BlogJetzt auch in albern: NHK News 7

Jetzt auch in albern: NHK News 7

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Was für viele Deutsche die Tagesschau um 20 Uhr ist, ist für noch viel mehr Japaner die NHK News 7 Nachrichtensendung um 19 Uhr. Mit dem Unterschied, dass letztere gleich mal 30 Minuten lang ist. Genau so lang wie die Aktuelle Kamera also, und mit einem ähnlichen Unterhaltungswert, denn ein fester Bestandteil des Programms ist Jubelfernsehen – wo der Kaiser wem die Hand geschüttelt hat, wo gerade welche Jahreszeit besonders schön ist und was es sonst noch so für Erfolge in Japan zu feiern gibt. Brauchbare und kritische Kommentare zum Tagesgeschehen sind in der Regel absolute Fehlanzeige.

Da ich um 19 Uhr jedoch entweder im Büro oder auf der Heimfahrt bin, komme ich normalerweise sowieso nicht in die Verlegenheit, die 7 Uhr Nachrichten des öffentlichen japanischen Senders zu sehen. Höchstens am Wochenende, und als ich gestern mal mit einem Auge hinschaute, war ich ziemlich erschrocken. Denn bisher war die Nachrichtensendung recht altbacken – moderiert wurde die Sendung normalerweise frontal, mit Bildern im Hintergrund und Videoeinspielungen. Doch das hat sich grundlegend geändert – das Studio ist viel moderner und zwischen dem Moderatorenpaar tauchen nun 3-D Objekte auf, wie das amerikanische Kapitol zum Beispiel, wenn es um den Haushaltsstreit in den USA geht. Oder, und da wurde es mir nun viel zu bunt, eine extrem lächerliche 3-D-Animation, die zeigt, wie zwei Staatsmänner miteinander ringen. Wirklich? Die NHK-Nachrichten waren nie wirklich interessant – interessanter ist da schon die 時論jiron-Sendung, in der Nachrichten unter die Lupe genommen werden – doch wenigstens gab es nicht so viel Firlefanz. Hintergrundmusik zum Beispiel, die bei allen privaten Sendern nun die Nachrichten untermalen. Diese Hintergrundmelodien rauben mir immer den Verstand, denn sie sind einfach nur verstörend und extrem überflüssig. Schlechte Nachrichten werden damit nicht besser (oder schlimmer) und andersrum. Doch die NHK-Nachrichten im neuen Gewand mit albernen Animationen sehen arg wie Kindergartenunterhaltung aus – und machen mich ein bisschen wütend, dass ich dafür jeden Monat Gebühren bezahle.

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

5 Kommentare

  1. Zumindest hat man in Japan noch die relativ freie Auswahl zwischen gebuehrenfinanziertem Staatsfunk und Privatfernsehen mit anderen Meinungen, und auch die Vermeidung der Gebuehren ist relativ einfach, deren juristische Berechtigung m.W. noch nicht endgueltig entschieden ist (es gibt mehrere einander widersprechende Urteile verschiedener Berufungsinstanzen) – einmal gezahlt, gibt es allerdings kaum ein Zurueck… :-o

    Dass das, was dem Publikum oft in der Flimmerkiste praesentiert wird, teilweise fuer unsere Begriffe doch sehr kindisch und ausgesprochen albern ist, laesst sich nicht abstreiten. Allerdings sind manche Nachrichtenmagazinsendungen m.E. sehr informativ und bilden einen breiten Querschnitt durch das – wir wuerden sagen „gesellschaftlich relevante“ – Meinungsspektrum, im Gegensatz zu dem Einheits-Meinungsbrei, der uns in der Heimat fuer teures Zwangsgeld serviert wird.

    Gefallen hat mir vor vielen Jahren Kume Hiroshi, der Moderator der „News Station“ auf „Terebi Asahi“, der einmal den leider obligatorischen Werbeblock als „Toiletten-Pause“ angekuendigt hatte und es am naechsten Abend heftig moushiwackeln lassen musste, und der auch sonst recht unkonventionell war…

  2. Wo ich aber mal eine Lanze für Japan brechen muss, ist NHK Web Easy. Taugt mir voll. In anderen Sprachen hab ich Nachrichtenseiten in einfacher Sprache für Fremdsprachler nicht gefunden. Und hab gerade auch entdeckt, dass die auch eine Variante mit Videos „Learn Japanese from the News“ haben (die kenne ich aber nicht, keine Ahnung, ob die was taugen).

    Sind natürlich keine weltbewegenden Meldungen und glaub auch nur ca. eine pro Tag, aber reicht für mich vollkommen aus. Hier und da kriegt man was mit, wo man sich denkt, ah schau an, wusste ich noch gar nicht.

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