Vor drei Tagen fielen abends selbst in Tokyo knapp 10 cm Schnee (immerhin!) – natürlich Schnee von der übelsten Sorte, grossflockig und nass, stellenweise auch mit Regen versetzt. Was macht die halbe Stadtbevölkerung dann? Genau, sich erkälten. Dem habe ich mich dank der täglichen Fahrten in vollen Bahnen triefender und schnaubender Zeitgenossen mal wieder angeschlossen.
Normalerweise koste ich dabei meine Erkältungen voll aus – warum nicht eine Woche leiden, wenn es mit Medizin nur 7 Tage dauert? Dieses Mal habe ich mich jedoch ausnahmsweise für Medizin entschieden – meinen Kindern zuliebe und weil man ja doch irgendwie Hoffnung hat, das ganze abkürzen zu können.
Da ich bereits weiss, dass normale japanische Erkältungsmedizin bei mir rein gar nichts bewirkt (vielleicht, weil sie auf 50 kg leichte Durchschnittsjapaner abgestimmt ist? Nur so ein Verdacht), habe ich dieses Mal zur Zauberwaffe gegriffen: 漢方 kanpō. Das ist traditionelle, chinesische Medizin, die auch in Japan sehr, sehr verbreitet ist. Man kann sie überall kaufen, ob verschreibungspflichtig oder nicht. Die Inhaltsstoffe klingen schon mal vielversprechend: Neben diversen Kräutern ist auch 牛黄 goō dabei – die Zeichen stehen für “Rind” und “gelb”. Das klingt schon mal verdächtig – und ist es auch. Es sind Gallensteine vom lieben Rindvieh. Na dann! Gottseidank sind es Kapseln, die sich im Magen auflösen. Die Medizin hilft wohl gegen Halzschmerzen, Kopfschmerzen, leichtes Fieber, Triefnase und Schüttelfrost. Ob sie wirklich hilft? Gute Frage. Schlechter geht es mir nicht. Wesentlich besser aber auch nicht. Nächstes Mal werde ich mich dann wohl doch wieder für die masochistische Variante entscheiden.
Das Problem ist dabei bestimmt auch der Glaube. Nein, ich glaube nicht daran, dass alle Medikamente helfen. Ich weiss, dass Antibiotika z.B. unersetzlich sind und sehr schnell helfen, aber eine echte Medizin gegen Erkältung? Das ist dann wohl doch eher viel Schlaf, ab und an eine heisse Zitrone und zur Vorbeugung mehr Sport. Letzteres fehlt mir momentan leider wirklich.
Also ich schwöre bei Erkältung eher auf schottische Medizin ;)
Ach ja, japanische Medizin. Ich weiß noch, wie sie mir Unikrankenhaus für 3 Tage (!) Antibiotika gegen eine Halsentzündung gegeben haben. Natürlich war die danach nicht weg. -.-
Aber sie haben auch jedem (!) ausländischen Studenten beim Gesundheitscheck gesagt, er/sie wäre zu dick. Dabei waren manche sogar für japanische Verhältnisse schlank. Aber tja, wer als Frau über 45 Kilo wiegt…
Bringen die Masken wohl doch nicht so viel. Läufst du da auch mit Maske rum?
Gute Besserung! Viellicht bringt es ja was die Tabakwaren weg zulassen, ich meine ganz weg… ;-)
Hmm, ich habe im Rahmen einer Diaet Kanpou verschrieben bekommen (No.62). Ob’s daran lag oder nicht, weiss ich nicht aber abgenommen habe ich :)
Achso und japanische Erkaeltungsmedizin (z.B. gegen Husten) hilft bei mir durchaus ….
Hm, ich kann mich nur anschliessen – die japanische Medizin die ich bei meinem Hausarzt quasi selbst gemixt bekommen habe hat mir immer weit mehr geholfen als alle Medikamente die ich hier zurück in Europa in der Apotheke verschrieben bekomme. Allerdings habe ich da noch um die 53 kg gewogen..
Mein fast 4 jähriger Sohn ist seit November ununterbrochen erkältet, trotz zahlreicher Arztbesuche und zusätzlicher Ruhetage. Ist uns in Japan trotz Kindergartenbesuches nie passiert. Nun ja.
Gegen Erkältung hilft Erwärmen immer noch am besten. Z.B. Heißes langes Bad oder zur Not Dusche. Wichtig ist eben, dass es feucht-heiß ist und man gut schwitzen kann.
Wenn die Erkältung gerade kommt, dann kann man sie dadurch enorm verharmlosen… aber das Fenster ist leider nicht soo groß. Wenn sie erst mal richtig da ist, hilft kaum was.
@Saitama Lilie
Naja, ich halte japanische Kindergaerten fuer DIE Bakterienpools ueberhaupt. Viele Businessmamas sind total ueberfordert mit ihren Monst…. aeh… lieben Kleinen und schicken sie schonmal trotz Fieber in den Kindergarten. Naja, so wie die Erwachsenen eben auch krank zur Arbeit gehen und erst zuhause bleiben, wenn sie ihre ganze Abteilung angesteckt haben.
