Heute veröffentlichte das japanische Ministerium für Gesundheit, Arbeit und Soziales 厚生労働省 kōsei rōdō-shō die neuesten Statistiken zum Thema Kindesmissbrauch in Japan. Erhoben wurden die Daten durch die Befragung der insgesamt 207 Gesprächszentren für Kindesmissbrauch. Demnach wurden zwischen April 2014 und März 2015 insgesamt 88’931 Fälle gezählt – eine erschreckende Zahl, und ein Zuwachs von fast 20% gegenüber dem Vorjahr. Zum Vergleich: In Deutschland zählt man pro Jahr in etwa 3’700 Fälle¹.
Nun hat Japan 1.5 mal so viele Einwohner wie Deutschland – doch selbst wenn man das rausrechnet, gibt es in Japan also fast 18 mal so viele Fälle. Theoretisch zumindest, denn es handelt sich hier um Statistiken – mit unterschiedlichen Parametern. Die Zahl für Deutschland steht für polizeilich erfasste Fälle – die japanische Zahl für alles, was den Gesprächszentren vorgetragen wurde. Ausserdem zählt man in Japan auch häusliche Gewalt (in Japan kurz “DV” genannt – das steht für domestic violence) vor den Augen von Kindern zum Kindesmissbrauch. Zudem beinhalten die deutschen Zahlen nicht sexuellen Missbrauch – da zählte man in Deutschland pro Jahr in etwa 15,000 Fälle². Die japanischen Zahlen beinhalten sexuellen Missbrauch. Rund 35% der Fälle beinhalten körperliche Gewalt, Vernachlässigung: 29%, sexuelle Gewalt: 2.2% und seelische Gewalt 34%. Das ist interessant: Glaubt man diesen Zahlen, ist sexueller Missbrauch von Kindern in Japan etwas sehr seltenes. Das deckt sich übrigens auch mit meinem Empfinden: Entweder ist das wirklich so, oder das Thema wird schlichtweg erfolgreich tabuisiert. Man hört einfach nichts darüber in Japan. Insgesamt 36 Fälle von Kindesmisshandlung endeten tödlich.
Das Ministerium erklärt die hohe Zahl und die Zunahme zum einen damit, dass es immer mehr Patchwork-Familien gibt. Zum anderen wird die steigende Gewalt mit der Zunahme armer Familien erklärt. Da bei beiden Faktoren keine Besserung in Sicht ist, geht man entsprechend auch nicht von einer positiven Entwicklung in den nächsten Jahren aus.
Einerseits sind die Zahlen natürlich schockierend. Doch schauen wir einmal auf die Entwicklung der Zahlen von 1990 (seit es die Erhebung gibt) bis 2013 (der offizielle, volle Bericht ist noch nicht auf der Webseite des Ministeriums einsehbar):
Nur 1’101 Fälle im Jahr 1990 – und seitdem ein jeher Anstieg? Das ist natürlich Unsinn. Die Zahlen lassen sich damit erklären, dass Kindesmissbrauch bis 1990 quasi Familienangelegenheit war: Es gab keine Anlaufstellen und Hotlines, und kein öffentliches Bewusstsein zum Thema. Das hat sich mit den Jahren geändert, wie man sieht: Heute werden wesentlich mehr Fälle gemeldet – die Bevölkerung ist sensibilisiert. Das ist aber auch die einzige gute Nachricht an diesem Bericht.
¹ Siehe hier.
² Siehe hier.
³ Siehe hier.
Bitte diesen Satz durchlesen ;)
“Nun hat Japan 1.5 mal so viele Einwohner wie Japan”
Ich denke das mit dem Missbrauch würde ich schon etwas erklären können:
35% der Fälle beinhalten körperliche Gewalt
– Ich sehe darin die Züchtigung der Eltern an den Kindern da sie nicht dem Leistungsdruck der Eltern entsprechen.
Vernachlässigung: 29%
– Ich habe hier mal nach gegooglet weil mich das interessiert hat
“Werden auch geringere Erfahrungen von Vernachlässigung einbezogen, berichten fast 50% der Befragten von körperlicher und/ oder emotionaler Vernachlässigung. Schwere körperliche Vernachlässigung lag bei 10, 8% und schwere emotionale Vernachlässigung bei 6,6% der Befragten vor.”
In Japan denke ich, ist die die erwartete Arbeitsleistung aus sozialer Sicht höher als in Deutschland, hier wird Burnout auch eher angesprochen, ich habe schon einige male gelesen das in Japan sich viele Menschen zu tode arbeiten.
Dementsprechend lässt schlussfolgern das die Kinder auch Vernachlässigt werden.
(QUELLE: http://www.fruehehilfen.de/fruehe-hilfen/forschung/statistik-daten-und-fakten/daten-und-fakten/)
seelische Gewalt 34%
– Stress und Druck der Eltern
Das ist nur meine Persönliche Einschätzung