Blog2 x Telefonanbieter wechseln = 1 x heiraten

2 x Telefonanbieter wechseln = 1 x heiraten

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Habe ich schon mal die BHA-Skala vorgestellt? Das ist die Behörden-Haare-Ausrauf-Skala. Nein, sie ist nicht nach oben offen, 10 ist der Höchstwert und steht für mindestens 5,000 ausgerissene Haare. Kopfhaare, wohlgemerkt. Leute, die mich kennen, wissen, dass ich nicht mehr viele 8+ BHA-Vorgänge brauche bis zur Vollglatze. Hier ein paar Richtwerte, die ich in Japan soweit festmachen konnte:
9 Internationale Hochzeit
9 Permanente Aufenthaltsgenehmigung ohne Anwaltshilfe
7 Permanente Aufenthaltsgenehmigung mit Anwaltshilfe
5 Telefonanbieter wechseln
5 Umziehen
5 Visaverlängerung
4 Bankkonto / Telefonvertrag
3 Internetbanking anmelden
2 Neues Kind anmelden
2 Steuererklärung
2 Überweisung aus dem Ausland auf japanisches Konto
Ich lasse die 10 mal offen. Bestimmt gibt es Vorgänge, die alles bisher dagewesene noch übertreffen. Als Kandidat käme mir da zum Beispiel die Annahme der japanischen Staatsbürgerschaft in den Sinn.
Heute befasse ich mich jedoch mal mit einer Prozedur mit einer 5 auf der BHA-Skala: Dem wechseln des Telefonanbieters. Zugegebenermassen unter erschwerten Bedingungen. Denn erstens wollte nicht nur ich, sondern auch meine Frau wechseln. Und zweitens fing der Spass schon beim ursprünglichen Vertrag an. Denn: Das Telefon meiner Frau war auf den Namen ihres Vaters angemeldet. Damit kann sie in der Familie kostenlos telefonieren. Mein Telefon wiederum war unter dem Namen meiner Frau angemeldet – damit ich auch zur Familie gehöre. Klingt kompliziert? Ist es auch. Bei jeder kleinen Änderung war demzufolge die Einwilligung meines Schwiegervaters erforderlich. Wenigstens konnte man es aber so einrichten, dass das Geld von unsen Konten bezahlt werden konnte.
Nun könnte man freilich einfach den Vertrag kündigen und einen neuen aufsetzen, aber man macht natürlich lieber von der erst seit wenigen Jahren möglichen MNP (mobile number portability) Gebrauch. Will heissen, man kann den Anbieter wechseln und seine Nummer behalten. Geht ja in anderen Ländern bestimmt auch, nehme ich mal an. Lange Rede kurzer Sinn – für den Fall, dass jemand mal etwas ähnliches machen muss oder ich selbst nach ein paar Jahren wieder den Anbieter wechseln möchte, hier eine kleine Zusammenfassung der Schritte und Dokumente. Vorheriger Telefonanbieter: A. Neuer Telefonanbieter: B.
1. Zu B gehen und vorläufigen Vertrag abschliessen. Benötigt werden eine Bank- oder Kreditkarte und irgendein Ausweis (Führerschein, Alien Registration Card zum Beispiel)
Bei B wird man über die Prozedur aufgeklärt und bekommt Dokumente. Darunter sollten auch die 委任状 (Vollmachtsformulare) sein, so das Gerät nicht auf dem eigenen Namen läuft.
2. So man die Person, unter der das Gerät angemeldet ist, nicht selbst zum Laden schleifen möchte, Kopie des Führerscheins oder ähnliches anfertigen lassen.
3. So das Gerät nicht unter eigenem Namen läuft, 戸籍謄本 (Auszug aus dem Stammbuch – Ausländer haben so etwas allerdings nicht) des Ehepartners beantragen. Damit wird das Verwandschaftsverhältnis bestätigt. Den Auszug muss man in der Regel dort beantragen, wo man registriert wurde. Das Familienbuch zieht nicht mit. Da das Ratshaus meiner Frau rund 1,000 km entfernt liegt, kamen folgende Schritte hinzu:
3 a Antrag auf Ausstellung eines Auszuges aus dem Stammbuch aus dem Internet laden, ausdrucken und ausfüllen
3 b Zur Postbank laufen und Verrechnungsschecks kaufen (meist 300 Yen Gebühr für einen Auszug, plus 150 Yen Gebühr für Ausstellung des Verrechnungsschecks)
3 c Verrechnungsschecks nebst Antrag und frankiertem Rückumschlag an zuständiges Rathaus schicken
4. Servicenummer des eigenen Anbieters (A) anrufen. Dies muss jedoch die Person machen, auf die das Gerät registriert wurde. Dort MNP beantragen. Daraufhin bekommt man eine Nummer angesagt. Meistens bezahlt man wohl 2,100 Yen für den Vorgang – wird mit der nächsten Telefonrechnung abgerechnet. Ein paar Tage später bekommt man die Nummer und Bestätigung per Post geschickt.

