BlogWahlversprechen Teil 4: Sozialdemokratische Partei

Wahlversprechen Teil 4: Sozialdemokratische Partei

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Bevor ich ein paar Worte über die Sozialdemokratische Partei Japans verliere, gleich ein weiterer netter Ausrutscher vom amtierenden Ministerpräsidenten Aso vorneweg: Gestern abend sprach er vor einer Studentenversammlung über das Problem der kinderlosen Gesellschaft, und bemerkte dazu:
「そりゃ金がねえなら結婚しない方がいい。うかつにそんなことはしない方がいい。金がおれはない方じゃなかったけど、結婚遅かったから」
In etwa: “Das mit der Heirat sollte man besser vermeiden wenn man kein Geld hat. So etwas Törichtes sollte man besser sein lassen. Ich zählte zwar nicht zu denen, die kein Geld haben, aber das lag daran, dass ich spät geheiratet habe”.
Mal von der Tatsache abgesehen, dass Aso’s Eltern sehr wohlhabend sein, lasse ich dieses rhetorisch und gesellschaftlich sehr feinfühlige Meisterstück mal so im Raum stehen, während ich noch nach Fassung suche.
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Die 社会民主党 (Shakai Minshu-tō, Sozialdemokratische Partei Japans, SDP), kurz 社民 (Shamin), gibt es im Prinzip seit 1945, jedoch änderte sie ihren Namen 1996 (davor hiess sie 日本社会党 – Sozial(demokratische) Partei Japan). Sie ist mit 23,000 Mitgliedern und Parteifreunden sehr klein, hält aber trotzdem im Oberhaus 1% und im Unterhaus 2%. Man hat so seine Fans. Die Partei ist definitiv dem linken Spektrum zuzuordnen. Hier ein paar Punkte, für die Sozialdemokraten kämpfen:
– gerechte (bzw. soziale) Marktwirtschaft – mit einem gerechten Zugang zu Bildung, medizinischer Versorgung usw. für alle. Mit anderen Worten: der Gini-Koeffizient soll gedrückt werden (dabei hat Japan bereits den zweitniedrigsten, nach Dänemark). Doch die Einkommensschere klafft tatsächlich in Japan immer weiter auseinander.
– Schaffunf einer lebenswerten und arbeitswerten Arbeitsumgebung – Abschaffung sämtlicher Ungleichheiten aufgrund von Alter, Staatsbürgerschaft, Geschlecht usw. Zudem sollen Firmen besser kontrolliert werden, um die Entlassung von Angestellten zum einzigen Zweck der Profitmaximierung zu vermeiden
– Schaffung eines gerechten und nachhaltigen Steuersustems – Lastenausgleich im Land um das Ungleichgewicht zwischen reichen und armen Gebieten zu bereinigen. Mehr soziale Verantwortung von Firmen gegenüber der Gesellschaft.
Usw. usf. Ich denke, es ist klar, in welche Richtung man geht. Wie sieht es mit konkreteren Plänen aus? In Punkto Verkehr ist man zum Beispiel weniger gegen die Abschaffung der Autobahngebühr als für das Stärken des öffentlichen Verkehrs und vielleicht auch einem Kostenanreiz für die, die auf ihr eigenes Auto verzichten.
Um der Wirtschaftskrise entgegenzutreten, schlägt man einen 9-Billionen-Yen Rettungsplan vor – damit will man sowohl die Wirtschaft als auch die Arbeitnehmer unterstützen (denn bei letzteren sinkt das Durchschnittseinkommen bereits seit 9 Jahren in Folge).
In punkto Arbeit fällt das Wort “Beschäftigungsgarantie”, welches man ja auch anderortens schon gehört hat.
Kindern will man einen fairen Start in die Zukunft ermöglichen: Laut OECD-Studie liegt Japan bei der Armutsrate von alleinerziehenden Müttern auf Platz 23, was bei 24 Teilnehmern keine grossartige Leistung ist. Schwangerendiagnostik, Geburt usw. sollen komplett kostenlos werden, kinderreiche Familien sollen mehr Geld bekommen (Maximalunterstützung bei einem Kind zur Zeit: 41,720 Yen, 2. Kind: 5,000 Yen, drittes 3,000 Yen).
Soviel vorläufig zum Thema “Ankratzen” der Wahlprogramme der Parteien zur Wahl am 30. August. Mehr demnächst. Das Wahlprogramm der Sozialdemokraten finden man hier.
Das Wort des Tages: 理念 rinen – “Idee”. Motto der Shamin: Visionary Party Shamin: 社民党には、理念があります。 (shamintō ni wa, rinen ga arimasu: Hinter den Sozialdemokraten stehen Ideen.

