Es dauerte nur ein paar Stunden, bis nach der Gewissheit, dass Ex-Premierminister Shinzō Abe das Attentat nicht überlebte, erste Stimmen nach einem 国葬 kokusō, einem Staatsbegräbnis, laut wurden. Das ist durchaus ein Ereignis – nach Ende des 2. Weltkrieges gab es dieses nämlich nur ein einziges Mal, und das war 1967, als Shigeru Yoshida, seines Zeichens Premierminister von 1946 bis 1947 und dann noch einmal von 1948 bis 1954, starb. Im Gegensatz zu Abe hatte Yoshida dabei das Glück, im hohen Alter von 89 Jahren eines natürlichen Todes zu sterben.
Die Ehre des Staatsbegräbnisses ist nicht unumstritten. Bei diversen Umfragen in den vergangenen Tagen1 stellte sich heraus, dass nur circa 30% das Ereignis befürworten – und mehr als die Hälfte dagegen sind. Die Ablehnung begründet sich in erster Linie auf das, was nach dem Attentat ans Licht kam: Ein erschreckender Filz mit einer südkoreanischen Sekte, die die Führungsriege der Liberaldemokraten, inklusive Abe, in fester Hand zu haben scheint. Während mehr als hunderttausend Sektenmitglieder finanziell regelrecht ausgequetscht wurden, waren sich unzählige Liberaldemokraten nicht zu fein, enge Verbindungen mit der Sekte oder deren assoziierten Organisationen einzugehen, und das nicht erst seit kurzem, sondern seit vielen Jahrzehnten.
Doch es gibt auch noch zwei andere Gründe. Zum einen ist es – natürlich – Corona, denn noch immer stecken sich mehr als 200,000 Menschen pro Tag am Virus an. Zum anderen wären da die hohen Kosten. Das Staatsbegräbnis soll im altehrwürdigen Budōkan, “dem” Veranstaltungsort Japans, stattfinden, und die Miete und diverse andere Kosten werden auf rund 2 Millionen Euro veranschlagt. Das schließt jedoch Security nicht mit ein. Beim Begräbnis des Shōwa Tennō 1989 – wenn der Kaiser stirbt, gibt es eine andere, 大喪の礼 Taisō-no-rei genannte, ebenfalls sehr prunkvolle Zeremonie – waren 32’000 Polizisten im Einsatz, und die Kosten für diesen Einsatz wurden auf rund 20 Millionen Euro beziffert2. Ähnliches dürfte bei Abe’s Staatsbegräbnis passieren, weshalb die Kosten schnell ein Mehrfaches über den 2 Millionen Euro betragen werden.
Das Budget für das Staatsbegräbnis muss erst noch vom Parlament abgesegnet werden, doch das dürfte dank der satten Mehrheit der Liberaldemokraten nur eine Formsache sein. Stattfinden soll es am 27. September, und man denkt an rund 6,400 geladene Gäste, wobei später auch die Allgemeinheit eine Gelegenheit erhalten soll, Blumen zu spenden.
Immerhin gilt der alte Erlaß zum Staatsbegräbnis (国葬令 kokusōrei) nicht mehr3. Das kurze Gesetz wurde 1947 vom Parlament außer Kraft gesetzt und besagte:
第四條 皇族ニ非サル者國葬ノ場合ニ於テハ喪儀ヲ行フ當日廢朝シ國民喪ヲ服ス
Alle guten Dinge sind drei, ich denke es gibt auch noch ein Präfektur-Begräbnis
Und dann gibt es auch noch das 合同葬 wo Politiker und/oder Firma zusammen mit den Angehörigen trauern.