Auf Wunsch einer einzelnen Gattin (und nicht der Kinder, wohlgemerkt!) ging es heute mal zur Abwechslung zu einem はちゅうカフェ (hachū cafe) – ein “Reptiliencafe”. In Japan gibt es ja etliche solcher Tiercafes – allen voran Katzencafes, gefolgt von Eulen-, Igel- und diversen anderen Cafes. In einigen dieser Etablissements ist die Frage nach der artgerechten Haltung durchaus berechtigt – es geht nicht immer ganz hygienisch zu, und die Tiere sind natürlich nicht selten enormen Stress ausgesetzt. Im großen und ganzen kann ich diese Tiercafes deshalb nicht einfach so empfehlen. Trotzdem war ich ebenfalls neugierig, wie das Reptiliencafe aussehen würde. Eines davon befindet sich in Kichijōji, einem sehr beliebten Viertel westlich des Zentrums von Tokyo.
Das Cafe war sehr, sehr sauber, und es war nicht einfach, reinzukommen – eine große Schildkröte starrte mich hinter der “bitte drücken”-Tür an. Es gab einen kleinen Tresen und entlang der Wände befanden sich zahlreiche Terrarien – mit mehr als einem dutzend Schlangen, diversen Leguanen, Geckos, Echsen, Chamäleons (eigentlich nur eines) und so weiter. Beim heiligen Brettermeier! Die beiden großen Leguane und die Schildkröte liefen frei herum, der Rest befand sich in den dafür vorgesehenen (und sehr sauber gehaltenen) Behältnissen. Der rosafarbene Leguan lag faul auf einem Schrank herum und sah aus wie eine Attrappe – man musste schon ganz nahe rantreten, um zu sehen, dass die Attrappe atmet und mit den Augen rollt. Der grüne Leguan – beide Exemplare waren mit Schwanz über einen Meter lang – kletterte derweilen über die unteren Terrarien. Direkt über einem Terrarium mit einem anderen, sehr großen Salamander ließ er plötzlich Wasser, und das nicht zu knapp. Direkt neben dem Tier waren zwei Verlängerungskabel miteinander verbunden. Zentimeterarbeit.
Das System funktioniert so: Man bezahlt 500 Yen, also knapp 4 Euro, “table charge”, sprich Eintrittsgeld. Man muss ein Getränk bestellen, das kostet noch mal ungefähr 500 Yen. Wer dann noch ein Reptil (und nicht mehr als eins) anfassen möchte, bezahlt… genau, rund 500 Yen. Man darf allerdings nicht alle anfassen – die größeren, fleischfressenden Exemplare zum Beispiel darf man nicht anfassen. Auch die Chamäleons sind tabu – die sind wohl zu sensibel. Wenn jemand ein gewisses Exemplar ausgesucht hat, bekommt es danach eine längere Pause und kann vorerst nicht wieder angefasst werden. Klingt vernünftig.
Neugierig wie ich bin, entschied ich mich für “Aomame”, den über einen Meter langen, grünen Leguan. Die Belehrung war wie folgt: Den Körper in der Gegend der Extremitäten anfassen, damit die Beine nicht frei rumbaumeln. Und egal was passiert, auf gar keinen Fall in Richtung des Rosa-Leguans drehen. Warum? Nun, wenn der rosa Geselle den grünen Gesellen sieht, springt er von seinem Schrank auf sie zu. Faszinierend. Sohnemann wählte eine über einen Meter lange, sehr dicke Schlange, die Tochter einen Leopardgecko und die Gemahlin eine ansehnliche Bartagame.
Schön und gut. Was mich etwas verwunderte, war der Angestellte. Das Cafe hat nur rund 10 Plätze, da ist ein Angestellter eigentlich in Ordnung. Der war allerdings stark mit seinem Manga beschäftigt. Er drückte uns jeweils das entsprechende Tier in die Hand und verschwand umgehend, ohne zu sehen, ob wir die Tiere auch richtig halten.
Knapp 50 Euro ärmer, aber um ein paar Erfahrungen reicher, verliessen wir das Cafe nach einer Stunde wieder. Ein bisschen googeln ergab, dass man einen grünen Leguan in Japan schon für ungefähr 25,000 Yen, ein Zehntel des Preises einer Katze, kaufen kann. Hmmm. Ich liebe Leguane, das klingt sehr verlockend.
Hallo,
das mit dem Leguan solltest du noch mal überdenken, ich habe früher über Terrarien und so gebloggt, leider fehlt mir momentan die Motivation, und der Blog steht nur noch als, sehr umfangreiches Archiv im Netz. Ich verlinke dir mal den Artikel zur Haltung des Tierchens, da solltest du schon einiges an Platz und Geld über haben.
Ausserdem sind sie auch nicht ganz ungefährlich, daher finde ich es eigentlich unverantwortlich sie irgend jemandem in die Hand zu drücken.
https://www.mikes-hobby-blog.de/2013/10/26/gruene-leguan-und-seine-haltung/
Sehr interessant, vielen Dank! Das klingt auf jeden Fall schon mal abschreckend :) Nein, ernsthaft spiele ich nicht mit dem Gedanken. Wir haben eine Katze, da ist es schon immer Drama genug, wenn wir für ein paar Tage verreisen und die Katze vorher zur Oma bringen. Großer Katzenjammer!
Mal wieder eine Bildungslücke gefüllt. Den heiligen Brettermeier kannte ich noch nicht. Danke für den humorvollen Bericht. Ich hatte Spaß beim Lesen.
Mich wundert es, dass bei dem japanischen Kabelsalat nicht mehr passiert.
Also Brettermeier die Pottsau muss man einfach kennen :)
Japanische Kabelsalate, hier tako (Oktopus) genannt, sind in der Tat immer wieder beeindruckend.