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

5 Kommentare

  1. Mhhh ok das ist vom Aso nicht gerade geschickt ausgedrückt, aber im Prinzip eine nicht gänzlich falsche Aussage.
    Hochzeiten kosten nun ja immer noch ne menge Geld in Japan, keiner will ja das Gesicht verlieren und auf teure Sachen verzichten.
    Traurig aber wahr ist ja das auch viele Damen (die Herren sind da nicht abgeneigt) erwarten Hausfrau zu werden.
    Der Fall DINK ist in Japan (noch) relativ unbekannt IMHO.
    Noch schlimmer ist es ja leider mit Kinder (besonders in Japan) so schön Kinder sind sind die Kosten oft nicht unerheblich.
    Und da wie der Traum Hausfrau bei Hochzeiten immer noch die Schwangerschaft stehenden Fußes in Japan folgen soll sind das also schon ernste finanzielle Belastungen.

    Wie gesagt wie er es gesagt hat das war typisch Aso blöde, besonders in Bezug auf seine Person.
    Der wahre Kern der Aussage (Heiraten ist teuer) existiert IMHO.

  2. Da würde die SDP ja immerhin schonmal einen Kostenfaktor bei der Familiengründung beseitigen, nämlich das Kinder-Gebähren.

    Kann übrigens – als in Deutschland lebender Deutscher – kein besonderes Problem an Asos Satz feststellen. Mag daran liegen, dass ich den ruppigen deutschen Ton gewöhnt bin, wo man von von der Leyen gerne mal ganz nahe zu den “schwerst [P]ädokriminell[en]” (Interview mit Sputnik) gesteckt wird.

    In Japan – so habe ich gehört – soll der Umgangston ja sehr viel freundlicher und vorsichtiger sein. Da ist es natürlich möglich, dass der obige Satz irgendwelche Problemstellen enthält.

    Generell ist Heiraten aber natürlich wirklich teuer und das Kind verursacht noch mehr Kosten. Hier in Deutschland wird ab und an für die demografischen Probleme auch die berufliche Unsicherheit genannt. Wer schafft sich denn ein Kind an, das er ~20 Jahre bei sich wohnen hat, wenn er sich nicht sicher sein kann, ob er im nächsten Jahr noch einen Job hat?

  3. Da sieht man wie kurzfristig das Denken nach Gewinnmaximierung und Shareholder Value ist. Wenn zum Schluss selbst ein Kind, nur noch als Kostenfaktor angesehen wird, wer soll dann in Zukunft die ganzen trendigen Produkte konsumieren? Da helfen dann auch keine millionenschweren Werbebudgets mehr.
    Fazit man kann Menschen wegrationalisieren, um dadurch die Produktionskosten zu senken, und Gewinne zu maximieren, doch auch die Anzahl der potentiellen Kunden sinkt damit beständig. Das System beraubt sich damit selbst seiner Zukunft.

    Und das ist gut so, freuen wir uns also das über kurz oder lang, die Reduzierung des Menschen zum Kostenfaktor, und Produktivitätsbremse ein Ende finden wird.

  4. Ah, ich sehe son mancher kennt sich mit Kindern noch nicht wirklich aus. Wer bei der Kinderanschaffung allein auf Kosten schaut, sollte dies lieber bleiben lassen.
    Und ich weiß nicht, ob eine Heirat an der oppulenz der Feier gemessen werden sollte. Feiern kann man auch aus Spaß an der Freude mit kleinem Budget. Villeicht meinte der gute Aso auch so manche Konsequenz einer gescheiterten Ehe, obwohl dies in Japan ja wohl noch nicht all zu oft durchgezogen wird.

    Zu den Sozialdemokraten: Scheinbar nicht wirklich in der Bevölkerung verwurzelt. Gibt es in Japan keine Arbeiterbewegung? Lässt das zwischenmenschliche Protokoll einen derartigen Kampf nicht zu? Ein asiatisches Problem kann es ja nicht sein, denn gerade südkoreas Gewerkschaftsbewegung imponiert mir da sehr.

    Ansonsten bin ich gespannt, ob die Wirtschaftskrise dieser Partei ein wenig behilflich ist.

  5. Je laenger ich dieses Blog lese und seit ich in Japan bin, plaediere ich allein schon wegen dem Humorfaktor dafuer, dass Aso wiedergewaehlt wird.
    Die Italiener waehlen doch auch Berlusconi nur deswegen immer wieder ^^

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