BlogGanz grosse Klasse, liebe Reisepassdesigner!

Ganz grosse Klasse, liebe Reisepassdesigner!

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Mein alter Pass war gleichzeitig voll und abgelaufen, und so war es Zeit, einen neuen Pass zu beantragen – einen biometrischen Pass also. Das war soweit alles auch kein Problem. Nach der Ausstellung des neuen Passes durch die Botschaft in Tokyo mussten als nächstes die gültigen Visa und Befugnisse usw. übertragen werden – das muss man bei der Ausländerbehörde machen lassen und soll angeblich “ganz schnell” gehen, aber dieses “ganz schnell” bei der Zentralen Ausländerbehörde dauert, kann ich mir jedenfalls vorstellen, auch mal eben einen halben Tag. Zum Glück erledigt so etwas aber die Firma für mich.
Was noch bleibt ist das Umschreiben der Ausländerregistrierungskarte, und das kann man, noch zumindest, im örtlichen Rathaus machen lassen – und das sogar am Sonntag. Also ging es heute dorthin. Der nette Angestellte nimmt also meinen neuen Pass und meine Karte und läuft zu seinem Computer (Grossraumbüro – man kann alles sehen). Kurze Zeit später starren nicht nur er, sondern mit ihm zwei weitere Angestellte auf meinen Pass und den Bildschirm. Oh weh, was ist denn jetzt los? Fliegt jetzt auf, dass ich die pro Quartal zu entrichtende Gemeindesteuer neulich drei Wochen zu spät bezahlt habe? Oder dass ich neulich mit dem Fahrrad eine Ampel bei Rot überfahren hatte? Sollte ich den Müll lieber doch nicht am Vorabend des Einsammeltages, sondern wirklich erst am Müllsammeltag morgens bis 7 Uhr rausstellen? Hat jemand vom Amt etwa gesehen, wie ich neulich vor dem Bahnhof nachts eine Zigarette rauchte, obwohl momentan die “Nachtrauchverbotskampagne vor dem Bahnhof” (bis Ende April) läuft?
Der Angestellte kam zurück. Ich sollte an dieser Stelle erwähnen, dass ich das örtliche Rathaus nebst Angestellten liebe: Sehr freundlich, sehr schnell, und sehr kompetent. Kein Scherz! Er war etwas verlegen: “Könnten Sie mir vielleicht helfen – wir sind nicht sicher, wie man ihre Reisepassnummer lesen soll”. Ich wundere mich kurz – war die Reisepassnummer nicht immer eine … Nummer? Dann sehe ich zum ersten Mal das Dilemma: Nein, heuer ist es ein alphanumerischer Wert, und mein Pass endet auf 00. Seine Verwirrung wird auch schnell deutlich, wenn man den Rest auf der Hauptdatenseite des Passes sieht: Es gibt rein gar keinen Unterschied zwischen “0” (null) und “O” (oh) – beides ist schlichtweg identisch.
Wir einigen uns nach ein paar Minuten gegenseitigem Schulterzucken schliesslich darauf, dass ich später noch ein Mal wiederkomme.
Nach eins, zwei Minuten Internetrecherche erfahre ich, dass gewisse Buchstaben wegen der Verwechslungsgefahr nicht im Code verwendet werden, darunter auch das “o”. Alles klar – zwei Nullen also. Das ist ja noch verständlich. Und bei der Ein- oder Ausreise in Ländern mit Geräten, die den Maschinencode und/oder den Chip des Passes einlesen können, dürfte auch kein grosses Problem entstehen. Aber ich ahne schon, was folgt: 10 Jahre voll mit Problemen an Grenzen und beim Flugticketkauf, da niemand weiss, ob das Nullen oder Oh’s sind. Ich frage mich da ganz ernsthaft, ob es zu viel verlangt ist, eine Schriftart zu benutzen, bei der man erkennen kann, ob es eine Null oder ein O ist. Viele hunderttausend deutsche Staatsangehörige könnten somit vielen Millionen Fragen aus dem Weg gehen.
Davon mal abgesehen: Über dem Code (siehe Photo) steht immer noch “Nr.”. Habe ich da nicht richtig aufgepasst? Mich dünkt, eine Nummer besteht eigentlich immer nur aus Zahlen!? Vielleicht maximal noch mit einem Bindestrich!? Aber da liege ich vielleicht auch falsch. Und wir wollen ja nicht päpstlicher als der Papst sein. Es geht ja schliesslich nur um des Deutschen wichtigstes Dokument, den Reisepass.
Das Wort des Tages: パスポート pasupooto. Der Passport. Auf japanischen Pässen steht zudem “旅行券” ryokōken – Reiseausweis – aber im Gesprochenen Japanisch wird das kaum benutzt.

