Noch einmal ein kurzes Update zur Lage der Nation und des Authors – knapp zwei Wochen nach dem schweren Erdbeben, welches – ein Leser hatte sich bereits gewundert – schon eine ganze Zeit lang anders genannt wird, nämlich das 2011 Tōhoku-Pazifik-Erdbeben. Es wird sich jedenfalls auf lange Zeit in das Gedächtnis einbrennen.
AKW Fukushima und Folgeschäden
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Die Lage ist nachwievor ernst, auch wenn sich die Medien zumindest ein bisschen abgewendet haben. Hin und wieder tritt Rauch aus dem AKW auf und man weiß scheinbar nicht so recht, warum. Zumindest ist aber zu allen Blöcken Strom gelegt worden, und scheinbar ist man momentan mit einer Bestandsaufnahme beschäftigt: Was funktioniert noch und was nicht. Die Arbeiter vor Art riskieren dabei nachwievor ihr Leben – so wurden heute offensichtlich zwei Arbeiter vor Ort stark verstrahlt – zumindest deren Füße, aber bis zu einem Grad, bei der man von Strahlenverbrennung reden kann.
Allmählich kommen auch die Folgeschäden ans Licht. Zwar sind die Strahlenwerte in der Hauptstadtregion stabil und sehr niedrig (Leute, die zum Beispiel wegen der Lage nach Deutschland zurückgeflogen sind, haben allein durch den Flug eine weitaus höhere Strahlenbelastung erlitten als die, die in Tokyo zurückgeblieben sind, aber das nur am Rande).
Jedoch sorgt das für diese Jahreszeit eher ungewöhnliche Wetter (es ist recht kalt, und der Wind weht oft aus dem Norden) dafür, das es zum Beispiel gestern und vorgestern durch den Dauerregen zu einem starken Eintrag radioaktiven Jods in die Trinkwassereinzugsgebiete von Tokyo und Saitama kam. Die Werte überschritten zeitweise den Grenzwert der für Säuglinge zugelassenen Höchstgrenze um das Zweifache. Verständlicherweise war prompt alles Wasser aus Flaschen innerhalb kürzester Zeit ausverkauft.
Heute lagen die Werte wohl wieder unter dem Grenzwert, aber mit diesem Problem werden wir hier mit Sicherheit noch eine Ganze Weile zu kämpfen haben. Und mit den weiteren Folgeproblemen – in Punkto verstrahlter Nahrung, vor allem bei Gemüse, Milch- und Fleischprodukten und Meerestieren, stehen wir wahrscheinlich erst ganz am Anfang diverser Hiobsbotschaften.
Grund dafür ist freilich auch schlichtes Unwissen: Im Fernsehen wurde ein Milchbauer interviewt, dem es aufgrund der hohen Radioaktivität in seiner Milch untersagt wurde, die Milch zu verkaufen. Er war völlig enttäuscht – und kippte vor den Augen der Kameraleute die komplette Milch in die Jaucherinne. Klar, warum nicht, ist ja auch nur kontaminiert – was soll man sonst damit machen. Der Stadt hat dabei jedoch schon zugesagt, dass die Bauern entweder durch den Betreiber Tepco oder den Stadt entschädigt werden.
Der Stromversorger der Insel Kyūshū kündigte heute übrigens an, zwei seiner zur Zeit in Wartung befindlichen Meiler eventuell vorerst nicht mehr anzustellen, da man keine Akzeptanz von der Bevölkerung erwarten könne. Es handelt sich um das AKW in 玄海 (Genkai) in der Provinz Saga. Sollte man diese Ankündigung wirklich wahrmachen, dürfte sich Kyūshū auch auf Stromausfälle im Sommer gefasst machen.
Es wird übrigens immer schwieriger, verlässliche Neuigkeiten über das AKW Fukushima I zu bekommen – die Nachrichten (auch in Japan) beginnen, sich eher mit anderen Dingen zu beschäftigen. Die wenigen Nachrichten klingen zum Teil auch absurd bzw. unbrauchbar: “Licht im Kontrollraum des Blocks 1 funktioniert wieder” oder “rechte Pumpe der Anlage so und so scheint kaputt zu sein”. Es ist eine skurrile Situation, denn niemand gibt Entwarnung – das AKW muss sich scheinbar in einer Art Status Quo befinden.
