Ab dem 1. Juli wird man wohl eines des Öfteren sehen: Japan-Besucher, die verzweifelt versuchen, dem Automaten ein Päckchen Zigaretten zu entlocken – und sie werden dabei schauen wie ein Schwein ins Uhrwerk.
Grund dafür ist TASPO (was diese Abkürzung bedeutet, weiss ich bis heute nicht) – eine IC-Karte, mit deren Hilfe man als Erwachsener erkannt werden soll. Man muss diese Karte extra beantragen und braucht dazu ein Passfoto und irgendeinen Ausweis oder auch Führerschein. Damit will man vermeiden, dass Jugendliche (hier darf erst ab 20 geraucht und getrunken werden) Zigaretten kaufen.
Die Karte wird gestaffelt eingeführt, und der Grossraum Tokyo ist als letztes dran – am 1. Juli dieses Jahres eben.
Der Erfolg wird angezweifelt. So wurde schon letzten Monat eine Mutter in Kyushu vor Gericht gebracht, da sie ihre Taspo-Karte ihrer 16-jährigen Tochter lieh. Der Clou: Die Mutter selbst raucht gar nicht.
Auch in Japan wird die Schlinge für Raucher langsam enger. Als nächstes will man den Zigarettenpreis erhöhen. Noch kostet hier eine Schachtel zwischen 300 und 350 Yen, also ca. 2 Euro, was verglichen mit anderen Industriestaaten wirklich spottbillig ist. Aber einige Politiker fordern bereits, den Preis auf 1,000 Yen zu erhöhen. Wenn man sich die Begründungen dieser Forderung durchliest, kommt man aber ins Staunen: Es sind weniger die Sorgen um die Gesundheit der Bevölkerung als Argumente wie “in anderen Ländern sind die schliesslich auch teurer” oder “Wenn wir den Preis verdreifachen, bekommt der Staat drei Mal mehr Geld”. Diese Milchmädchenrechnung ist so bizarr, dass es schon wieder komisch ist.
Übrigens soll mit der Einführung der Taspo eine andere Massnahme auslaufen: Bisher dürfen, seit den 1990ern, Bier- und Zigarettenautomaten nur bis 11 Uhr abends verkaufen. Jetzt sollen zumindest Zigarettenautomaten rund um die Uhr in Betrieb sein. Das mit den Bierautomaten zumindest erinnert mich immer an meine Studienzeit in Japan. Eines der ersten Projekte, wenn auch inoffiziell, im Studentenwohnheim war das Erstellen einer erstaunlich maßstabgetreuen Karte der näheren Umgebung, in der jeder Bierautomat verzeichnet war, bei dem die automatische Selbstabschaltung um 11 nicht funktionierte. Diese Karte rettete so manchen Abend…
Das Wort des Tages: 成人識別 – seijin shikibetsu. Seijin ist der Erwachsene, shikibetsu die Identifizierung. Die “Erwachsenenidentifizierung”. Es sind übrigens Projekte am laufen, bei denen eine Kamera das Gesicht des Käufers scannen und das Alter bestimmen soll. Stelle ich mir sehr lustig vor.
“taspo” (short for “tobacco passport”)
:-)
BTW finde ich ja auch den Begriff “PIDEL” großartig:
Taspo cards come with a prepaid electronic money ‘pidel’ function.
Als ich in einem Hotel in der Nähe von Gotanda nächtigte, Nachts um 2 Uhr Murakami auf Englisch las, funktionierte der Bierautomat im Hotel zum Glück und ich konnte mir eine sagenhaft teure Sappporo Dose ziehen. Oder waren es zwei? :)
ich als überzeugter nichtraucher wunder mich immer wieder, dass raucher jede gängelung und preiserhöhung mitmachen ;)wie siehts eigentlich mit werbung für zigaretten und bier in japan aus? der sinn mit der abschaltung um 11uhr entzieht sich mir, ist ja wie mit geldautomaten, die nur zur geschäftszeit funktionieren. 0o gilt diese beschränkung eigentlich auch für convenience stores?
LOL! Tabako Tarou! Genial.
Mir war auch schon aufgefallen, dass die Automaten in Tokyo mit klassischem Geld funktionieren, waehrend man in Kansai Karten benoetigt.
Ich habe dann mal einen Raucher gefragt, was das auf sich hat und er hat mir dann erklaert, dass auch in Tokyo bald nicht mehr mit Bargeld an Zigarettenautomaten bezahlt werden kann.
Danke, dass du die Hintergruende noch ein bissel naeher erklaert hast.
Allerdings: Gehen da nicht auch normale Kreditkarten? (Die kriegt man ja auch erst, wenn man nen festen Job hat, bzw. Eltern, die dann dafuer haften. Eine Altersgrenze gibt es da doch bestimmt auch!?)
Nun sind die Raucher auch in Japan dran. nun, mir ist das Ding mit dem Rauchen relativ wurscht. Selber habe ich es mit “unserer” Schwangerschaft aufgegeben, andere Raucher stören mich nicht. Aber Bierautomaten sind natürlich Klasse.
Sehr angenehm fand ich aber einen der wenigen Weggehabende in einen großen Studentenklub hier in L.E. Dieses neue Rauchverbot lässt dann doch beherzt durchatmen und die Klamotte kann man am nächsten Tag auch noch mal tragen.
Was mich auch wundert, ist die Zeitbegrenzung von derartigen Automaten. Gibts keine Späties oder 24-h-Stores in Japan? Insoweit stellt sich nämlich die Frage nach dem Bedarf von Bierautomaten.
@Gilly
Hätte ich doch besser im Engrish-Unterricht aufgepasst… Jetzt wo Du es sagst.
@dg
Die Beschränkung gilt nicht für Konbinis. Wär ja noch schöner…
@Lori
Normale Kreditkarten? Das fände ich schon hart… Es gibt auch so was: Japaner ohne Kreditkarte. Zum Beispiel solche, die Privatbankrott angemeldet haben. Das sind nicht wenige.
@Terri
Die 24-Stunden-Läden verkaufen alles rund um die Uhr. Aber wenn man ungünstig wohnt, ist der nächste Laden 200 m entfernt… da braucht man eben Automaten ;-)
Studentenklub in L.E…. Du meinst aber nicht die altehrwürdige MB!?
TASPO = Tobacco Access Passport … so macht das “AS” auch einen Sinn.
“Aber wenn man ungünstig wohnt, ist der nächste Laden 200 m entfernt..”
:-D
Und heute frisch bei Heise…
Japanische Raucher tricksen die Gesichtserkennung aus :-)
http://www.heise.de/newsticker/Japanische-Raucher-tricksen-Gesichtserkennung-an-Zigarettenautomaten-aus–/meldung/110200