Alljährlich und beginnend mit der Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen mit der VR China vor 44 Jahren veranlasst das japanische Außenministerium eine Umfrage, in der unter anderem untersucht wird, was der Durchschnittstaro über eben jene Volksrepublik denkt¹. In diesem Jahr war das Ergebnis so schlecht wie nie: 83,2% der Befragten gaben an, der VR China und deren Bewohnern gegenüber “nicht wohlgesonnen” oder “eher nicht wohlgesonnen” zu sein. Das war früher anders: Bis zum Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens 1989 war es eher andersrum – bis zu 80% blickten dabei wohlwollend auf die Festlandschinesen. Logisch, könnte man hier einwerfen: In jener Zeit war es ja normalen Chinesen gar nicht möglich, nach Japan zu kommen – man konnte den Genossen gemütlich aus der Ferne zusehen und freute sich wahrscheinlich, dass sich das Riesenreich allmählich wirtschaftlich öffnete.
Mit dem Tian’anmen-Vorfall war das plötzlich vorbei: Der Anteil derer, der eher mißtrauisch auf das Treiben in China sah, war schlagartig in der Mehrheit. Und in den vergangenen Jahren kann man auch nicht gerade von einer Sonnenscheinpolitik Chinas gegenüber Japan sprechen: Die Gebietsansprüche sind enorm, auch gegenüber Japan (Senkaku-Inseln) und werden immer aggressiver vertreten. Doch das ist nicht das einzige Problem: Japanische Produkte sind in der explosionsartig entstandenen Mittelschicht Chinas aufgrund des Misstrauens in die heimischen Produkte enorm beliebt, doch da auch ein noch so gewiefter japanischer Windelhersteller mal nicht eben zusätzliche 100 oder mehr Millionen Chinesen mit Windeln versorgen kann, kommt die Produktion nicht hinterher, zumal es nach wie vor schwer ist, sich auf dem gut protektionierten chinesischen Markt niederzulassen. Aus diesem Grund begann vor ein paar Jahren ein regelrechter Einkaufstourismus gen Japan.
Mein Schwager, seines Zeichens jemand, der über mehrere Filialen einer Drogeriekette wacht, schildert dieses 爆買い bakugai (in etwa: Kaufrausch) genannte Verhalten so: Die Filiale hat noch nicht einmal geöffnet, aber schon parkt ein Bus voll mit Chinesen vor der Tür. Sobald die Filiale aufmacht, dauert es keine 2 Minuten, bis sämtliche Bestände eines gewissen Produkts (zum Beispiel Windeln der Marke Merries) restlos ausverkauft sind. Keiner spricht ein Wort Japanisch, aber das Personal wird mitunter unfreundlich angeraunzt, wenn die Menge nicht ausreichte. Mitunter klappen die Busgesellschaften etliche Filialen kurz hintereinander ab, und es wird gekauft, was in den Bus passt.
Das ist bzw. war aber nicht nur in Drogerien so – auch Luxusartikel sind sehr gefragt. Laut Untersuchung des Tourismusamtes² gibt angeblich ein Besucher aus China im Durchschnitt über 2,000 Euro in Japan aus – und das garantiert nicht nur für Hotel und Souvenirs. Es werden Waren gehamstert und schliesslich mit Gewinn in China weiterverkauft (deutsche Japanbesucher geben im Schnitt nur 1’200 Euro aus und Koreaner nur 500 Euro).
Ein positives Problem, möchte man meinen, denn ohne den für viele unheimlichen Besucherstrom würde es der ohnehin schon lange kränkelnden Wirtschaft noch schlechter gehen. 83,2% der Japaner geht das jedoch offensichtlich gegen den Strich. Man muss allerdings kein Psychologe oder Soziologe sein, um zu erahnen, dass es einfach Angst ist – Angst vor dem immer stärker werdenden Nachbarn, der mit Japan bald machen kann, was er will – denn Japan liegt an der Peripherie und ist wohl oder übel gezwungen, sich mit der Volksrepublik zu arrangieren. Das merkt man allein daran, dass wiederum 70% der Befragten angaben, gute Beziehungen zu China für sehr wichtig zu erachten.