Dein Sohn ist in Japan geboren? Das wuerde schonmal erklaeren, warum er in D staendig krank ist. Dort schwirren wieder ganz anders beschaffene Viren herum, an die sich sein Immunsystem erstmal gewoehnen muss. Keine Sorge, das legt sich schon. Ich war im ersten Jahr in Tokyo auch staendig krank. Kein Wunder in der “Erkaeltungshauptstadt” der Welt.
@Tabibito
Ich bin bisher mit den japanischen Medikamenten ganz gut gefahren. Musste halt einfach nur die empfohlene Dosis verdoppeln, oder manchmal auch verdreifachen…
Also Katja schwört auf Grog! Und wie man liest ist wohl schwitzen allgemein nicht verkehrt. Kann ich so im Rückblick eigentlich auch nur bestätigen.
Antibiotika behalte iuch mir für die schwierigen Fälle vor. Bei Erkältung muss Naturheilmedizin – gerne auch Grog – genügen.
@coolio
Ist hier nicht anders: “Was? Der fühlt sich warm an? Wie mussten nur zur Kita hetzen!” “Nee, die sieht nicht blass aus, war nur ein wenig früh heute!” Und dann freut man sich dann, wenn das eigene Kind am nächsten Tag schwächelt.
@ Tabibito
Gute Besserung! Sind die Sterne neu?
Das sind halt eben kulturelle Unterschiede. Die Überzeugung Dinge natürlich zu belassen trifft auch hier zu. Von alters her wird bei leichten Erkrankungen Medizin bevorzugt die nur soweit wirkt, dass der Körper den Resten alleine schafft, anstatt wie bei uns mit der Chemiekeule voll zuzuschlagen. Hat beides Vor- und Nachteile. Es gibt alte Medizin von der man Unmengen schlucken kann ohne Nebenwirkungen, jedoch ist dies am verschwinden da die jüngere Generation an neue Produkte glaubt, die von der Pharmaindustrie entsprechend beworben wird. Als ich mal einem Arzt erzählte ich würde 龍角散 (ryuukakusan) benutzen, lachte er erstaunt. Das Mittelchen gibt’s seit 200 Jahren!, wurde vor über 100 Jahren in die heutige Form gebracht (man weiss es nicht mehr zu verbessern) und bestehen tut’s aus nur 4 pflanzlichen Zutaten, darunter Aprikosenkernen. Bei Reizhusten eine Prise auf die Zunge und der Husten stoppt sofort, und ich meine sofort! Benutzen tun’s aber eher ältere Papis, Junge kennen es oft nicht.
@Julia
Weiss ja nicht was die euch genau beim Gesundheitscheck sagten. Nur soviel, ein bisschen mochimochi zu sein – was bei uns schon als fett bezeichnet würde – ist positiv und wird als gesund und attraktiv gesehen (für beide Geschlechter). Mit 45-50 Kilo liegt man gut im Schnitt, futotta zu sein hat nicht dieselbe Stigmatisierung. Was nicht heisst dass Diätwahn und Magersucht in Japan keine gesellschaftliche “Probleme” darstellen.
@Marcus
Hab ich probiert! Ging mir auch besser danach. Zumindest für die ersten paar Stunden :)
@Julia
Geht Männern beim Gesundheitscheck genauso. Wurde beim letzten Check auch verwarnt, weil ich ein Kilogramm zugenommen hatte. In 5 Jahren, wohlgemerkt…
@kiru
Komischerweise hilft bei mir ein heisses Bad gar nicht – im Gegenteil, bei einer Erkältung beginnt die mir erst nach einem heissen Bad richtig. Irgendwas muss ich falsch machen.
@coolio
Ich wollte mich eigentlich nicht zudröhnen :) Aber wenn es mir jemand amtlich bestätigt, dass die Arzneimittel hier weniger Wirkstoffe haben, wäre das mal wert auszuprobieren.
@Terry
Ja, die Sterne sind neu. Und das Ergebnis niederschmetternd :) Wenn’s mir reicht, fliegen die Sterne wieder raus.
Im Ernst, Kommentare sind eine Sache, aber zu sehen, welcher Artikel für besser befunden wird als ein Anderer ist für mich schon wissenswert.
Au wow, Gallensteine vom Rind damit die Halsschmerzen weggehen. Wenn man mir das vorher sagen würde, dann würde ich wohl auch daran zweifeln. So kann das “Medikament” ja garnicht wirken ;-)
[…] Und erfreut festgestellt, daß die Dinger richtig gesund sind. Sie werden wohl auch in der traditionellen chinesischen Medizin (漢方) angewendet, vor allem um Erkältungen vorzubeugen bzw. kurieren, aber auch gegen Entzündungen […]