Norden
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Man müht sich, es geht Schritt für Schritt voran, aber – es wird wirklich sehr lange dauern, bis das Gröbste überstanden ist. Die Lage am AKW Fukushima sorgt nun leider auch dafür, dass Ortschaften und Städte unweit des AKW mehr und mehr leiden müssen: Heute meldete sich der Bürgermeister der Stadt Iwaki recht unjapanisch-laut zu Wort und kritisierte die Regierung heftig: In der Stadt gehen mittlerweilen die Nahrungsmittel zu neige, keiner liefert mehr, das Wasser ist radioaktiv verseucht usw. Die Gegend wurde nicht allzu sehr zerstört beim Erdbeben – weshalb man es scheinbar nicht für nötig hielt, den Ort in Notfallpläne aufzunehmen. Überhaupt: In besonders gefährdeten Gebieten werden regelmässig Tsunami-Übungen sowie im ganzen Land Erdbebenübungen abgehalten. Übungen für Störfälle im AKW wurden unter den Anrainern scheinbar jedoch nie abgehalten, weshalb keiner so recht zu wissen scheint, was eigentlich los ist.
Sonstiges
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Die planmässigen Stromausfälle gehen weiter – aber wie in anderen Updates schon angedeutet, wird dies noch über Monate weitergehen. Ansonsten versucht sich jeder so gut wie möglich, sich der Arbeit zuzuwenden. Die Nachbeben haben an Frequenz scheinbar abgenommen – die letzten fünf Stunden waren komplett bebenfrei, und das gab es schon lange nicht mehr. Dafür hatte es am Vormittag mehrfach relativ kräfti gewackelt.
Vom deutschen Botschafter in Japan gab es einen netten Aufmunterungsbrief an alle Deutschen in Japan. Schräg eingescannt und als PDF verschickt. Kann es denn so schwer sein, ein ausgedrucktes Blatt halbwegs gerade zu scannen? Scheinbar schon. Aber egal. Hauptsache, unseren Botschaftern geht es gut in Osaka.
Die Lufthansa fliegt derweilen wenigstens wieder direkt nach Tokyo. Und die ersten Reporter scheinen sich auch wieder in die Hauptstadt zu wagen. Wissen die etwas, was ich nicht weiss!?
Und sonst…
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Auch ich versinke zur Abwechslung wieder in Arbeit. Mein Schwiegervater wohnt noch bei mir, aber ich sehe ihn kaum. Heute morgen sah ich ihn allerdings – als er um 6 aufstand und ich um 6 schlafen ging (war bis 4 Uhr arbeiten). Morgen kommen dann endlich meine Frau und die Kinder zurück. Und sie haben vorgesorgt: Aus Kōbe haben sie bereits eine riesengrosse Kiste mit Gemüse aus Kansai sowie, später, noch ein paar Kisten mit Wasser geschickt.
Ach, in was für einer Zeit sind wir doch gelandet….
Hi!
Ich lese regelmäßig deinen Bericht über die Lage in Japan. Ohne Über- oder Untertreibung.
Ich freue mich für dich, wenn Eure Familie in Kürze wieder vereint sein wird.
LG Mauve
Den letzten Satz fand ich so unglaublich treffend. Angesichts dessen was in der Welt so vorgeht, könnte man meinen, alle haben eine ordentliche Meise.
Interessanter Verweis auf die Notfallübungen. Niemals davon gehört, dass hier so etwas in der Region um AKWs stattfinden würde. Vielleicht möchte man hie wie da einfach nur “die Bevölkerung nicht unnötig beunruhigen”? Wie so oft kommt mir auch aufgrund Deines Artikels der Gedanke, dass alle immer meinen es sei ja “alles gar nicht so schlimm”. biss es rumpelt… und während allen die Kontrolle entgleitet fällt man in die typischen Verhaltensmuster zurück und lernt einfach nicht dazu. *kopfschüttel* Deine Anmerkung zu den Nachrichten spricht dazu Bände. Natürlich auch kein japanisches Phänomen.
Mußte heute sehr schmunzeln — ärgern will ich mich über die Presse hier nimmer– anläßlich der Frage im Morgenmagazin ob denn die mittlerweile angekommene Radioaktivität aus Japan für uns gefährlich sein. Der leicht zottelige Experte mußte deutlich sichtbar an sich halten um nicht lauthals loszuprusten. Er mühte sich redlich, darauf hinzuweisen, er hätte keine Jodtabletten und man brauche auch keine.
