BlogUnbeliebtes Japan?

Unbeliebtes Japan?

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In der Japan-Sektion von Rocket News 24 erschien vor ein paar Tagen ein Artikel mit der Überschrift Why is Japan such an unpopular tourist destination?, gespickt mit Zahlen von Wikipedia (interessanterweise ohne jeglichen Quellennachweis). Hier also erstmal die nackten Zahlen:

Rang Land Einreise von Touristen 2013 Einreise von Touristen 2012 Veränderung 2012 zu 2013 in % Veränderung 2011 zu 2012 in %
1 China 55,7 Millionen 57,7 Millionen 3,5 0,3
2 Thailand 26,5 Millionen 22,4 Millionen 18,8 16,2
3 Malaysia 25,7 Millionen 25,0 Millionen 2,7 1,3
Hongkong 25,6 Millionen 23,7 Millionen 8,0 6,5
Macao 14,2 Millionen 13,5 Millionen 5,1 5,0
4 Südkorea 12,1 Millionen 11,1 Millionen 9,3 13,7
5 Singapur keine Angaben 11,0 Millionen keine Angaben 6,8
6 Japan 10,3 Millionen 8,3 Millionen 24,0 34,4
7 Indonesien 8,8 Millionen 8,0 Millionen 9,4 5,2
8 Taiwan 8,0 Millionen 7,3 Millionen 9,6 20,1
9 Vietnam 7,5 Millionen 6,8 Millionen 10,6 9,5
10 Indien 6,8 Millionen 6,5 Millionen 4,1 4,3

Quelle: United Nations World Tourism Organization (UNWTO), siehe Wikipedia: World Tourism rankings.
Nun sollte man grundsätzlich allen Statistiken, die man nicht selbst gefälscht hat, gesundes Misstrauen entgegenbringen. Das ist bei den obigen Zahlen durchaus angebracht, denn ich habe den Verdacht, dass Hongkong und Macao zum Beispiel die ganzen Tagestouristen aus China und den benachbarten Dependancen hinzurechnet. Zudem sollte angemerkt werden, dass der Nahe Osten, inklusive der VAE, laut UNWTO-Definition nicht zu Asien gezählt wird.
Die Zahl für Japan ist nicht überraschend. Schliesslich lag die Zahl der Besucher im Jahr 2008 bei 8 Millionen, und es war damals das erklärte Ziel Japans, die Zahl auf 10 Millionen zu steigern. Das hat man offensichtlich geschafft.
Trotzdem sind die Zahlen durchaus überraschend: Japan liegt also gerade mal auf Platz 6 in der Asien/Pazifik-Region. Woran liegt das? Rocket News führt als möglichen Grund an, dass Japan nach wie vor nicht leicht zu bereisen ist: Sicher, in den grossen Städten ist vieles auf Englisch ausgeschildert, aber im grossen und ganzen sieht es in Japan noch immer mau aus mit dem Englischen. Dieses Argument halte ich allerdings für nicht nachvollziehbar: Die meisten Japan-Besucher wissen nicht, was genau da auf sie zukommt, und ich wage zu bezweifeln, dass potentielle Japan-Besucher von solchen Nachrichten wirklich abgeschreckt werden. Im Zusammenhang dazu steht das Argument, dass Japanisch nun mal sehr schwer zu lesen ist, aber auch das zählt nicht, denn das gleiche Problem hat man in China, Südkorea und Thailand.
Fakt ist jedoch, dass die Kosten eine grosse Rolle spielen: Selbst wenn der Yen schwächelt, ist Japan ein relative teures Pflaster. Man kann zwar für 15 Euro in Tokyo übernachten und für rund 7 Euro recht gut Essen, aber selbst mit dem Railpass ist Japan wesentlich teurer als die meisten anderen Länder. Und es mangelt an klassischen Touristengegenden wie Phuket, Hainan und Co. – die gibt es zwar, aber sie sind in der Regel komplett auf einheimische Touristen ausgerichtet. Die typischen japanischen Touristenmagneten sehen da etwas anders aus: Shibuya/Tokyo (Mode), Akihabara (Nerds), Kyoto (Kultur), Hiroshima (Geschichte) und so weiter. Dabei hat Japan so viel mehr zu bieten.
Im Jahr 2008 stammten übrigens fast 60% der Japan-Touristen aus China, Südkorea und Taiwan. Das dürfte heute nicht anders sein. Obwohl der Trend eindeutig nach oben zeigt, zeigen die Zahlen jedoch eines: In Sachen Selbstvermarktung hat Japan noch sehr, sehr viel Potential. Obwohl Japan weltweit recht gut bekannt ist, scheint das Land noch immer eher was für echte Liebhaber zu sein.

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

11 Kommentare

  1. Shibuya -> jop
    Akiba -> jap
    Do you Kyoto? -> Yes I did!
    Hiroshima -> nope, nur mit Shinkansen durch wollte nach Fukuoka also noch auf der to-do list
    Ansonsten stimmt es schon abseits von Tokyo/Kyoto/Osaka wirds schwierig mit englisch… aber es geht schon mit bissel mut und geduld :-)
    PS: Hoffe meine 2 Besuche sind in der Statistik enthalten :P

  2. Im Jahr 2014 ging es weiter bergauf mit den Zahlen, wohl ca. 13mio ausländische Besucher. Und Olympia 2020 bietet weiteres Potential, gerade auch mit Hinblick auf Hotelinfrastruktur.