¹ Die Umfrageergebnisse werden hier veröffentlicht. Gefragt wird auch nach Koreanern (64,7% sind jenen nicht wohlgesonnen).
² Ergebnisse siehe hier.
Ich meine mich erinnern zu koennen, das es letztens eine Knappheit an Babymilch(pulver) gab, weil die Bestaende von chinesischen Touristen restlos aufgekauft wurden. Das wuerde mir persoenlich auch gegen den Strich gehen.
(http://www.stern.de/wirtschaft/milchpulver-fuer-china–wie-der-durst-nach-babymilch-gestillt-werden-soll-6648768.html)
Hier in Deutschland kann man das gleiche Phänomen beobachten. Ich kann das jeden Tag sehr gut mitverfolgen, denn ich arbeite zentral in Frankfurt/Main an einer der Hauptattraktionen der Stadt (Paulskirche/Römer). Da ist mir zum Beistpiel in der DM-Drogerie ein Chinese mit einem rand vollen Einkaufswagen voller Kamill-Handcreme entgegen gekommen. o.O Ich mein…Handcreme? Aber nicht nur das wird in Massen gekauft, auch Töpfe, Messer, Luxusgüter (ich sage nur Louis Vuitton) und die Herrschaften haben absolut kein Benehmen. Gar keins! Rennen bei rot über die Straße (scheinbar kennt man in China keine Ampeln) und wollen dann noch was raus haben. Blockieren den ganzen Bürgersteig, gehen keinen Meter zur Seite, rotzen überall rum usw.
Ich könnte mich jetzt noch ewig so aufregen, aber bringt ja nix :-)
Naja, Deutschland ist fast das einzige Land, in dem die Leute tatsächlich bei rot stehen bleiben. Sogar wenn gar keine Autos kommen!!
Hat jemand eine Ahnung, warum viele Chinesen keinen Meter, nicht mal einen halben, zur Seite gehen? Ich nehme an, in der Gruppe hat man in China das “Recht” dazu, und andere sollen weichen?
Und wie funktioniert das in chinesischen Städten?
Ich prophezeie mal: Die Chinesen legen sich das Image zu, das die Amis mal hatten – Benehmen sich daneben, glauben, sich alles erlauben zu können, etc. pp.
Ja, hier war das Hipp-Babymilch (kein Wunder, bei den zuweilen tödlichen chinesischen Lebensmittelskandalen), die in manchen Großstadtdrogerien nur noch in haushaltsüblichen Mengen abgegeben wird…
ich weiß das hier von chinesen in massen babymilchpulver gekauft wird, so das in vielen geschäften an den regalen steht das bei babymilch maximal 2 packungen an die kunden verkauft werden und die ganze sache wurde dann den flüchtingen in die schuhe geschoben von den ganzen besorgten bügern. deutsche kinder sollen hungern damit flüchtlingskinder gefüttert werden.
Aber warum Windeln?
Ich meine, ich kann verstehen warum, aber wie bitte schön kriegt man die ans Ziel? Im Handgepäck des Fliegers ja kaum.
Werden die Kubikmeter Windeln dann per Frachtpost-Fähre geschickt oder wie?
Es wird tatsächlich viel mit ins Flugzeug genommen. Offensichtlich drücken die chinesischen Fluggesellschaften bei ihren Landsleuten gern mal beide Augen zu. Guter Rat für Chinaflüge: Beim Boarding stets einer der Ersten sein, weil es auf Chinaflügen praktisch immer tumultartige Szenen beim Verstauen des Bordgepäcks gibt. Was absolut nicht passt wird per Postpaket geschickt.
Wie differenziert ist denn diese Umfrage? Was chinesische Politik betrifft kann man ja kaum ablehnend genug sein.
Und wenn man dazu nur hamsterkaufende und ins Onsenbecken pinkelde Touristen kennt, wundert mich das Ergebnis kaum ehrlich gesagt.