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Sommerzeit nun doch nicht… oder doch? Das alte Helge-Reinhold-Spiel…

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Nein, die Diskussion um die Einführung der Sommerzeit in Japan ist gewiss nicht neu (wie schon mein Artikel aus dem Jahr 2010 zeigt). Eigentlich ist das Thema ja uralt, da 1947 schon mal die Sommerzeit eingeführt wurde, nur um dann nach vier Jahren wieder abgeschafft zu werden. Doch in diesem Jahr war man so nah wie nie dran an der Wiedereinführung, denn die Regierung fand Gefallen an der Idee, vor allem im Hinblick an die Olympischen Spiele in Tokyo 2020. Selbstverständlich wird das Thema auch hier kontrovers debattiert. Einigen kleineren Umfragen zufolge ist die Mehrheit gegen die Einführung. Als Gegenargument wird gern angeführt, dass man die Sommerzeit Anfang der 1950er aus gutem Grund abgeschafft hatte – den Gewerkschaften zufolge nutzten die Arbeitgeber die gewonnene Stunde am Abend einfach dazu, ihr Personal einfach eine Stunde länger arbeiten zu lassen. Das ist freilich nicht im Sinne der Erfindung bzw. der Bevölkerungsmehrheit.
Gern verweisen die Gegner auch auf die EU, die fleißig dabei ist, die Sommerzeit abzuschaffen. Ein drittes, typisches Totschlagargument lautet: “Gibt’s in anderen Ländern Asiens auch nicht – warum sollten wir es dann einführen?”
Ja, richtig. Warum nur? Vielleicht, weil es einfach mal Wahnsinn ist, das in Tokyo selbst im Hochsommer die Lichter nachts um 7 Uhr aus sind? Und das, obwohl Japaner im Schnitt ein bis zwei Stunden später anfangen mit arbeiten? Der durchschnittliche Arbeiter, meine Wenigkeit eingeschlossen, kann da selbst am Tag der Sommersonnenwende nicht im Tageslicht nach Hause fahren. Das ergibt einfach keinen Sinn.
Doch die Befürworter der Sommerzeit gaben heute zu, dass die Einführung der Sommerzeit wohl – zumindest bis 2020 – nicht möglich sein wird, da der Aufwand zu hoch sei. Von der IT-Sicht der Dinge haben sie da sicher recht, es wäre in der Tat ein Riesenaufwand, auch für Unternehmen außerhalb Japans. Doch es gäbe da noch eine andere Möglichkeit, die ich persönlich nur begrüßen kann. Die Einführung der ewigen Sommerzeit, sprich die Verschiebung der Zeitzone um eine oder zwei Stunden. Dann müßten sich die Menschen nur ein Mal umstellen, und dann wäre alles gut. Diese Lösung scheint jedoch zur Zeit nicht zur Debatte zu stehen.

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

6 Kommentare

  1. EU schafft ab, Japan an, das wär wirklich ein Witz!
    >Ja, richtig. Warum nur? Vielleicht, weil es einfach mal Wahnsinn ist, das in Tokyo selbst im Hochsommer die Lichter nachts um 7 Uhr aus sind? Und das, obwohl Japaner im Schnitt ein bis zwei Stunden später anfangen mit arbeiten? Der durchschnittliche Arbeiter, meine Wenigkeit eingeschlossen, kann da selbst am Tag der Sommersonnenwende nicht im Tageslicht nach Hause fahren. Das ergibt einfach keinen Sinn.
    Ich glaube, du machst hier auch wieder den Fehler, den fast alle machen, was mich jedes Mal verwundert.
    Es ist ja nicht die Uhrzeit, die den Verlauf der Sonne bestimmt.
    Sondern wir haben unsere Uhrzeit nach der Sonne gemacht und danach gewisse Normen geschaffen.
    Während es durchaus Sinn macht, mit dem Sonnenaufgang aufzustehen und mit dem Untergang ins Bett (so grob), macht es keinen Sinn sich darauf zu versteifen, dass 7 Uhr angefangen wird zu arbeiten, ganz egal, wo die Sonne ist.
    Oder anders ausgedrückt: Die Zeit auf der Uhr kann bleiben wo sie ist, und wir können trotzdem eine “Sommerzeit” machen – für die, bei denen es tatsächlich Sinn macht.
    Das spart eine Menge technische Probleme und alle Vorteile (so denn vorhanden) bleiben erhalten.
    Und btw. ist es mir persönlich ziemlich egal, ob ich im Dunklen nach Hause gehe – aber wenn ich aufstehe soll es nicht dunkel sein! ;)

    • Nein, das ist kein Fehler — das ist einfach Realismus. Flexible Arbeitszeiten, die sich nach dem Stand der Sonne bzw. der Helligkeitsphase richten, sind einfach nicht realistisch in einer Gesellschaft, die auf Kontinuität und ständige Bereitschaft pocht. Und ein allgemeines Umstellen der Arbeits- und Öffnungszeiten um ein oder zwei Stunden nach vorn wäre natürlich die einfachere Variante, aber das wird einfach nicht passieren (oder wenn, dann nur ganz, ganz langsam). Es gäbe zu viel Widerstand in der Gesellschaft.

  2. Also ich wäre sofort für eine Sommerzeit in Tokyo
    Sonnenaufgang: 05:33
    Sonnenuntergang: 17:30
    Hallo? Gehts noch? Morgens um 5 knallt schon die Sonne Vollgas rein und Abends gehts dann im Stock dunklen nach hause?
    Wer was vom Tag haben will muss am Wochenende um 6 aufstehen, oder darf durchs dunkle wandern, also ich halte davon nicht viel.
    Ich finde Japan sollte einfach seine komplette Zeitzone um +3 verschieben.
    Sonnenaufgang um 8:30 und Sonnenuntergang um 20:30. das macht doch viel mehr Sinn.

  3. 八から八まで oder Deutsche für Zeitumstellung in Japan DfZiJ
    Und das nächste Projekt ist dann eine ICE Linie von Berlin nach Tokyo, über Moskau und Seoul. Rein rechnerisch wäre eine Fahrzeit von 24h von Berlin nach Tokyo möglich

  4. Wenn ich das richtig verstanden habe, soll in der EU doch die ewige Sommerzeit eingeführt werden. Also ist das Argument, dass sie in der EU gerade abgeschafft, nur halb richtig. Die Zeitumstellung geht, die Sommerzeit bleibt.

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