  3. Auf Kyushu gab es zwei Menschen die Englisch konnten – ich hab sie alle beide getroffen! Speziell Nagasaki war englischer Totalausfall, obwohl diese Stadt ja eigentlich die weltoffenste Stadt in Japan ist (historisch gesehen) und damit auch touristisch sehr interessant. ‘Ausbaufähig’ möchte man da sagen.
    Btw: “für 15 Euro in Tokyo” – wo???

  4. Ich glaube das typische Schubladen denken ist wohl ein ehr starker faktor wieso japan keine größere popularität bekommt…
    jeder zweite mit dem ich über meine Reisen nach Japan redete, unterscheidet kaum zwischen den einzelnen Asiatischen völkern. Einfach gesagt in Asien sind alle schlitzäugige chinesischekommunisten die Katzen und Hunde essen, drecking und du immer auf deine Brieftaschen aufpassen musst weil sie dir gestohlen wird. wie oft musste ich leuten erklären das es in Asien mehr als nur Russland und China gibt. Um so lustiger sind dann die Menschen die mein Rat befolgten und Japan mal besucht haben nun schwärmen sich darüber wie toll es dort war… auch in der heutigen zeit sind die Menschen immer noch voll mit vorurteilen über ostasien.

  5. Eine Japanreise ist unheimlich viel organisatorische Arbeit. Zudem wie schon erwähnt relativ teuer, das macht’s für junge Leute mit begrenztem finanziellen Spielraum schwierig. Das Wetter in Japan ist zwar relativ verlässlich, aber zur Hauptreisezeit während den deutschen Sommerferien schwülheiss, wer’s so mag fährt gleich nach Südostasien.
    Mein Vetter sowie ein Freund aus Unizeiten waren im letzten Jahr zum ersten Mal in Japan (beide beruflich) und haben noch eine Woche Urlaub drangehängt. Fazit: Interessant ja, aber furchtbar anstrengend. Das vergisst man ganz schnell wenn man einigermaßen Nippon-go kann und zig Einreisestempel nach Tentakelfilmland im Reisepass hat. Einen Urlaub dahin bucht keiner von den beiden mehr so schnell, deren Neugier ist befriedigt, die meisten absurden Sachen sowie ein paar Tempel gesehen. Und das obwohl mein Vetter schon seit über 20 Jahren sehr aktiv Judo macht, dem würde ich zumindest sowas wie ein gesteigertes Interesse an dieser Kultur unterstellen, schließlich hat er immer wieder mal Kontakt mit Ausbildern aus Japan.
    Viel mehr würde mich an der Statistik noch interessieren: Wie groß ist der Anteil an Wiederholungstätern unter den Touristen, und warum Korea und Taiwan so viele Besucher haben. Sind für mich wesentlich obskurer, aber Millionen Chinesen können nicht irren ;-)

  6. Bei Japan denkt halt auch keiner an blaues Meer oder Skigebiete, bzw. könnte man das in anderen Ländern viel günstiger bekommen. Aus (westlichen) Ausland fliegt man dann doch eher nach Tokyo oder Kyoto, von da aus weiterzureisen ist so verdammt teuer, wenn man nicht unbedingt einen Tag im Reisebus verbringen will.

  7. als ich das letzte mal in fukuoka war (also 2012) sah ich eine deutliche veränderung: die bussschilder waren koreanisch und chinesisch untertitelt, die paar englischen kanjiübersetzungen dort fast verschwunden. kein problem für mich, aber ob das ein schritt in die richtige richtung war???
    jetzt ( anfang 2015 während meines aktuellen besuchs in fukouka) ist das nicht mehr so, koreanisch/chinesich ist (auch aus dem stadtbild sonstwo) weitgehend verschwunden.
    mein freund alex, der in in fukouka lebt, erzählt dazu, dass seit 3-4 jahren schiffsladungen von chinesen, weniger auch koreanern, nach fukuoka gekommen sind, um luxusgüter einzukaufen. dann gab es ein grosses problem mirt einer kleinen (senkaku) inselgegend, und die chinesen blieben nahezu vollständig weg. danach (also nach dieser beobachtung) zu urteilen, sind die statistiken noch sehr sehr positiv.
    japan ist teuer, keine frage. ob der durchschnittliche chinese / vietnamese/ thailänder sich ein zimmer für 15 euro leisten will, sei mal dahingestellt. es sind ja wohl sowieso die reichen, die sich die urlaubs-/ einkaufsreise gönnen.
    aber ich glaube, mit dem tourismus aus den asiatischen ländern hat japan im wesentlichen ein inhaltliches problem. weil die beziehungen zu den nachbarvölkern aktuell naja sagen wir mal milde oft nicht besonders einladend gestaltet werden. man darf ja auch nicht vergessen, dass z.b. china ja sehr dirigistisch mit seinen bürgern umgeht. senkaku … da könnte ich mich noch streiten, aber yasukuni – schrein, verherrlichung japanisch- militaristischer vergangenheit an vielen stellen und auch die billigung von innerjapanischer fremdenfeindlichkeit ( die tabibito ja auch berichtet und dokumentiert hat), etc. … das kriegt restasien gut mit (glaube ich).
    vielleicht ist das ja auch wieder ein typisches honne – tatemae – problem: nach aussen will japan gern mehr touristen, aber in wirklichkeit … ??? …

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