So, da bin ich wieder, zurück im Moloch, nach einer kompletten Woche auf der Insel Kyūshū. Es war die fünfte Tour auf die Insel, und so viel steht fest: Immer wieder gern. Die Landschaft, die Menschen, das Essen – es stimmt nahezu alles dort. Die Temperaturen unterscheiden sich kaum von denen in Tokyo – im Gegenteil, wenn man ins bergige Innere fährt, kann es sogar ganz angenehm sein.
Am Sonntag ging es mit der Familie los: Frau, zwei aufgeregte Kinder und die Schwiegereltern waren mit von der Partie. Keine 2 Stunden dauert der Flug, und sofort begann erstmal die Kür: Erst zur Oma in Kumamoto, dann gemeinsam auf den Friedhof, um das Grab des vor vielen Jahren verstorbenen Opas zu pflegen. Nach den ununterbrochenen Regenschauern im Juni und Juli sah es recht wüst aus. Dann ging es zum ebenfalls obligatorischen Tonkotsu-Rāmen-Essen in die Innenstadt. Kumamoto ist bekannt für einige Leckerbissen – darunter rohes Pferdefleisch, mit Senfpaste gefüllte Lotuswurzeln, und besagten “Schweineknochen-Rāmen”. Ein Gedicht, und mit 700 Yen pro dampfender Schüssel mit dicken Schweinefleischscheiben auch erschwinglich.
Das Hotel war eine Überraschung der anderen Art. Wir wollten im Zentrum übernachten und hatten nach etwas familienfreundlichem gesucht. Das hatten wir auch gefunden: Ein Hotel mit Familienraum, geräumig und mit Doppelstockbett für die Kinder. Was wir jedoch nicht wussten: Als uns der Concierge das Zimmer zeigte, bestiegen wir mit ihm den Fahrstuhl, und er drückte nicht etwa eine Zahl zwischen 1 und 10, sondern den Knopf unter der 1. B1. Du meine Güte, sie bringen uns in den Keller! Da hatte der Hotelmanager offensichtlich eine clever Idee: Auf einem alten Fluchtplan sahen wir, dass dies einst der Pausenraum der Angestellten war. Das war also das Familienzimmer. Zugegebenermassen war die Einrichtung in Ordnung, und da wir die einzigen Gäste dort unten waren, konnten sich die Kinder nach Herzenslust austoben, aber normalerweise bevorzugen wir schon Zimmer mit Fenster….
Am Nachmittag ging es in großer Hitze zu den ehemaligen “Wirkungsstätten” meiner Frau, darunter auch zu ihrer Grundschule. Da Ferien waren, war das Tor natürlich zu, aber das sollte meine Frau nicht hindern: “Ach, passt schon” sagte sie, während sie das Tor aufriss und die Kinder in den grossen Schulhof entliess. Gleich am Eingang gibt es ein großes Fußbad, denn: An vielen Schulen in Kumamoto wird noch barfuß auf dem Schulhof gespielt.
Interessant war die Zikadendichte: Der Boden in den Parks sah aus wie ein schweizer Käse, und die Äste hingen voller leerer Zikadenhüllen. Die vormaligen Bewohner der braunen Hüllen brüllten sich die Seele aus dem Leib oder lagen halb angefressen auf dem Boden. In Tokyo findet man fast nur die bereits eindrucksvollen Aburazemi, aber in Kumamoto findet man mittlerweilen (es werden immer mehr) Kumazemi, und die sind noch etwas größer. Und höllisch laut. Meine Tochter fing auch flugs eine ein und rannte mit dem zeternden, schwarzen Biest freudestrahlend durch die Gegend. Gut, daß sie keine Angst vor Insekten hat.
Am nächsten Tag sollte es mit dem Leihwagen zum 阿蘇 Aso gehen. Aso – das ist der Vulkan mit dem größten Krater in der Welt. In den Krater passen ein paar Städte und mehrere Quadratkilometer Felder sowie ein paar neue Vulkane, die sich da in der Mitte des alten Kraters gebildet haben. Die Kraterwände sind viele hundert Meter hoch und sehr deutlich erkennbar – es gibt nur einen Durchbruch, und der befindet sich praktischerweise in der Richtung von Kumamoto Stadt. Vor 10 Jahren war ich schon einmal mit guten Freunden oben am Krater des einzigen momentan aktiven Nebenvulkans, und damals sah ich so gut wie gar nichts. Dieses Mal sah es auch wieder so aus, als ob ich Pech hätte. Aber die Wolken verzogen sich manchmal für ein paar Minuten und gaben den Blick zum Schlund des Kraters frei.
Der 1’506 m hohe 中岳 Naka-Dake (Mittlerer Gipfel) ist noch ziemlich aktiv und spuckt manchmal etwas mehr aus – davon zeugen die Betonbunker sowie durchaus häufige Gaswarnungen: Bläht der Wind plötzlich den Schwefeldampf nach oben, muss jedermann schnellstmöglich den Gipfel verlassen.
Was mich dieses Mal jedoch am meisten faszinierte, war das Grün: Im Juni und Juli hatte es nahezu ununterbrochen in Strömen gegossen, und nun war nahezu alles Grün. Soviel Grün habe ich schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen, und es tat den Augen gut.
Nach dem Naka-Dake ging es zurück zum Tal nördlich der Vulkangruppe. Der Boden der alten Caldera liegt auf rund 470 m Höhe und ist vielerorts topfeben. Das Tal wird im Norden, Süden und Osten von der rund 500 m hohen alten Kraterwand begrenzt, und das ist schlichtweg eindrucksvoll. Und alles ist einfach nur grün.
Fortsetzung folgt…
oh ja, grün tut wirklich den Augen gut! War grade in Irland … ;-)
Ja der Aso bietet schon eine herrliche Aussicht, man muss aber mit dem Wetter etwas Glück haben. Von meinen drei versuchten Aufstiegen war nur einer erfolgreich. Bei meinem letzten Versuch war das Wetter so schlecht, dass man es nicht einmal bei der Talstation wegen der Dämpfe ausgehalten hat.
Kann mich nur anschließen, was Kyushu angeht: “immer wieder gerne” :)
Hört sich nach einem tollen Urlaub an!
Kumamoto ist wirklich toll! Und den Vulkan Aso kann ich auch nur jedem empfehlen, wobei man den Trip auch im schlimmsten Fall umsonst macht, wenn der Vulkan zickt.
Ich hätte damals beinahe unvollendeter Dinge wieder gehen müssen, weil Dämpfe und ein starker Wind dafür sorgten, dass es zu gefährlich war.
In Kyushu ist nach wie vor meine liebste Präfektur Nagasaki!
Die Stadt Nagasaki ist schon ziemlich genial, aber auch Hirado oder Shimabara sind einen Besuch wert.
Ganz zu schweigen von Gunkanjima!
Freu mich schon auf weitere Posts! :)
[…] ist die Fortsetzung von Teil 1. Wäre ich eine Kuh, würde ich hier übernachten […]
[…] von Teil I und Teil II Ansehnlich: Die […]