BlogRegierung stellt neues Regentschaftsmotto vor: Nach Heisei kommt... Reiwa

Regierung stellt neues Regentschaftsmotto vor: Nach Heisei kommt… Reiwa

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Andere Länder, andere Religionen, andere Kalender: Im Westen ist es das Jahr 2019, im islamischen Kalender 1440/41. Im buddhistischen Kalender ist es 2563. Und im japanischen ist es Heisei 31 – das 31. Jahr der Regentschaft des jetzigen Kaisers. Und da dieser am 30. April diesen Jahres abdankt, beginnt für Japan eine neue Zeitrechnung. Der Name dieser neuen Zeitrechnung wurde heute plangemäß von der Regierung festgelegt und von Kabinettschef Suga vorgestellt. Man einigte sich auf:

令和

Gelesen wird dies „Reiwa“, und somit beginnt am 1. Mai also 令和元年 Reiwa Gannen – das Jahr 1 der Reiwa-Regentschaft. Beide Schriftzeichen gehören zu den grundlegenden Schriftzeichen, die man bereits an der Grundschule lernt.

  • 令 liest man REI, seltener RYŌ, sowie iitsuke und osa, wobei die letzteren Lesungen eher selten sind. Das Schriftzeichen steht für „befehlen, kommandieren, herrschen“, aber auch für „(Gutes) Glück“ – im Falle von „Reiwa“ bezieht man sich wohl auf letztere Bedeutung.
  • 和 liest man WA, seltener KA oder O, sowie nago-mu, nago-yaka, yawa-ragu (und so weiter – es gibt zahlreiche verschiedene Lesungen). Das Zeichen bedeutet hauptsächlich „Frieden“ oder „friedlich“ und „Harmonie“, aber es steht auch (nicht in diesem Zusammenhang jedoch) für Japan.

Bis zum heutigen Tag gab es insgesamt 248 verschiedene Regierungsmottos – alles begann mit 大化 (Taika) im Jahr 645 unserer Zeitrechnung, dem Jahr Taika 1. Das Zeichen „和“ ist aufgrund seiner positiven Bedeutung sehr beliebt – insgesamt wurde es bisher 20 Mal verwendet. „令“ ist jedoch ungewöhnlich – es wurde bisher noch nie verwendet, weshalb kaum jemand (oder niemand?) beim Rätselraten um das nächste Regierungsmotto dieses Zeichen auf seiner Rechnung hatte.
Als Referenz, und auch das ist ungewöhnlich, gab man das 万葉集 Manyōshū an, eine gut 1’200 Jahre alte Gedichtesammlung (wörtlich übersetzt die „Sammlung der 10’000 Blätter“), in der das Wort „Reiwa“ am Anfang auftaucht – normalerweise nimmt man keinen Bezug auf historische Schriften.
Der Prozess der „Mottofindung“ ist erstaunlich kompliziert. Eine Gruppe von Experten erstellt eine Liste mit bis zu 20 Vorschlägen. Bereits dort wird es relativ schwierig, denn die Schriftzeichen müssen etliche Kriterien erfüllen. Sie dürfen nicht zu kompliziert zu schreiben sein. Die Lesung muss geläufig sein; ebenso die Bedeutung. Hier hat man jedoch offenbar eine Ausnahme gemacht, denn die meisten Japaner kennen die Bedeutung „Glück“ für das Zeichen „令“ nicht – man assoziiert das Zeichen prinzipiell mit „Befehl, Anordnung“ wie zum Beispiel im Wort „命令“ meirei – „der Befehl“.
Ein Expertenrat, der in diesem Jahr auch Wirtschaftsgranden und Nobelpreisträger mit einbezog, bewertet die Vorschläge und legt das Ergebnis der Regierung vor, die dann über das neue Motto entscheidet. So gesehen hat der Kaiser bei der Auswahl des Mottos seiner Regentschaft nicht allzu viel zu sagen.
Nun, wo das neue Motto bekanntgegeben wurde, werden sich hunderttausende Menschen an die Arbeit machen müssen: Das japanische Nengō-Datum wird nämlich auf (nahezu allen) öffentlichen Formularen benutzt, auf Münzen geprägt, auf ID-Karten verwendet (so zum Beispiel auch auf dem Führerschein), und natürlich hat es auch eine grosse Bedeutung im IT-Bereich. Der Schritt von HEISEI zu REIWA ist für Japan quasi ein kleines Y2K-Problem.

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

2 Kommentare

  1. Ich hoffe ja noch immer, dass man in absehbarer Zukunft nur noch die uns gelaeufigen Jahreszahlen benutzen wird! Immer das umstaendliche Umrechnen bei Geburtsjahren und so vielen anderen Dingen. Da lobe ich mir doch die Zeitrechnung in Jahrhunderten oder -tausenden.

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