Am 21. Juli finden Oberhauswahlen in Japan statt, und mangels schlagkräftiger Opposition liegt die Regierungspartei in den Umfragen weit vor allen anderen Parteien. Zeit, schnell noch ein paar Fakten zu schaffen. So trat heute die neue Richtlinie für den Betrieb von Atomkraftwerken in Kraft. 50 Reaktoren gibt es in Japan, doch von denen sind aufgrund der Erdbebenkatastrophe und den daraus resultieren Geschehnissen im AKW Fukushima nur 2 in Betrieb. Die neue Richtlinie sieht unter anderem verbesserten Erdbeben- und Tsunamischutz vor sowie weitere Maßnahmen wie den Bau wirklich autarker, quasi unkaputtbarer Leitstände. Gleichzeitig mit dem Inkrafttreten der neuen Richtlinie konnten sich AKW-Betreiber für die Wiederinbetriebnahme ihrer AKW anmelden. Und das taten just auch vier Betreiber – darunter natürlich die für ihre strengen Sicherheitsstandards und glasklare Medienpolitik über die Landesgrenzen berühmte TEPCO. Vorerst wurden Anträge für 10 Reaktoren in insgesamt 5 AKWs gestellt – drei Reaktoren im AKW Tomari auf Hokkaidō, 2 in Ōi, Fukui, 2 in Takahama (ebenfalls Fukui), einer in Ikata auf Shikoku und zwei in Kawauchi auf Kyūshū. Weitere sollen folgen: 2 in Genkai (Kyūshū) und – trara! – zwei in Kashiwazaki-Kariwa in Niigata. Auf letztere “freue” ich mich schon ganz besonders, denn schließlich hat man dort erst jüngst mehrere aktive Verwerfungen entdeckt. Geraucht hat es dort ja auch schon – siehe Eintrag vom 20. Juli 2007 auf diesem Blog.
Die Verfahrensweise spricht für große Eile. Immerhin haben die AKW-Betreiber schon alle Unterlagen vorbereitet, bevor die neuen Richtlinien der Öffentlichkeit vorgestellt wurden. Das Genehmigungsverfahren soll für jedes AKW mindestens 6 Monate dauern, aber man muss entsprechend damit rechnen, dass eine Reihe von AKW zum Beginn des nächsten Jahres wieder in Betrieb gehen werden. Und um den Kohl auch noch fett zu machen, verwenden einige der Reaktoren MOX. Das macht das Spiel mit dem Feuer gleich noch ein bisschen aufregender.
Neue Richtlinien hin oder her – das alte Problem wird sich wohl nicht lösen lassen: Auch das AKW in Fukushima war – theoretisch – sicher. Praktisch wurden aber viele Sicherheitsstandards über Bord geworfen, beziehungsweise bestimmte Risiken bewusst ignoriert.
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A propos Wahlen: Die heraufziehenden Wahlen manifestieren sich schon seit Tagen durch die unvermeidlichen, endlos plärrenden Lautsprecherwagen, die durch die Städte fahren. Diese Wahlen weisen jedoch ein Novum auf: Zum ersten Mal sind ネット選挙 netto senkyo – “Internetwahlen” erlaubt. Sprich, Parteien und Kandidaten dürfen zum ersten Mal das Internet für ihren Wahlkampf benutzen. Wer wissen will, wie sich so etwas im japanischen Internet anfühlt, sei auf die Webseite der Kommunistischen Partei Japans verwiesen. Im angloamerikanischen Sprachraum würde man das wohl als Cute Communism verkaufen…
Jaja, die Herren AKW Befuerworter haben sich durchgesetzt (und natuerlich auch die Damen). Zig-Milliarden werden (angeblich) fuer die Schaffung neuer Sicherheitsmassnahmen ausgegeben – auf Kosten des Steuer- (bzw. Strom-)zahlers. Mit diesem Geld haette man auch gut eine alternative Energieversorgung finanzieren koennen. Wir werden sehen, auf welchen Abgrund das japanische Energie- und Regierungsschiff zusteuern wird.
Hätte man denn mit alternativen Quellen den steigenden Energieverbrauch decken können? Der Politiker, der dann den Verbrauch einschränken muss, wird abgewählt und der nächste baut eben wieder Kohlekraftwerke/AKW…
Wie ist das nun gemeint, Parteien waren doch sicher vorher schon im Internet vertreten?
Bei uns stehen auch Wahlen an, und die Parteien haben alles in ihrer Macht stehende getan, unwählbar zu werden. Wird wohl wieder auf die Grünen hinauslaufen. Würde mir mal eine gute Alternative wünschen…
Yep. Wenn man bedenkt, dass man all die Gutachten mit seiner Stromrechnung mitbezahlt…
Der Text “… und zwei in Kawauchi auf Kyūshū …” sollte wohl “… und zwei in Kagoshima auf Kyūshū …” heißen.
Mal abwarten ob das Thema in Deutschland nicht vielleicht ähnlich verläuft. Wenn klar wird, daß mit ohne Atomstrom “fühlbar” mehr Geld kostet werden unsere “Geiz ist Geil” Mitbürger von der “Stromwende” wohl nicht mehr wirklich begeistert sein.
Kagoshima sollte das eigentlich nicht heißen… aber ich habe hier leichtsinnigerweise die falsche Lesung für den AKW-Namen reingeschrieben. Gemeint war 川内 – gelesen Sendai in diesem Fall – in der Präfektur Kagoshima… Danke jedenfalls für’s drauf aufmerksam machen!
Japan, das (hoffentlich) einzige Land, in dem mit mehr oder minder niedlichen Charakteren Wahlkampf gemacht wird. Ich frage mich sowieso, woher das mit den Lautsprecherwagen kommt. Mein Mann meint, wenn er wählen würde (ja, ein weiterer politikfauler Japaner), würde er den wählen, dessen Lautsprecherwagen ihn nicht belästigt hat…
Und wieder mal die Nebelkerze mit Pu ist gefährlicher als U …
Die Elemente geben sich nicht wirklich viel, beide Schwermetalle und Alphastrahler.
Der Vorteil von Pu ist allerdings die bessere Waffenfähigkeit.
Das da geschmiert wird bis keine Pomade mehr in den Allerwertesten paßt ist leider weltweit üblich.
Was würde denn passieren wenn sagen wir mal 50% Bevölkerung einfach die Hauptsicherung herausdrehen und verlangen das die AKWs komplett dicht und sicher gemacht werden ?
Gut illusorisch, aber wenn man bedenkt das immer noch keiner weiß woher denn das Leck in Fukushima stammt und wie man verhindern könnte das sowohl die See als auch Grundwasser kontaminiert werden …
Sind denn eigentlich schon die Pläne für die Umsetzung der “Zwischenlager” die direkt ein paar Meter unter dem verseuchten Spielplatz/Sportplatz angelegt wurden “geleakt” ?
Müßte dann ja genauso durch die “Qualitätspresse” rauschen wie Snowden&Co :-P
Vielleicht sollten die Verantwortlichen mal die Gundams aus den geheimen Labors rauslassen die können das und viel mehr *lapalomapfeif*
Finde nur Scheisse das die wirklich Verantwortlichen nicht im Knast sitzen m(