5.
Vollmachtsschreiben von denen ausfüllen lassen, auf deren Namen die Geräte laufen
6. Zu B gehen mit:


– MNP-Papieren
– Vollmachtsschreiben
– bisherigen Handys (zum Telefonbuch-Abgleich)
– Kopie eines Ausweises des bisherigen Vertragsinhabers
– Ausweis des Ehepartners (Führerschein oder ähnliches)
– Eigener Ausweis
– Geld- oder Kreditkarte
– Viel Geduld, vor allem, wenn man nur in der Mittagspause gehen kann

Danach sollte eigentlich alles kein Problem sein. Theoretisch. Hat sogar beim ersten Anlauf und nach knapp zwei Wochen geklappt. Allzu oft möchte man das aber nicht machen – egal ob in Japan oder anderswo. Eigentlich ist der ganze Prozess auch durchaus nachvollziehbar – wäre da nicht nicht das elende Stammbuch, dessen Beschaffung bzw. die damit verbundene umständliche Art der Gebührenzahlung mich jedes Mal auf die Palme treibt.

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

8 Kommentare

  1. Da sieht man mal wieder wie die persönlichen Erfahrungen auseinanderdriften können. Bei mir würde die Punktevergabe definitiv anders ausfallen.
    Beantragung einer Kreditkarte / Freischalten von Internetbanking war seeeehr schwierig. Die hatten totale Probleme meinen Namen komplett auf die Karte zu drucken, online anmelden ging auch nicht, da mein Name (mit zweitem Vornamen) zu lang war etc.
    Visaverlängerung war für mich überhaupt nicht schwierig. Habe sogar auf Anhieb ein 3-Jahres-Visum bekommen.
    Der absolute Horror und damit bei mir eine glatte 10 ist allerdings von einem Visum auf ein anderes zu wechseln!!!!
    Umziehen bekommt eine 5? *schluck*
    Das steht mir demnächst zum 1. Mal überhaupt bevor. *Angst*
    Was Kinder und Heirat angeht, kann ich leider nicht mitreden ;)

  2. Ok, Hochzeit lass ich gelten. Aber mach erstmal eine internationale
    Scheidung mit! Da reichen 10 moegliche Punkte nicht. Eher 20.
    Dagegen war das permanente Visa null Problem und bekommt auf meiner BHA ne 3.
    Und warum ueberhaupt den Keitaianbieter wechseln? Haben doch eh alle absolut die gleichen miesen Tarife und Telefone. Meine ganz persoenliche Erfahrung ist: Gut vorbereitet sind saemtliche “Anmeldungen” eigentlich kein Problem. Richtig nervig wird es erst beim Aendern, Ummelden, Abmelden.
    @zoomingjapan
    Umziehen bekommt bei Tabibito “nur” eine 5, weil er mit einer Japanerin verheiratet ist. Als nichtjapanischer Single: Au Backe…..

