf Dauer nach Japan auswanderten, sondern auch Expats, die von ihren Firmen (allen voran Bosch, Mercedes Benz, TÜV Süd usw.) beziehungsweise Organisationen (Botschaft, Konsulat, Goethe-Institut usw.) für meist drei Jahre nach Japan entsandt wurden. Diese kehren natürlich turnusgemäß nach befristeter Zeit zurück. Nicht berücksichtigt sind sicherlich auch Deutsche, die von außerhalb Japans arbeitsbedingt nach Japan zogen – oder von Japan woanders hin zogen. Die Statistik sagt auch nur bedingt etwas darüber aus, wie viele Deutsche wirklich in Japan leben, denn in den 24 Jahren sind natürlich auch einige Deutsche in Japan verstorben – andere wiederum haben die japanische Staatsbürgerschaft angenommen und dürften somit ebenfalls aus der Statistik fallen.

Im Jahr 2013 erzählte mir der Botschafter, dass rund 6000 Deutsche dauerhaft (das schließt alle mit einem Visum, das mehr als 180 Tage lang gültig ist) in Japan wohnen – und diese Zahl scheint, erstaunlicherweise, noch immer aktuell zu sein. Sicher sind in diesen 12 Jahren viele weggezogen oder verstorben, andere kamen neu hinzu.

Die japanische offizielle Statistik von Mitte 20242 spricht übrigens von gut 8000 Deutschen, von denen gut 2000 eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung haben – gut 1000 wiederum haben ein Ehepartnervisum.

Das Fazit der Statistik ist jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht, dass die meisten, die nach Japan übersiedeln, irgendwann aufgeben – der Großteil wird von Anfang an gewusst haben, dass er nach ein paar Jahren wieder das Land verläßt. In dem Sinne bleibt die Zahl derer, die mit der festen Absicht nach Japan kommen, für immer hier zu bleiben, dann aber irgendwann aufgeben, unbekannt. Diese Fälle gibt es natürlich mit Sicherheit, denn nicht alle schaffen es, in Japan Fuß zu fassen.

Im Laufe meiner 20+ Jahre habe ich natürlich auch zahlreiche Deutsche getroffen, die sich hier permanent niedergelassen haben. Der einzig häufiger anzutreffende gemeinsame Nenner ist die Liebe: Viele haben sich irgendwo auf irgendeine Weise in einen japanischen Partner verliebt und endeten dann in Japan. Nicht wenige blieben in Japan selbst wenn das mit der Liebe vorbei war. Ansonsten gibt es nicht allzu viele Gemeinsamkeiten – die beruflichen Hintergründe sind sehr verschieden, ebenso der Aufenthaltsort in Japan: Ob auf der entfernten Insel Yakushima oder im ländlichen Yamanashi – nach kurzen Unterhaltungen mit Einheimischen hört man immer irgendwie schnell, dass hier und dort jemand aus Deutschland wohnt – und gut integriert ist, wie man so schön sagt.

Vor fast 14 Jahren hatte ich zu dem Thema mal eine Umfrage unter dauerhaft in Japan lebenden Deutschen gestartet – ein gutes halbes Jahr nach der Erdbeben/Tsunami/AKW-Katastrophe – das Ergebnis kann man hier einsehen. Allzu viel wird sich seitdem sicher nicht geändert haben – einige kommen richtig gut aus in Japan, andere schlagen sich eher so durch.

Was mich jedoch immer noch etwas wundert, ist die Tatsache, dass es im Raum Tokyo keinen vernünftigen/öffentlichen Stammtisch zu geben scheint (es gibt einen regelmäßigen Stammtisch der Deutschen in Nagoya) – aber ich mag mich da irren. Falls also jemand etwas über Stammtische in Tokyo und anderen Gegenden Japans weiß, nur her damit – eine Auflistung solcher Veranstaltungen wäre sicherlich im Interesse einiger Leser.

  1. Quelle: Statistisches Bundesamt
  2. siehe hier
tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

2 Kommentare

  1. Zum Thema Stammtisch: In Osaka soll es einen deutschen Stammtisch (von Deutschen fuer Deutsche organisiert) geben, aber nichts Genaues weiss man nicht…
    Auf Hokkaido waren es lt Auskunft des Maedels, die das mittlerweile geschlossene Honorarkonsulat in Sapporo betreute, im Jahr 2010 insgesamt 45 deutsche Staatsbuerger, die laengerfristig hier lebten. Da die Insel praktisch so gross ist wie Oesterreich, ist das mit einem Stammtisch nicht sooo einfach.
    In Tokyo gab es frueher (bis zum Ende der “Bubble”) in Ichigaya eine deutsche Kneipe, die “Pauke”, wo sich die “inoffiziellen” Deutschen locker am Stammtisch trafen, wenn der Wirt (Jahrgang 1910!!) auch dort war. Rudi hatte vorher die Kneipe “Bei Rudi” aufgebaut und innegehabt und 1975 verkauft und dann die “Pauke” hochgezogen und war bis ins hohe Alter zweimal die Woche vor Ort, bis er 1991 abberufen wurde…
    Die “offiziellen” Deutschen scheinen sich eher in “Bernd’s Bar” in Roppongi zuzuprosten…

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