Eine Frage zur Wasserversorgung in Japan, falls Du das weißt. Woher bezieht der Ballungsraum Tokyo sein Wasser? Ist das üblicherweise Bergquellwasser und durch die Berge gefiltertes Regenwasser? Sollte das so sein wäre der Niederschlag stärkerer Isotope in den Bergen doch ein extrem ernstes Problem, oder nicht?
Weiterhin gedrückte Dauemn von hier aus.
Hallo, ich habe gerade Deinen blog gefunden. Danke, dass ich mehr erfahre von eurer Situation. Ich werde Dich verlinken und einfach lesen. Sollte in Fukushima noch weiter mit Meereswasser gekühlt werden, dann können sich Salzkristalle an den Stäben festsetzen und verhindern, dass eine weitere Kühlung möglich ist.
Liebe Grüße an Dich und Deine Familie margit
Hallo ,
danke dass du uns weiter berichtest.
Denn neben Lybien werden hier eigentlich nur noch Rauchwolken über dem AKW verkündet.
Die Diskussion der in Deutschland angekommenen Radioaktivität habe ich auch mitbekommen. Wenn man sich dann im Kollegenkreis umhört bekommt man nur noch ein Schmunzeln ins Gesicht. Wenn man dann, als Schilddrüsenkranke, noch gefragt wird ob man denn Jodtabletten überdosieren kann oder ob es auch rezeptfreie Präparate bekommt, kann man nur noch laut loslachen.
Dir und deiner Familie eine schöne Zeit
Viele Grüße aus Potsdam
Hallo Tabibito, ich lese Deine Seite seit dem 11.März und bin dir sehr dankbar für aktuelle Informationen direkt aus Tokio.Mein Sohn hat einen Studienplatz in Tokio, er soll dort am 1.4. anfangen. Ich habe lange gehofft, dass die Uni den Anfang von sich aus verschiebt, bis die Lage im AKW stabiler ist. Aber es sieht bis jetzt nicht danach aus.Wir sind sehr unsicher, ob wir ihn fliegen lassen sollen – oder lieber noch ein paar Wochen abwarten, bis sich die Lage geklärt hat? Das auswärtige Amt will seine Reisewarnung so lange aufrecht erhalten, bis die Reaktoren wieder stabil gekühlt werden können.Falls das überhaupt geht…Kannst du aus deiner Sicht eine Empfehlung abgeben? Viele Grüße und alles Gute für Dich und deine Familie Tapi
Ich finde dein Verhalten gegenüber deiner Familie unverantwortlich. Es ist doch glasklar, dass bei Katastrophen dieser Art IMMER von der Regierung gelogen wird und immer nur so viel zugegeben wird, wie nicht mehr zu verschleier ist.
Wenn die Panik bald startet, kommt ihr nicht mehr weg von der Insel.
Wie willst du deinen Kindern das einmal erklären, warum sie schlimme Schädigungen haben?
Jaja, du wirst jetzt sagen “alles nur Panikmache”. Ich wünsche dir, dass du recht hast.
@Reinhard. Ich bin ebenfalls der Meinung, dass die Behörden und Tepco der Lage nicht wirklich Herr sind, bin aber trotzdem froh, dass sie besonnener reagieren als sie. Solch eine Panikmache würden mehr Menschen gefährden als es helfen würde.
Da gibt es einen interessanten Versuch mit einem Frosch in einem Topf Wasser: Wenn man das Wasser langsam erhitzt, bleibt er drin sitzen, bis er gekocht ist.
Die Regierung in Japan ist nicht besonnen, sondern a) korrupt und mit TEPCO verbandelt, und b) hilflos.
Außerdem geht es in Japans Firmen zu wie im Feudalismus früher hier in Europa. Die Firma ist das Wichtigste. Also bleiben die Angestellten da wo sie sind. In quer/ARD gab es ein Interview mit einer Japanerin. Sie erzählte, dass man von den Kollegen als Verräter beschimpft wird, wenn man flüchtet. Also bleibt man und hofft, dass es nicht so schlimm wird. Berichte über die Lage, die dem entgegenstehen, werden als Panikmache abgetan. AKWs sind nicht versichert, TEPCO ist pleite. Und wer durch eine Flucht seine Arbeit verliert, hat keine Existenz mehr. Da gehört dann schon Mut dazu, trotzdem zu gehen. Auf der ganzen Welt stehen Hotelburgen leer, weil grad keine Urlaubssaison ist. Ein beherztes Angebot, die Betroffenen aufzunehmen (Spenden gibts ja), und das Problem wäre für viele kleiner. Ich hoffe das beste für alle.
