Blog10 überflüssige japanische Traditionen

10 überflüssige japanische Traditionen

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Yahoo! Japan veröffentlichte in dieser Woche eine kleine Studie, bei der 200 20-jährige, arbeitende Männer und Frauen gefragt wurden, welche japanischen Traditionen ihrer Meinung nach abgeschafft gehörten¹. Mehrere Antworten waren möglich. Das Resultat birgt keine sonderlichen Überraschungen für jemanden, der diese “Traditionen” kennt. In der Tat kann man die Liste sehr gut nachvollziehen:

  1. 目上の人へのお酌 meue no hito he oshaku – Ranghöheren Alkohol eingiessen müssen. Mit dieser Tradition konnte ich mich auch noch nie so recht anfreunden. Soll doch jeder so trinken, wie er oder sie möchte!
  2. 飲み会の余興 nomikai no yokyō – der Zwang, beim gemeinsamen Trinken irgendwelche Spielchen machen zu müssen. Oh ja. Das ist mein Favorit. Das verleitet zum Absagen.
  3. 義理チョコ giri choko – der Zwang, zum Valentinstag Männern Schokolade schenken zu müssen – und am “White Day” die Retourkutsche. Wer auch immer auf die Idee kam…
  4. 冠婚葬祭のお返し kankonsōsai no okaeshi Bei Hochzeiten und anderen Feierlichkeiten, aber auch bei Beerdigungen, Krankenhausbesuchen usw. wird Geld gegeben. Die Tradition besagt jedoch, dass man in etwa ein Drittel später in irgendeiner Form wieder zurückgeben muss.
  5. 飲み会などの二次会 nomikai nado no nijikai – der zweite Gang nach einem Zechgelage. Das kann ganz lustig sein, wenn man mit den richtigen Leuten unterwegs ist, aber wenn es zur Pflicht wird, ist das in der Tat lästig.
  6. 結婚式のご祝儀 kekkonshiki no goshukugi – Wird man von einem Freund zur Hochzeit eingeladen, sollte man normalerweise 200 Euro und mehr als Geldgeschenk geben. Will heissen, Hochzeitseinladungen gehen richtig ins Geld – das ist umso ärgerlicher, wenn man selbst nicht verheiratet ist.
  7. 職場へのお土産 shokuba no omiyage – das Pflichtmitbringsel für die Kollegen aus dem Urlaub. Eigentlich keine schlechte Sache, aber manche nennen es auch “Schlechtes-Gewissen-Mitbringsel”, weil die Kollegen arbeiten mussten, während man sich amüsierte. In dem Licht betrachtet ist das in der Tat nicht schön.
  8. お中元・お歳暮 ochūgen / oseibo – kleine Geschenke an Vorgesetzte, Mäzene, usw. im Sommer und über Neujahr. Auch das geht schnell ins Geld.
  9. 「大安」「仏滅」など taian, butsumetsu nado – alle Tage gehören zu einer von sechs Kategorien – wobei es Regeln dafür gibt, welche Art Tag gut für was ist (Hochzeiten usw.). Dementsprechend halten natürlich alle am idealen Tag Hochzeiten ab usw.
  10. 故人に戒名 kojin ni kaimyō – Verstorbenen einen neuen Namen ausstellen. Kommt aus dem Buddhismus und bedeutet, dass man Verstorbenen, so sie ein ordentliches Leben führten, einen neuen Namen ausstellt. Den schreibt ein Mönch auf eine Tafel, und das kostet mal eben knapp 100 Euro. Streng genommen ist das eigentlich ein Brauch für buddhistische Mönche, aber die Tempel verdienen damit und mit vielen anderen Traditionen Unmengen an Geld.

Als Ausländer sollte man es sich natürlich gut überlegen, ob man eine Tradition im Gastland kritisiert oder nicht. In diesem Falle kann man das aber, da die meisten Japaner (200 Befragte stellen natürlich keine repräsentative Menge dar, aber man kann ziemlich sicher sein, dass das Ergebnis selbst bei 2 Millionen Befragten ähnlich ist) selbst regelmässig ob dieser gesellschaftlichen Zwänge stöhnen.
¹ Siehe hier

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

6 Kommentare

  1. Oh ja, Nr. 1… Kann mich da bei einer Nomikai mit Kollegen irgendwie nie so recht entspannen, weil ich ständig auf die Getränke der Anderen schiele und mich frage, ob da jetzt schon nachgeschenkt werden muss ;)

  2. Jap, kann ich (fast) alles nachvollziehen.
    Was mich besonders stoert: Nomikai
    In unserer Firma kostet der Spass dann meist 5000 Yen fuer die Maenner und 3500 Yen fuer die Frauen, weil die ja weniger verdienen (….)
    Von den 5000 Yen sind 3000 Yen fuer den unabdinglichen Nomihoudai, womit 2000 Yen fuer’s Essen uebrig bleiben. Und da ich keinen Alkohol trinke, gebe ich 5000 Yen fuer schlechtes bis mittelmaessiges Essen aus …
    Aber das Geld bezahlt man ja nicht fuer die Verkoestigung, gell?
    Dumm nur, dass es bei den Nomikais immer extrem verraucht und ausserdem auch sehr laut ist. Das bedeutet, nachher tut mir dann oft der Hals (vom Rauch, vielen Schreien) weh. Und der Laerm hilft auch nicht unbedingt bei der Kommunikation mit den Kollegen. Habe ich schon erwaehnt, dass ich den Geruch von kaltem Tabak auf meiner Kleidung / Haut / Haaren nicht ausstehen kann?
    Ja, Nomikai sind schon “toll”.
    Btw. es heisst “goshuugi” (jaja, Pedant)

      • Das fehlende Rauchverbot ist in Japan imho das schlimmste.
        Nomikai selber wäre ja nicht einmal das Problem, aber diese verqualmten Räume, meine Güte. Ich bin so froh über das Rauchverbot in Deutschland. Jeder der was dagegen sagt, sollte nur einmal nach Japan fahren.

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