BlogFilmkritik: Ryuzo 7 (Ryuzo and the Seven Henchmen)

Filmkritik: Ryuzo 7 (Ryuzo and the Seven Henchmen)

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Filmplakat Ryuzo 7 - erschienen im April 2015
Filmplakat Ryuzo 7 – erschienen im April 2015
Man kann es einfach nicht leugnen: Takeshi „Beat“ Kitano, der bald schon legendäre Filmemacher aus Japan, wird langsam alt. 69 Lenze zählt er nun schon, und sein Genuschele im Fernsehen wird mit den Jahren nicht gerade besser (er ist im O-Ton mitunter wirklich schwer zu verstehen) – sein Humor jedoch wird wenigstens nicht schlechter. Kitano war, wenn man sich seine Filmographie so ansieht, schon immer fasziniert von Outlaws, und die bekanntesten Outlaws in Japan sind natürlich die Yakuza. Da war es einfach nur logisch, daß er irgendwann mal einen Film dreht, in dem seine Lieblingssubjekte genauso gealtert sind wie er selbst.

Nun war es also soweit, und so entstand 龍三と七人の子分たち Ryūzō to Shichinin no Kobuntachi – wörtlich „Ryūzō und die sieben Untergebenen“, ins Englische passenderweise „Ryuzo and the Seven Henchmen“ übersetzt. Der Film beginnt mit dem alternden Yakuza Ryuzo, mittlerweile Großvater, der mit seinem Sohn und dessen Familie in einem kleinen Häuschen zusammenwohnt und gleich zu beginn von seiner Familie gemaßregelt wird, weil er mit seinem Unterhemd bekleidet sein 倶利伽羅紋紋 kurikara monmon – so heissen die farbenprächtigen Yakuza-Tattoos – blitzen läßt. Dem hat Ryuzo nicht viel entgegenzusetzen: Er beginnt erst in bester Yakuza-Manier zu fluchen, als die Familie längst abgefahren ist.

Aus Frust ruft er einen alten Kumpel an – ebenfalls Yakuza – und so beschließt man, auch den anderen ehemaligen Weggefährten eine Karte zu schicken und sich mal wieder zu treffen. Dazu gibt es auch einen guten Grund, denn der fiese Nishi, ein jüngerer Gangster des neuen, Yakuza-verachtenden Types hat sich die Gegend unter den Nagel gerissen und terrorisiert arme Schuldner und Nachtclubs mit fiesen Tricks. Kitano taucht ebenfalls auf — als alternder Polizist, der zwar noch im Dienst ist, aber dort eher eine ruhige Kugel schiebt.

Alsbald hat Ryūzō sieben Kumpanen zusammengerauft, die allesamt mit verschiedenen Gebrechen zu kämpfen haben und sich mehr schlecht als recht (Yakuza zahlen nunmal nicht in die Rentenkasse ein) durch das Alter schlagen. Nach einem ausgeklügelten Punktesystem (Mord = 10 Punkte, ein Jahr im Bau = 1 Punkt usw.) bestimmen sie Ryuzo selbst zum „Oyabun“, also dem Anführer. Sie beschliessen, gemeinsam auf ihre alten Tage – man hat ja nichts mehr zu verlieren – gegen den von Nishi geführten Keihin-Clan vorzugehen, und da wir hier von einem Kitano-Film reden, wird es natürlich blutig. Nicht Tarantino-blutig, aber immerhin. Gekrönt wird der Film schließlich von einer Verfolgungsfahrt der besonderen Sorte: Die Rentnergang jagt in einem gekaperten Linienbus Nishi und Konsorten, die in einem BMW zu fliehen versuchen.

Streckenweise denkt man sich, das der Film ruhig 10, 15 Minuten kürzer sein könnte, aber alles in allem ist Ryuzo 7 ein gelungener Film mit sehr viel Situationskomik. Das beginnt mit Ryuzo, der am Telefon auf den Oreore-Trick reinfällt, oder Schnellschuß-Mac, der trotz Anzeichen von Parkinson noch immer am liebsten mit seiner Pistole herumspielt. Als sich die Gangster im Haus von Ryuzo versammeln und nach einem Snack verlangen, um den Sake besser geniessen zu können, wird kurzerhand des Enkels Vogel gegrillt.

Der Film zeigt allerdings auch ein paar interessante Sachen auf. Denn die vielen Maßnahmen der Regierung zur Eindämmung der Yakuza zeigen natürlich Wirkung, doch an Bösewichten wird es nie mangeln. Die wollen jedoch aufgrund der Restriktionen nichts mehr mit den Yakuza zu tun haben und verachten jene – zusammen mit deren strengen Verhaltensregeln. Der Schein verblasst langsam – so scheint es zumindest – und das führt auch dazu, dass die Yakuza sich mal wieder untereinander bekämpfen (erst vorgestern wurde ein Yakuza in Kobe brutal zusammengeschlagen). Obwohl — das gab es eigentlich schon immer.

Trailer:

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

2 Kommentare

  1. hab gerade gelesen, das er in der realverfilmung von GHOST IN THE SHELL auch mit dabei ist…..(ich halte ihn wie viele andere neuverwurstungen auch für völlig überfüssig!) und freue mich dass er immer noch so aktiv ist!
    schöner filmtipp !
    freue mich schon wie ein schnitzel .
    (P.S. ich lese deinen blog wohl seit ca.zehn jahren und wollte auch mal meinen senf dazugeben….! nur so mal..!

  2. hab gerade gelesen, das er in der realverfilmung von ghost in the shell auch mit dabei ist… ..(ich halte ihn wie viele andere neuverwurstungen auch für völlig überfüssig!) und freue mich dass er immer noch so aktiv ist! see more geburtstag

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