BlogVolksbelustigung Fischmarkt: Die Touristenplage

Volksbelustigung Fischmarkt: Die Touristenplage

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Es gibt kaum einen Reiseführer, der ihn nicht als absoluten Geheimtipp und must-see auflistet: Der 築地市場 Tsukiji-Markt, Tokyos und vielleicht sogar der Welt grösster Fischmarkt. Ein 23 Hektar grosses Gelände mit riesigen Lagerhallen, einem Geflecht unzähliger kleiner Läden, geschätzten 1,000 Zwischenhändlern, vielen kleinen Sushiläden, Kneipen usw. usf. Tsukiji ansich ist auf jeden Fall einen Abstecher wert, auch am Tage und am Abend, aber Reiseführer erwähnen den Ort vor allem wegen der Fischauktion im Allgemeinen und der Thunfischauktion im Speziellen. Der Grund dafür ist die Atmosphäre, das Geschrei, die grossen, gefrorenen Thunfischkadaver und all das andere Meeresgetier, das man höchstens mal bei Sielmann zu Gesicht bekam.
Aber was muss man da hören – die Touristen benehmen sich ganz unanständig, stören durch ihre blosse Anwesenheit das Treiben, fassen die Ware an, fotografieren trotz Verbotes mit Blitzlicht! Was also tun? Der Besucheransturm hat in den letzten Jahren eindeutig zugenommen, trotz der Tatsache, dass die Auktion um 4:30 morgens beginnt und vor um 6 zu Ende ist.
Aus Verzweiflung sperrte man neulich sogar die Auktion für Besucher, doch vergrellen möchte man die Touristen auch nicht – immerhin will man 10 Millionen Touristen pro Jahr nach Japan locken.
Mittlerweilen ist Tsukiji wieder für Besucher geöffnet, aber man hat nun eigens Ordnungspersonal angeheuert und den Zugang begrenzt – jetzt dürfen nur noch 140 Besucher zur Auktion (an manchen Tagen kamen wohl bis zu 500). Ausserdem müssen sich Besucher Warnwesten anziehen und dürfen nicht mehr frei in der Gegend zwischen all den Waren herumstehen.
Wie es nunmal so ist, war ich trotz zahlreicher Jahre in Japan noch nie bei der Auktion, obwohl sie bestimmt ganz interessant ist. Dabei ist Tsukiji von hier gerade mal 20 Minuten entfernt. Wenn ich mir allerdings Thunfisch ansehen möchte, gehe ich dann doch eher ins benachbarte Meeresmuseum (dort schwimmen lebende Exemplare herum) oder zum Sushiladen.
Das Wort des Tages: 魚市場 uo-ichiba. Uo = Fisch, ichiba = Markt.

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

5 Kommentare

  1. Ich schaffte es bislang auch noch nicht an die Auktion, in erster Linie wegen der Tageszeit! ;)

    Andernorts löst man übrigens das gleiche Probleme mit einer Online-Anmeldung und allenfalls einer Gebühr. So muss man niemanden abweisen … nun muss man wohl eine Freinacht einlegen um rechtzeitig am Fischmarkt zu sein.

  2. Ich kann das vollends nachvollziehen, meinetwegen sollen sie die Auktionen für Touristen ganz sperren!

    Was soll das auch? Da kommen dann ein halbes Tausend Leute und begrapschen die Ware, nerven die Leute und stehen im Weg rum… das ist doch kein Freizeitpark!
    Die Bereiche mit den Restaurants und Geschäften können ja weiter frei zugänglich sein, aber im arbeitenden Betrieb stören die meisten Touristen nur den Ablauf.

  3. naja, es sind ja nicht nur die ausländischen reiseführer die tsukiji listen, die stadt tokyo selbst publiziert das auch ganz groß. da hat man sich wohl nicht den eigentlichen händlern abgesprochen und war nun völlig überrascht, dass so viele leute kommen.

    ich habe durchaus vertrauen, in respektvolle touristen, die ja in tokyo auch sushi essen, und so auch die preise bei den auktionen hoch treiben werden. im endeffekt schadet es niemanden, sofern es zivilisiert zugeht.

    ich war wie der autor noch nicht dort, steht aber auf meiner liste. ich hab allerdings den presse-vorteil beim betreten ;)

  4. @Bastian:

    Eigentlich ist in dem Auktionsraum in der Mitte ein Bereich extra für Touristen, damit diese eben nicht im Weg rumstehen. Und der Bereich ist auch weit genug von den Fischen weg, so dass diese eben nicht begrapscht werden können.

    Das Problem sind halt die Leute, die das ganze für eine reine Touristenatraktion halten und nicht begreifen, dass da Leute ihrem Broterwerb nachgehen. Die keinen Respekt vor den Leuten dort, und der Arbeit, die diese leisten, haben.

    Die Auktion dort ist eine interessante Sache, sollte man zumindest einmal gesehen haben, finde ich. Es ist in meinen Augen auch ein Teil der japanischen Kultur, die eben doch aus mehr besteht als nur Tempeln, Schreinen und Anime.
    Wäre schade, wenn soetwas wegen einiger Vollidioten, die im Urlaub sämtliche Benimmregeln über Bord werfen, für die Öffentlichkeit gesperrt würde.

    Irgendwo hab ich noch einige Videoschnipsel von Tsukiji, werde mal über das lange Wochenende schauen, ob ich die noch finde.

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