Anlass dieses Artikels ist eine neue Klinik, die mir neulich in Ebisu, Tokyo aufgefallen ist. “Tokyo Player’s Clinic” fand ich als Namen für eine Klinik sehr, sehr eigenartig, aber bei genauer Betrachtung des Schildes kam der Aha-Effekt: Hier werden vornehmlich Geschlechtskrankheiten behandelt. In dem Sinne ein wunderschöner Name, das muss man schon sagen.
Doch wie sieht es mit den 性感染症 seikansenshō (oft auch mit der englischen Abkürzung STD bezeichnet) in Japan aus? Gerüchten und der Logik zufolge müsste die Verbreitung relativ gross sein, da Verhütung mit Kondomen in Japan nicht sehr beliebt ist. Im Jahr 2017 sah die Zahl der in Japan gemeldeten (und da liegt natürlich das Problem!) Fälle wie folgt aus¹:
- Gonorrhoe rund 8,000 Fälle (in Deutschland gemeldet: rund 2,000)
- Chlamydiose rund 25,000 Fälle
- Genital-Herpes rund 9,000 Fälle
- Feigwarzen rund 5,400 Fälle
- Syphilis rund 5,800 Fälle (Deutschland: 5,000)
- AIDS rund 1,400 neue Fälle² (Deutschland: 3,200 (2015))
Vergleicht man die Zahlen mit Deutschland, so sind diese also letztendlich eher niedrig, wobei die Zahlen für 2-4 extrem niedrig erscheinen – Wikipedia rechnet da eher mit Prozentzahlen der sexuell aktiven Bevölkerung; es sollten also wesentlich mehr Fälle sein. Da aber diese drei Krankheiten keine akute Gefahr bedeuten, im Gegensatz zur Syphilis zum Beispiel, werden wahrscheinlich viele Fälle nicht oder anderweitig behandelt, oder aus irgend einem Grund nicht gemeldet. Von der Syphilis abgesehen sinkt die Zahl der meisten anderen Geschlechtskrankheiten auch mehr oder weniger stetig. Die Syphilis ist hingegen stark auf dem Vormarsch: Bis 2012 waren es jeweils weit weniger als 1’000 Fälle pro Jahr; nun sind es schon über 5’000. Das ist allerdings auch in anderen Industrienationen der Fall. Auf Japanisch hat die Krankheit den interessanten Namen 梅毒 baidoku – wörtlich: Pflaumengift. Der alte Name war etwas anders und nahm auf die Früchte des ヤマモモ (Bergpfirsich) bezug, da Syphilisekzeme jenen Früchten ähneln. Es gibt übrigens Schätzungen, nach denen rund 50% der Bewohner Edos damals unter Syphilis litten³…
¹ Siehe hier
² Siehe hier
³ Siehe hier
Als ich in Japan im Urlaub war meinte unser Reiseleiter dass in Japan vor allem mit Kondom verhütet wird weil die Pille sehr lange nicht zugelassen war und nur ca. 5% der Frauen jetzt die Pille nehmen?
Die Pille ist in der Tat nicht sehr verbreitet, da sich hartnäckig das Gerücht hält, dass die Pille gesundheitsschädlich ist. Kondome sind da verbreiteter, aber auch nicht so verbreitet wie zum Beispiel in Europa. Viele schwören noch immer auf den guten alten coitus interruptus…
Ich meine, ich habe durchaus auch Bedenken bei der sorglosen Art, mit der manche deutschen Ärzte schon sehr jungen Mädchen die Pille verschreiben, aber es gibt auch Fälle, wo die Pille besser ist als keine Pille (gewisse Menstruationsstörungen bzw. einhergehende Schmerzen) und besser als eine ungewollte Schwangerschaft oder eventuell belastende und kostspielige Abtreibung ist sie sicher. Wobei sie natürlich nicht vor Geschlechtskrankheiten schützt, und ich selbstverständlich Frauen verstehen, die die Pille nicht nehmen wollen oder können, denn sie kann durchaus starke Nebenwirkungen haben und wieso sollen immer nur wir Frauen mit so was leben?
Die Vorliebe der Japaner für ungeschützten Geschlechtsverkehr ist schon etwas seltsam. Eine in einem Badehaus arbeitende Dame meinte mal zu mir das liege daran dass die Japaner es halt gern nama mögen, sowohl beim Sashimi als auch beim Sex…
Toller Beitrag! Gerade erst über Google gefunden.