@Patrick
Dennoch – when panic – panic first.
die Erde scheint sich ja langsam wieder zu beruhigen. Was schon einmal positiv ist.
Zu Daiichi, ich hoffe das sie die Kühlungsprobleme bald in den Griff bekommen werden. Zu betonnieren ist, ja keine Lösung. Aber da ja Amerikander und die IAEA auch Fachkräfte schicken bin ich sicher/hoffe es sehr, das sie es schaffen.
Für alle Paniker hier, die Strahlenwerte des Leitungswasser in Tokyo sind überigens schon wieder zurück gegangen unter den Gernzwert. Hoffen wir einfach nur das es nicht wieder regnen kommnt.
Zwei andere Fragen an dich Tabibito:
1. (Musst du nicht beantworten wenn du nicht willst) Aber warum umgottes Willen arbeitest du bis 4.00 Uhr morgens? bzw. wann fährst du am morgen zur arbeit? Ich hoffe ja nicht das du 9.00-4.00 arbeitest. Bist nur du so oder ist das in eurer Abteilung die Regel, oder arbeitet ihr in einer Zweigstelle für Europa (Zeitverschiebung und so)?
2. Haben die Stromausfälle / Energiesparmassnahmen für dich bei der Arbeit eine bedeutung? Ein Freund aus Yamanshi erzählt mir, das die Frima nicht mehr die Büros beheitz um Strom zusparren. Er meinte es wäre im momment nicht einfach bei guter Gesundheit zu bleiben darum, er hoffe das auch bald wieder der Frühling kommt. Ist sowas bei euch ein Thema in der Frima?
lg blogreader
@Reinhard.
Ich denke, Tabibito wird recht gut die Lage einschätzen können und bemisst Meldungen aus Regierungs- und Tepco-Kreisen nicht mit höchsten Werten.
@Tabibito.
Die Medienjünger von RTL haben auch schon wieder in Tokyo Fuß gefasst und ich bin nicht gespannt, was sie predigen.
Nachdem in Japan soviele Menschen durch den Tsunami gestorben sind, fand ich in Deutschland die weinenden und hysterischen Frauen voll krass die wegen dem Tod von Knut dem Eisbären voll ausgeflippt sind.
@Spokekiller
Soweit ich weiss, bezieht ein Grossteil der Hauptstadt sein Wasser aus dem Norden der Kantō-Ebene, rund um den Edogawa. Dürfte ein Gemisch aus Untergrundwasser und Flussauenwasser sein, aber für genaurere Informationen müsste ich mich auch wieder reinlesen und nachforschen. Früher wusste ich das mal genauer…
@Tapi
Nein, von mir kann ich leider keine Empfehlung abgeben – die Verantwortung kann ich nicht übernehmen. Es hängt auch ein bisschen davon ab, wo Ihr Sohn studieren und wohnen wird. Sollte dies nicht im Stadtzentrum von Tokyo sein, sollten Sie es sich gut überlegen – denn das ganze Verkehrssystem ist aufgrund der planmässig durchgeführten Stromausfälle ein bisschen aus den Fugen.
1. April oder ein paar Wochen später – ich weiss nicht, aber es sieht ganz danach aus, als ob sich die Lage am AKW so schnell nicht beruhigen wird. Das Ausmass der Schäden wird erst allmählich klar, und das AKW komplett zu stabilisieren wird sehr lange dauern. Wägen Sie es ab, nach den wenigen Fakten, die wirklich feststehen. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass Sie sich Sorgen machen werden, so er ab sofort in Tokyo ist. Ob die Sorgen berechtigt oder unberechtigt sind, wird sich zeigen.
In Punkto Reisewarnung des Auswärtigen Amtes – die amerikanische Regierung warnt lediglich davor, sich in einem Umkreis von 80 km vom AKW aufzuhalten. Welche Regierung hat recht? Ich weiss es nicht. Ehrlich nicht.
Ihr Sohn sollte jedoch alt genug sein, um die Risiken selbst etwas abzuschätzen.
@Reinhard, @Anne
Absolut überflüssige Kommentare voll hohler Phrasen, absurden Vorschlägen und wenig Konstruktivem. Aber gut, dass ist halt eine andere Meinung, und vielleicht wisst Ihr ja auch etwas, was ich nicht weiss. Ich kann Euch aber versichern, dass hinter unserer Entscheidung mehr steht als eine schlichte schwarz-weiss-Denkensweise. Da gibt es sehr viel mehr abzuwägen als Ihr Euch vorstellen könnt.