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

15 Kommentare

  1. Nette Geschichte!
    Wunderts?
    Nö nicht wirklich!
    TollCollect, IC(3) die kaum auf der Schiene zu halten sind, oder gleich ganze Türen verlieren.
    Made in Germany verkommt immer mehr zu einem Warn- statt Qualitätskennzeichen :-(

    Gab es nicht mal eine DIN? in der geklärt war was eine Nr. ist und das eine 0 einen Strich haben muss in bestimmten Dokumenten?

    Zu den “Beamten” in den Behörden kann ich dir nur zustimmen, auch ich mache dort immer sehr positive Erfahrungen!

  2. Auch die UmsatzsteuerID-Nr ist keine korrekte Nummer in dem Sinne, denn auch sie enthält jeweils den Ländercode als Zeichenfolge. als RegularExpression DE[0-9]{9} in Deutschland.

    Ob man wohl mit Bleistift selbst einen Strich in die Nullen reinmachen kann? Oder wird der Pass dann ungültig? Ich muss mir sowas wohl auch bald machen lassen, wenn ich ein bisschen weiter reisen will.

  3. Vielleicht wäre mal ein Artikel über den Sonntag in Japan eine Idee. In D machen Behörden ja z.T. am Freitag um 15 Uhr zu. Mich hatte es z.B. total überrascht, dass am Sonntag die Geschäfte in der Ginza geöffnet hatten, und ab 12 Uhr sogar die Straße gesperrt wurde.

    Weiterhin hast du schon häufiger erwähnt, dass dies und jenes die Firma erledigt. Gibt es da extra eine Person die sowas übernimmt, oder sogar ein Dienstleister?

  4. @Stefan
    Das mit dem Bleistift würde ich Dir nicht empfehlen :-) Geht auf der Seite auch gar nicht, da sie aus Kunststoff ist.

    @Juergen
    Ist eigentlich ganz einfach am Sonnabend/Sonntag: Alles hat auf. Bis auf die grossen Behörden, Botschaften usw.
    Unsere Firma ist klein, deshalb beauftragen wir einen Dienstleister mit so etwas. Dank denen war ich seit meiner Studienzeit nie wieder bei einer japanischen Ausländerbehörde – bin darob auch ganz dankbar.

  5. Jo, meiner ist auch gerade abgelaufen und ich durfte mir einen tollen, neuen biometrischen Pass abholen. Was mich stoerte ist:

    1) Der hohe Preis. Ich musste knapp 100 Euro bezahlen (wegen Ausland und 48 Seiten)

    2) Die Daten, auf die ich nicht zugreifen kann, aber die Behoerden. Obwohl es MEINE Daten sind …

  6. @Lori
    Kein uebles Geschaeft fuer die BRD: ca. 90 Millionen mal 50-100 Euro, nur fuer einen Lappen Papier mit RFID-Chip drin, noch dazu wo chinesische Faelscher schon astreine Faelschungen herstellen koennen.
    Naja, zumindest “ungewollten”, bzw. unkontrollierten Zugriff kann man mittels einer Aluminiumhuelle sehr gut vereiteln.

  7. @tabibito
    Ah, so einfach ist es mit den Sonntagen. Das es extra Dienstleister gibt, für so einen Kram finde ich auch faszinierend, aber im Servicebereich gibt es in Japan wohl nichts, was es nicht gibt.

  8. Ich fasse es ja nicht — Null und Oh gleich. Man man, da waren ja wieder die besten Designer am Werk ;)

    Muß ich gleich mal nachschauen, wie lange meiner noch gilt. Ich glaube, der hat noch viel Zeit, weil ich den damals am letzten Tag des “Nichtbiometrischen Antrags” abgebeben habe :)

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