Am vergangenen Wochenende wurden in Los Angeles die Creative Arts Emmys vergeben, und bereits im Vorfeld war klar, dass die Neuverfilmung der Fernsehserie “SHOGUN” einige der begehrten Preise abräumen wird. Dass es nun aber gleich 14 Emmys wurden, war eine echte Überraschung — das sind 2 Emmys mehr als der bisherige Rekordhalter, nämlich “Game of Thrones” mit 12 Emmys. Bemerkenswert war dabei, dass Hiroyuki Sanada und Anna Sawai jeweils den Preis für die besten Darsteller erhielten. Außerdem ist SHOGUN die erste fremdsprachige TV-Produktion, die den Preis für das beste Drama erlangte, denn obwohl es sich um eine amerikanische Produktion handelt, sind 70% der Dialoge, auch in der Originalversion, auf Japanisch.
Viele Menschen rund um und mehr als 50 Jahre alt kannten den Stoff bereits, denn Richard Chamberlain spielte 1980 in der ersten Verfilmung des gleichnamigen Romans von James Clavell den bärbeißigen englischen Navigator Blackthorne, der in Japan unter dem Namen 安針さん (Wörtlich: “Sichere (Kompass)nadel”) Karriere machte. Es ist wohl nicht übertrieben, zu behaupten, dass ein großer Teil der amerikanischen und westeuropäischen Jugend jener Zeit 90% seiner Japankenntnisse und 100% der Japanischkenntnisse aus eben jener Fernsehserie bezog.
Die Neuverfilmung hatte damit einen leichten Start — selbst ein Serienmuffel wie ich war ziemlich interessiert daran, wie der Stoff dieses Mal umgesetzt wurde. Und ich muss zugestehen, dass ich ziemlich begeistert war. Vor allem von Hiroyuki Sanada in seiner Rolle als Tokunaga, einem weisen und skrupellosen Daimyo, der im gestrandeten englischen Navigator eines holländischen Schiffes sofort einen nützlichen Idioten erkannte. Die schauspielerischen Leistungen von Tadanobu Satō und Anna Sawai standen dem in nichts nach — es machte richtig Spaß, zuzuschauen. Hier und da hatte ich das Gefühl, dass man etwas zu viel Japan in die Verfilmung steckte — einige Dinge (Dichtung, Teezeremonie, Erdbeben usw.) wirkten ein bisschen zu aufgesetzt, aber irgendwie gehören diese Dinge natürlich auch dazu. Sehr erfrischend fand ich jedoch vor allem die Idee, den Originalton wirklich bei Japanisch zu belassen, denn nur so konnten die japanischen Darsteller auch wirklich ihre volle Leistung entfalten.
Hiroyuki Sanada, Hauptdarsteller der Serie, wurde 1960 geboren und steht im Prinzip seit seinem sechsten Lebensjahr vor der Kamera, denn er begann sehr jung als Kinderdarsteller. Seit 1969 spielte er in unzähligen japanischen und später auch Hongkong-Filmen mit, doch richtig große Anerkennung bekam er in Japan nie. Auf der internationalen Bühne (amerikanische Verfilmung von Ring, Avengers, Wolverine, 47 Ronin, Last Samurai, John Wick, Bullet Train und und und) war er weit erfolgreicher, doch selbst das wurde nie wirklich in Japan an die große Glocke gehängt. Das hat sich nun schlagartig geändert, denn die Tatsache, dass
a) es in SHOGUN um Japan geht
b) gleich beide, Hauptdarstellerin und Hauotdarsteller aus Japan kommen und einen Emmy erhielten
c) die Serie zum größten Teil auf Japanisch gesprochen wird
sorgt für einen großen Medienhype, und das natürlich zurecht. Vor allem Sanada muss man es wirklich gönnen, dass er nun auch endlich in Japan gebührende Anerkennung findet.
Zwar ist die Serie hier und da überzeichnet – und gelegentlich bluttriefend — aber sie ist durchaus sehenswert. Und wenn ein Serienmuffel das schon sagt, muss was dran sein. Zu sehen ist die Serie zur Zeit auf Hulu und Disney+.
Krass – ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass Sanada in Japan keinen großen Bekanntheitsgrad hat. Fallen mir doch von Twilight Samurai, über westliche Produktionen wie Railway Man bis hin zu Serien wie eben Shogun und das komische … wie hieß es … Helix? Zig Produktionen mit ihm ein. Verblüffend.