@blogreader
1) Kommt gelegentlich vor, wenn auch nicht sehr oft. An dem Tag war ich von 10 Uhr morgens bis 4 Uhr nachts im Büro. Sowas passiert gelegentlich, wenn sich ein grosses Projekt dem Ende nähert.
2) Für uns kaum – unser Büro ist in einer sicheren Zone, in der der Strom nie abgestellt wird. Aber wir versuchen auch, zu sparen, indem wir unnötige Maschinen (sprich Server, Computer usw) nicht im Standby-Modus lassen sondern ganz ausstellen, die Kliamaanlage weniger oft benutzen usw.
@ppm
Danke! Immerhin bin ich schon erwachsen :)
“@Reinhard, @Anne
Absolut überflüssige Kommentare voll hohler Phrasen, absurden Vorschlägen und wenig Konstruktivem. “
Warum so unfreundlich? Weder habe ich den Beitrag von Anne überflüssig gefunden, noch die Meinung von Reinhard unbegründet.
@Tabibito Wie du meinst. Ich kann mir tatsächlich nicht vorstellen, was es da noch abzuwägen gäbe, aber jeder setzt seine Prioritäten selbst. Ich lasse dir deine Meinung. Zu “hohle Phrasen”: das ist nur die Zusammenfassung aller langen Artikel und Meldungen, die ich – und wohl auch Reinhard – gelesen und gehört habe. Mich gruselt.
Lieber Tabibito,
ich habe die Artikel zur jetzigen Situation mit grosser Bewunderung gelesen – sie geben die Realitaet wieder, wie sie ist und sind dem, was so in der deutschen Presse zu finden ist, haushoch ueberlegen.
Kein Wunder, die Korrespondenten sitzen ja genau wie die deutsche Botschaft ziemlich weit weg vom Geschehen und scheinen oft der Sprache hier auch nicht maechtig zu sein.
Ich wohne mit Familie in Yamanashi und habe diese Briefe vom Botschafter auch erhalten …
Die deutsche Panikmache ist wirklich unertraeglich und es ist schade, dass es einige dieser Besserwisser bis in diesen Blog geschafft haben. Lassen Sie sich nicht unterkriegen davon!
Dehamata,
C-chan
@ Juergen: Nicht nur die, die wegen Knut geweint haben, sondern auch die, die sich wegen Japan anstellen, als ginge es um sie persönlich – obwohl sie NICHTS mit Japan zu tun haben (okay, vielleicht haben sie mal Sailor Moon gesehen)- gehen mir irgendwie auf den Geist. Mitgefühl in allen Ehren, aber wem nützt es, wenn Leute in Deutschland Panik schieben und hysterisch werden?
Die Japaner, die ich kenne, haben sich alle eifrig (und wesentlich besser gelaunt als wir Deutschen) ans Spendensammeln gemacht.
Oja – die deutsche Panikmache ist wirklich unerträglich!
Lest mal das hier und macht euch eure Gedanken:
http://www.politaia.org/umwelt-und-gesundheit/chemtrails/einige-wirre-gedanken-zu-fukushima-politaia-org/
@julia: ich sehe weit und breit niemanden, der Panik schiebt oder hysterisch ist wegen Japan. Hast du so eine Hysterie persönlich erfahren? Ich hoffe nicht, dass du damit die Atomkraftgegner meinst. Denen kann keiner vorwerfen, dass sie jetzt auf die Straße gehen und demonstrieren. Oder glaubt hier wirklich noch jemand, dass die Kernenergie beherrschbar ist?
Ich finde es völlig daneben hier anderen Unverantwortlichkeit vorzuwerfen und mit hanebüchenen Beispielen daherzukommen. Wer bis jetzt noch nicht gemerkt hat, dass insbesondere die dt. Presse durch ihre reisserische und spekulative Darstellung die Situation hier bis zur Unkenntlichkeit verzerrt hat, der sollte sich vielleicht fragen ob man nicht schon gehirngewaschen ist. Ich habe Freunde bei dt. Nachrichtenagenturen und Pressehäusern, die sich gewaltig schämen für das was da ablief und dass selbst sonst seriöse Medien auf den Panikzug aufgesprungen sind. Dass man nun anderen Leuten die 9000km weit entfernt unter komplett anderen Umständen leben, “Ratschläge” gibt wie sie das eigene Leben und das ihrer Familie bestimmen sollen, das schlägt ja wohl dem Fass den Boden raus. Und dies alles aus Europa wo man sich doch für so aufgeklärt hält und Individualität lobpreist (während man den Rest der Welt für noch im Mittelalter zu leben glaubt).