  3. Stimme Coolio zu, international heiraten war abenteuerlich, sich scheiden lassen da braucht man eher eine Skala bis 100..
    Ansonsten war deine Auflistung schon ganz treffend. Umzug fand ich recht einfach aber alles ums Visa bringt mir noch immer dann und wann Alpträume.
    Ganz ehrlich ist oft in Deutschland aber auch nicht besser.Oder?

  4. was ich in Japan mag, ist das es allerdings für fast alles organisierte Abläufe und Verfahren gibt.
    So kann man z.B. sicher sein, daß wenn man eine Rufnummernmitnahme beantragt, diese tatsächlich veranlaßt wird. Das wenn man die notwendigen Dokumente zusammenhat, das ganze auch so gemacht/genhmigt/etc. wird.
    zumindestens habe ich dieses Chaos und die schmutzigen Businesspraktiken aus Deutschland hier noch nicht so erlebt. Damit mit meine ich so Spiele wie, daß Hotlinemitarbeiter sagen, die Kündigung wäre im Computer, sie aber nicht ist. Das heutzutage fast alle ein Einschreiben der Post bemühen, weil bei manchen Telekommunikationsanbietern tragischerweise normale Briefe nie anzukommen scheinen, und sogar Faxe verloren gehen.
    Das Anschlüsse nicht funktionieren, und der bestellte Techniker einfach nicht kommt.
    usw. usw.
    Deswegen weiß ich nicht, was schlimmer ist. Das Gerenne nach Passierschein 38, oder das Chaos in Deutschland.
    Ansonsten gute Gründe hier, sich eine Heirat wirklich gut zu überlegen :-)

  5. Umiji: Das war der Passierschein A38 ;)
    Im Übrigen fand ich umziehen gar nicht schlimm und Heiraten ist in Deutschland schlimmer bzw. kein Unterschied zu Japan denke ich..
    Visumwechsel war wirklich zum Haare raufen!!
    Ich warte gerade noch auf meine neue ARC wo ich nun offiziell mit Kanji Nachnamen und nur einem Katakana Vornamen geführt werde. Hoffentlich kann ich den Namen auch bei meiner Bank etc. durchsetzen. Mein erster Kreditkartenantrag wurde wortlos abgelehnt.

  6. Na aber hallo, Ihr macht einem ja gut Angst in Sachen Heirat bzw Scheidung. Was genau ist denn da das große Problem?
    Nehmen wir an man hat in Deutschland standesamtlich die Ehe geschlossen und in Japan praktisch nur “anerkennen lassen” (so recht lesen konnte ich den Wisch ehrlich gesagt nicht).
    Laut dem was ich bisher gehört habe sollen doch Scheidungen in Japan relativ “einfach” ablaufen in Vergleich zu Deutschland. Naja, solange keine Kinder da sind, zumindest. Sind nicht wirklich hinterlegte Fakten muß ich zugeben.
    Kann da noch jemand was dazu sagen? Man ist ja nur vorsichtig ;-)

  7. Mit Kindern ist’s ja auch nicht komplizierter, die bekommt immer der japanische Elternteil.
    Gerade die Angelegenheit mit dem Familienstammbuch ist aber seltsam im so technikaffinen Japan, dass die da keine zentrale Datenbank haben? :-)

  8. @spokekiller
    Das Problem ist nicht so sehr die Scheidung, sondern die Anerkennung eben dieser in anderen Laendern. Klar, wenn deine Ehe hier in Japan “anerkannt” worden ist, kannst du dich zumindest von einer Japanerin relativ leicht scheiden lassen. Leider wissen diese das auch nur all zu gut. Die grossen Probleme kommen mit der Anerkennung in Deutschland, weil du ab Scheidungstag in den Papieren deiner Exfrau und deiner evtl. gemeinsamen Kinder ueberhaupt nicht mehr erwaehnt wirst. Naja, selbst waehrend der Ehe wird man als Gaijin nur unter “ferner liefen” erwaehnt. Aber das soll ja ab naechstem Jahr alles besser werden……

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