BlogHaneda: Ein Flughafen, auf Flugzeugen gebaut

Haneda: Ein Flughafen, auf Flugzeugen gebaut

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85 Millionen Fluggäste pro Jahr und circa 1’200 Landungen und Abflüge pro Tag – der Internationale Flughafen Haneda hat Narita schon lange den Rang abgelaufen und zählt zu den größten Flughäfen der Welt. Haneda ist zudem sehr beliebt – zum einen, weil der Flughafen sehr zentral liegt, zum anderen, weil er sehr modern ist.
Wie aber die Wochenzeitschrift Shūkan Gendai vor kurzem in einem Artikel darlegte¹, ranken sich durchaus interessante Geschichten um Haneda, zumal die Geschichte des Flughafens selbst viel länger zurückliegt als viele denken. Das erste Flugfeld entstand bereits 1917, also vor über 100 Jahren. Der Name „Haneda“ (wörtlich: Federfeld) existierte schon vorher – damals gab es dort einen bekannten Sportplatz. Mittels Neulandgewinnung wurde das Areal schliesslich erweitert. Auch während des Zweiten Weltkrieges wurde Haneda genutzt – hauptsächlich militärisch, versteht sich. Neben zahlreichen regulären Flugzeugen standen hier auch schwere Waffen sowie Prototypen herum. Dazu zählte auch das legendäre, um 1937 von der heutigen Tokyo University entwickelte und aufgrund der roten Tragflächen liebevoll 真紅の翼 (Shinku no tsubasa – „Tiefrote Flügel“) genannte Flugzeug. Der eigentliche Name war furchtbar lang (in etwa: Experimentelles Langstreckenflugzeug) und wurde vorerst zu 航研機 Kōkenki abgekürzt, der Kosename folgte später. 1938 stellte dieses Flugzeug den einzigen japanischen Weltrekord in der Luftfahrtgeschichte auf: Es flog innerhalb von gut 62 Stunden 10’651 Kilometer am Stück, und hätte somit locker einen Nonstopflug nach Deutschland schaffen können. Letztendlich wurde jedoch nur ein Exemplar gebaut.
Im Jahr 1945 war Schluss damit: Japan wurde bis auf Weiteres der Bau und die Entwicklung von Flugzeugen verboten, und alles, was in Haneda an Fluggeräten und Ausrüstung noch herumstand, wurde im 鴨池 Kamoike (wörtlich: Ententeich), einem kleinen See auf dem heutigen Flughafengelände, versenkt. Jahrzehnte später wurde eben jener See zugeschüttet – und heute verläuft eine der Landebahnen von Haneda direkt über jenem Gelände. So gesehen schlummern im Boden von Haneda noch ungeborgene Schätze – ein Flughafen, auf Flugzeugen gebaut. Eine Replika des oben genannten Rekordfliegers kann man heute übrigens in der Präfektur Aomori im Luftfahrtmuseum von Misawa besichtigen.
¹ Siehe hier

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

5 Kommentare

  1. Sehr interessant! Vielen Dank für den Artikel
    Bleibt zu hoffen, dass sich bei der nächsten Bodenverflüssigung nicht plötzlich irgendwelche alten Flugzeuge von unten durch die Landebahn schieben ;)

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