Es ist zudem widerlich zu sehen wie die anfänglich grosse Bestürzung und tiefes Mitgefühl aus dem Ausland sich allmählich in eine keifende Fratze verwandeln, und in der typischen Manier im Schlagabtausch Vorwürfe gestützt auf Besserwisserei und Hörensagen ausgeteilt werden – über ein Land über das man offensichtlich nicht wirklich was weiss ausser dem was schon alle anderen wiedergekäut haben. Nicht wenige haben die Ereignisse nach dem 11. März genutzt um als “Experte” v.a. die eigene Person zu profilieren.
Helfen tut das in Japan keinem und man verkennt offensichtlich die Situation wie wir sie hier vor Ort erleben. Die Aufmerksamkeit gilt hier seit langem wieder den Leuten in den zerstörten Gebieten, bereits als in Deutschland noch der Super-GAU propagiert wurde.
Das soll nicht heissen dass hier alles makellos abläuft. Tepco und die Regierung geniessen bei der Bevölkerung kein allzu grosses Vertrauen. Japan hat wie wohl jedes andere Land der Welt, keine reine Weste.
@Lynn
Mir fehlen die Worte. An solche Hirngespinste glauben Sie doch nicht im Ernst??
Was ist denn mit dem Tsunami? Glauben Sie, da hat die Atommafia im Pazifik herumgeplantscht oder was?
@ディーン
Sie sprechen mir aus dem Herzen.
@ Sanna: Abgesehen von dem, was ディーン erwähnt, sehe ich durchaus normale Deutsche, die Japan nur als Fleck auf dem Globus kennen und durch einschlägige Fernsehserien, die weinen, weil alles so schrecklich ist, und erst einmal “eine Pause” brauchen.
Vielleicht bin ich einfach zu unsensibel, aber ich denke mir, was soll das?
Klar bin ich auch traurig, ich mache mir Sorgen um Freunde in Japan, und ich bin auch einmal kurz schwach geworden (abends, alleine) und habe etwas geweint, aber wem hilft denn das? Und habe ich überhaupt das Recht zu weinen, wenn es mir doch eigentlich gut geht?
Wie gesagt, die Japaner hier haben sich alle engagiert und gut gelaunt (zumindest scheinbar) ans Spendensammeln gemacht, während fast alle meine Kommilitonen der Japanologie seit dem 11. Gesichter ziehen wie drei Tage Regenwetter, obwohl es ihren Freunden drüben ebenfalls gut geht. Wieso?
Ups, das ist ganz schön lang geworden, entschuldigung. ^^;
Seltsamerweise hörte ich von befreundeten Halbjapanerinnen im Ausland oder Leuten die eine persl. Beziehung zu Japan haben, dass sie nur mit Mühe an sich halten können und auch mal in Tränen ausbrechen. Wenn jemandem danach ist und es ihm nachher besser geht, warum auch nicht. Das Mitgefühl aus dem Ausland wird hier sehr geschätzt, andererseits fragten wir uns hier auch “Nanü? Was ist denn jetzt los?”. Warum? Nun, hier hab ich keinen gesehen der verzweifelt war, geheult oder sonstwie ein Regenwettergesicht gezogen hätte (natürlich abgesehen von Leuten in den verwüsteten Regionen). Auch die Atmosphäre in den Morgenzügen, in der Stadt und im Ausgang ist nicht gedrückt sondern wie immer. Und das soll man jetzt nicht in den Topf der “gefühlskalten Japaner die keine Emotionen zeigen” werfen. Ich sprach mit Shopbesitzern, Köchen, Leuten auf der Strasse, Beamten und Studenten. Mehr oder weniger sagen alle dasselbe, zudem in bemerkenswert ruhigem Ton und gut gelaunt. Sie hätten zwar Angst und seien verunsichert, aber so wäre es halt. Weg irgendwohin flüchten könne man schliesslich nicht, daran hätten sie nicht mal gedacht. Vielleicht, und das ist nur meine Vermutung, reagieren Menschen die mehr oder weniger unmittelbar betroffen sind ganz anders. Ich glaube das nennt man Lebenswille.
[…] der Außenmauer genau jener Botschaft, die sich kurz nach dem Erdbeben erstmal selbst in Sicherheit gebracht hatte, ohne die bei Ihr registrierten Bundesbürger irgendwie zu informieren, klebten riesengrosse […]