BlogCorona, Regenzeit & Erdbeben

Corona, Regenzeit & Erdbeben

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Es sieht ganz so aus, als ob sich auch dieses Jahr zu einem ordentlichen Katastrophenjahr mausern wird. Corona ist dabei nur ein erschwerender Aspekt. Zur Zeit ist es eher die Regenzeit, die vor allem den südlichen und den Bergregionen zu schaffen macht. Und wie so oft ist dabei Kyushu besonders betroffen. Dort fielen allein in zwei Tagen vom 5. bis zum 7. Juli an etlichen Stellen über 500, an einigen Orten bis zu 650 mm Regen. 10mm Regen pro Stunde ist bereits ein ordentlicher Gewitterschauer – das aber dann eben 48 Stunden lang. Dementsprechend kam es bereits zu schweren Überschwemmungen, zum Beispiel entlang des 球磨川 Kuma-gawa in der Präfektur Kumamoto. Die Überschwemmungen dort sind so schwer, dass mehr als 200,000 Menschen evakuiert werden mussten – und dennoch gab es bereits mehr als 55 Todesopfer. Da der Regen allerdings noch anhält, muss mit weiteren Opfern gerechnet werden.

Am Oberlauf des Kuma-gawa (im Oktober 2019)
Am Oberlauf des Kuma-gawa (im Oktober 2019)

Zu den schweren Überschwemmungen auf Kyushu sorgt oftmals, so auch in diesem Jahr, das Phänomen der Regenbänder. Da die Luftmassen über dem Chinesischen Meer viel Feuchtigkeit aufsammeln und in Kyushu auf hohe Berge treffen, stauen sich die Regenwolken dort und ziehen als Bänder über die Insel. Liegt ein Ort genau in dieser Bahn, regnet es dort ununterbrochen, während es 20km weiter nördlich wie südlich (beinahe) trocken bleibt. Das ist nicht neu, aber die diesjährige Regenzeit ist besonders heftig, und das nicht nur in Kyushu – auch in Gifu gab es bereits schwere Überschwemmungen.

Leider ist auch die Häufung von Erdbeben in der unmittelbaren Umgebung von Tokyo nicht mehr von der Hand zu weisen. Momentan gibt es ein deutlich spürbares Erdbeben pro Woche, manchmal auch mehr – so auch in der vergangenen Nacht. Schäden gab es zwar soweit noch nicht, aber die Sorgen vor einem schweren Erdbeben direkt unterhalb der Hauptstadt wachsen natürlich. So gab es, von 2018 mal abgesehen, im Schnitt 3 Erdbeben der Stärke 4 auf der japanischen Skala bis 7 pro Jahr. In diesem Jahr gab es bereits 3, und die waren alle in der Gegend von Tokyo.

Die Wochenzeitschrift AERA hat sich aus diesem Grund mal die Mühe gemacht, die offiziellen Erdbebendaten seit 2011 auszuwerten und nach Präfekturen zu ordnen. Daraus ergab sich folgende Tabelle (gezählt wurden spürbare Erdbeben):

RangPräfekturZahl der Erdbeben
1Fukushima7,337
2Ibaraki6,614
3Miyagi5,614
4Iwate4,962
5Kumamoto4,706
6Chiba3,369
7Tochigi3,153
8Hokkaido2,371
9Aomori2,189
10Nagano2,143
11Tokyo2,003
12Saitama1,970
13Gunma1,922
14Kagoshima1,723
15Yamagata1,530
16Niigata1,472
17Akita1,319
18Kanagawa1,225
19Oita1,154
20Shizuoka1,100
21Gifu944
22Miyazaki903
23Okinawa767
24Yamanashi709
25Tottori676
26Wakayama651
27Fukuoka597
28Nagasaki556
29Ehime342
30Hiroshima337
31Okayama329
32Aichi328
33Hyogo326
34Kyoto310
35Kochi303
36Shimane299
37Saga294
38Osaka275
39Yamaguchi258
40Tokushima257
41Ishikawa236
42Shiga229
43Nara222
44Fukui195
45Kagawa166
46Mie165
47Toyama158

Die Liste muss natürlich etwas mit Vorsicht genossen werden, schliesslich sind die Präfekturen unterschiedlich gross. So gibt es zum Beispiel auf Hokkaido relativ sichere Ecken (Asahikawa zum Beispiel) und chronisch unruhige Gegenden (Obihiro und Umgebung). Überträgt man die Zahlen jedoch auf eine Karte, dann ergibt sich ein deutliches Bild:

Erdbebenhäufigkeit 2011-2020:
Dunkelrot: Bis über 7,000 spürbare Erdbeben.
Hellrot: ~200 Erdbeben

Natürlich hofft man, dass man von einem schwereren Erdbeben vorerst verschont wird, denn noch hat man alle Hände voll mit Corona und den wirtschaftlichen Folgen zu tun. Da braucht man keine weiteren Naturkatastrophen.

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

1 Kommentar

  1. Das ist eine sehr interessante Liste!
    Danke fürs Teilen. Kannte ich bisher noch nicht. :)
    Meine beiden Präfekturen sind nicht überraschend sehr weit unten auf der Liste. Habe in meiner gesamten Zeit in Japan nur ein richtiges Erdbeben miterlebt und selbst das war nicht sonderlich schlimm. Selbst vom 2011er Erdbeben hab ich NICHTS mitbekommen. War bei uns damals Shindo1, sprich hat man nicht gespürt.
    Dafür haben wir auch öfter mit Überflutung zu kämpfen gehabt. Im Juli 2009 war es besonders schlimm. Erdrutsche haben ein paar Nachbarorte abgeschottet und wir hatten 1 Woche lang kein fließend Wasser. Wenigstens hat der Onsen vor Ort uns alle kostenlos dort baden lassen. ^^;

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