Japan baut mit Hochdruck, wenn auch mit etwas Verspätung, weiterhin an seiner neuesten Shinkansenstrecke – wenn sie fertig ist, wird hier eine Magnetschwebebahn mit gut 500 Kilometern pro Stunde durch Zentraljapan rauschen, um Tokyo zuerst mit Nagoya und später dann mit Osaka zu verbinden. Diese Bahnstrecke wird Flüge zwischen diesen Städten überflüssig werden lassen. Doch das Mammutprojekt verursacht nicht nur hohe Kosten, sondern auch Probleme, mit denen die Entwickler offenbar nicht gerechnet haben.
So musste Japan Railways bei einer Pressekonferenz heute eingestehen, einen Baustopp verfügen zu müssen. Grund dafür ist, dass an 14 Stellen, vornehmlich in der Präfektur Gifu, das Grundwasser stark absank. Für einige Bewohner dort ist das ein Problem, denn nicht wenige Menschen vor allem auf dem Land sind auf Brunnenwasser angewiesen – doch aufgrund der Bauarbeiten fielen nun zahlreiche Brunnen trocken. JR muss nun erstmal weitere Probebohrungen vor Ort machen, um die Grundwasserlage besser zu verstehen, denn die hat nicht nur auf die Anwohner Einfluss, sondern auch auf das Bauprojekt selbst, denn ein großer Teil der Trasse verläuft unterirdisch.
Das ist auch im Großraum Tokyo der Fall — vom Ausgangsbahnhof Shinagawa wird die Trasse im Bereich von Tokyo komplett unterirdisch verlaufen — bis tief in die Präfektur Kanagawa hinein. Auf dieser Tunnelstrecke werden nun drei Notausgänge gebaut – in Kajigaya und Higashi-Yurigaoka (Kawasaki) sowie in Onojimachi (gehört zu Machida, Tokyo). Allein diese Notausgänge sind gewaltig — zumindest bei den ersten beiden handelt es sich um knapp 100 Meter tiefe Löcher mit einem Durchmesser von rund 40 Metern.
Die Notausgänge von Kajigaya und Higashi-Yurigaoka befinden sich unweit von meinem Wohnort – weshalb ich neulich einen Blick vom Parkplatz in der 4. Etage eines Baumarkts neben dem Notausgang Kajigaya auf die Baustelle wagte. Doch das Loch ist so tief, dass man selbst von dort nicht den Boden sieht. Interessant wird es erst, wenn man sich die Baustelle auf Google Earth anschaut – dort erst kann man den Boden erkennen.
Es ist nicht die erste Verzögerung dieses 中央新幹線 genannten Bauprojekts — so stellte sich zum Beispiel die Präfektur Shizuoka quer, da man negative Einflüsse befürchtet. Sinkendes Grundwasser wird nicht das einzige Problem sein — es gibt durchaus auch Bedenken von Bewohnern in Tokyo und Kawasaki. Zwar verläuft die Trasse dort fast 100 m unter der Erde, doch ob dies wirklich keinerlei Einfluss auf die hat, die direkt über der Trasse wohnen, bleibt abzuwarten. Genau aus diesem Grund wäre ein solches Bauvorhaben wahrscheinlich auch in Deutschland nicht realisierbar — Anwohnerproteste würden dort sicherlich das Projekt schon vor Baubeginn stoppen…
Wahrscheinlich bräuchte man hier ein neues Wort – nicht NIMBY sondern NUMBY: not Under my backyard