Nun widmen sich ja einige Blogger dem Strassenverkehr in Japan – speziell für Autofahrer. Da Linksverkehr, muss es einem ja sowieso schon mal suspekt vorkommen hier. Wie sieht es mit Radfahrern aus? Ich bin ja seit jeher passionierter Radfahrer. Weniger jemand, der mal ebend 300 km am Wochenende abradelt, sondern jemand, der zwar nur kurze Strecken fährt, dafür aber quer Beet und / oder ziemlich schnell.
Die meisten Japaner fahren auch Rad, und zwar die allgegenwärtigen Omafahrräder mit Korb vorn oder hinten und generell ohne Rücklicht. Benutzt werden sie hauptsächlich, um vom Haus zum Bahnhof oder zum Supermarkt zu fahren. Von meinem Haus bis zum Bahnhof sind es zwei Kilometer – über eine ziemlich lebhafte Kreuzung und über zwei steile Brücken. Und jeden Tag habe ich meine Freude daran.
Da wäre die Kreuzung. Die Ampel springt auf Blau (=in anderen Ländern grün). In vielen Kulturkreisen ein Zeichen, dass man losfahren kann. In Japan ein Aufruf, sich zu versichern, ob nicht noch gerade jemand bei Kirschgrün mit 120 (erlaubt: meistens 40 in der Stadt) über die Kreuzung brettert. Zwei Mal hatte es mich beinahe schon erwischt.
Richtig spassig wird es aber erst nachts gegen 22 oder 23 Uhr, wenn ich von der Arbeit nach Hause fahre. Auf den engen Wegen fahren viele permanent und penetrant Schlangenlinien – bei konstanten 6.5 km/h – und da hilft auch kein Klingeln, denn während der fröhliche Radler gerade eine Email in sein Handy hämmert, wird fleissig Musik vom iPod gelauscht. Hören sie dann doch das Klingeln und sehen einen grossen, grimmig blickenden gaijin im Ledermantel hinter sich, fallen sie fast vom Rad oder bleiben direkt vor mir stehen, um sich erstmal zu entschuldigen.
Und wenn es bergab geht, wird freilich stark gebremst, denn man könnte sich ja vertippen. Ich sage nur: Weissglut.
Auch die Tatsache, dass Linksverkehr in Japan herrscht, scheint sich auch nach über 100 Jahren nicht bei weiten Teilen der Radfahrergemeinde herumgesprochen zu haben. Viele fahren dem Verkehr entgegen. Ist ja auch logisch – da es keine Rücklichter gibt, würde man ja nicht gesehen werden. Jetzt könnte man freilich sagen: Du bist der Fremde, also fahre Du doch auch auf der anderen Seite! Aber Nein! 50% der japanischen Radfahrer fahren mit dem Verkehr. Und 50% gegen den Verkehr (ergo keine Regel, an die man sich irgendwie halten kann, ausser die Regel der Vernunft vielleicht). Es grenzt jedenfalls wirklich an ein Wunder, dass ich bisher noch nie mit jemandem zusammengerauscht bin.
Das Wort des Tages ist eine Eigenkreation von mir: 適当運転 tekitō unten. tekito bedeutet “passend, wie es passt” und unten (das “e” wird wie ein volles “e”, zum Beispiel wie in “Bett” gesprochen) ist das Fahren. Die meisten Japaner fahren, wie es ihnen gerade passt. Oft chaotisch und gefährlich. Aber gottseidank nicht ganz so schlimm wie in China.
Schau, an. Es scheint etwas zu geben,
was man in der Mathematik den kleinsten gemeinsamen Nenner nennt.
Den Radfahrer. Sein Muster ist ?berall
gleich auf der Welt, unabh?ngig von Sprache, Religion, Kultur und Stra?enverkehrsordnung.
Ich fand die Radfahrer in Japan eigentlich recht gesittet. Ein System hab ich zwar auch nicht gefunden, aber wenn man sich in den Flu? einreiht, l?uft es eigentlich. Deutsche Kleinst?dte finde ich anstrengender zu fahren als japanische Gro?st?dte (wenn man von den Entfernungen einmal absieht).
Lustig finde ich, dass die beschriebenen Omafahr?der den S?ttel meist so tief eingestellt haben, dass der durchschnittliche Mitteleurop?er nach wenigen Kilometern Knieschmerzen bekommen w?rde. Im Lande von Shimano h?tte ich mit mehr Technikbegeisterung bei den Radlern gerechnet, doch es dominiert das “Holland”-Rad.
Habe gerade nach Fahrradfahren in Japan geschaut und bin hier gelandet. Ist ja schon etwas älter die Info, aber gut für mich. Nächstes Jahr wollte ich auch dort hin. Mal schauen wie es bei mir wird:-)