Wenn es ein Thema gibt, das Japaner seit einigen Monaten umtreibt, dann ist es der heißgeliebte Reis. Zur Erinnerung – erst gab es im vergangenen Herbst wochenlang kaum Reis zu kaufen, dann verdoppelte sich der Preis für polierten Reis. Über dieses Dauerproblem stolperte nun der erste Minister des im November aufgestellten Kabinetts von Premierminister Ishiba: Taku Etō, bis gestern Landwirtschaftsminister, nahm nun seinen Hut. Das geschah jedoch nicht, weil er das Reisproblem nicht einmal ansatzweise lösen konnte, sondern wegen ein paar ziemlich unsensiblen Kommentaren, die in den vergangenen Tagen ans Licht kamen.
Bei einem Gespräch mit Reportern – ausgerechnet – merkte er sinngemäß an, dass er von seinen Unterstützern so viel Reis bekäme, dass er den bald selbst verkaufen könne. Ebenso bemerkte er, logischerweise, dass er deshalb nie selbst Reis kauft. Als die Presse dies veröffentlichte, empörten sich viele Menschen, und das zurecht – die Richtigstellung des Ministers, dass er sehr wohl für seinen Reis bezahle, klang da wenig glaubhaft.
Die unklugen Kommentare des Ex-Ministers offenbaren gleich mehrere Dinge: Zum einen die offenbar noch immer übliche Praxis, von überall kleine Geschenke anzunehmen. Zum anderen die Tatsache, dass der Minister ganz offensichtlich den Ernst der Lage verkennt. Es ist ja schön, dass er aufgrund seiner Position so viel Reis geschenkt bekommt, dass er sich selbst nicht darüber sorgen muss – doch zig Millionen Japaner schlagen seit mehr als einem halben Jahr die Hände vor den Kopf, wenn sie die Reispreise im Supermarkt sehen. Die Kommentare zeigen natürlich auch eine ganz unverfrorene Arroganz gegenüber den Wählern. Doch immerhin zog Etō nun selbst die Konsequenzen.
Sein Nachfolger, Koizumi Junior, erklärte sich kurzerhand zum “Reisminister”, und er steht vor einem großen Problem. Die Regierung hatte ja bereits vor Monaten beschlossen, die Reisreserven des Landes zu öffnen und damit den Markt zu fluten. Doch die Methode ist sehr zweifelhaft: Es wurde nämlich beschlossen, den so frei werdenden Reis an die Höchstbietenden zu versteigern. Koizumi beschreibt das Problem mit konkreten Zahlen: Als die Regierung den Reis kaufte, zahlte sie bis 12’000 Yen für 60 Kilogramm. Jetzt versteigert sie den selben Reis für mehr als 22’000 Yen. Er stellt folgerichtig die Frage: “Was macht die Regierung eigentlich, dass sie davon profitiert?”. Richtig. Wer auch immer den Reis ersteigert (landwirtschaftliche Genossenschaften, Supermarktketten usw.), wird natürlich wenig Interesse daran haben, den Reispreis ordentlich sinken zu lassen. Stattdessen schlägt der neue Minister nun vor, den Verkauf durch Kaufverträge zu regeln, doch das wird nicht ganz einfach.
Die genannten Zahlen sind interessant: Sagen wir mal, die Regierung versteigert wirklich den Reis für 22’000 Yen pro 60 Kilogramm (60 Kilogramm entspricht der alten Einheit für Reis, einem 俵HYŌ). Das wären also 370 Yen pro Kilogramm. Eine gängige Verkaufseinheit von Reis in Supermärkten ist eine 5-Kilogramm-Tüte – die kostet zur Zeit um die 4500 Yen (würde man den 60-Kilogramm-Preis herunterrechnen, wären es 1800 Yen). Nimmt man eine Marge von 50% für den Einzelhandel an, bliebe noch immer ein Aufschlag von 900 Yen pro 5 Kilogramm. Das liegt aber unter anderem daran, dass Reis in großen Einheiten wie besagten 60-Kilogramm-Einheiten (üblicher sind aber heute 30-Kilogramm-Einheiten) 玄米 ist – unpolierter Reis. Den kann man zwar auch essen, aber normalerweise wird er poliert und damit zum allseits beliebten 白米. dem weißen Reis. Allein beim Polieren gehen jedoch schon rund 10% der Masse verloren. Schaut man im Internet nun nach großen Reiseinheiten, so kann man beim jetzigen Stand tatsächlich eine 30-Kilogramm-Tüte unpolierten Reis für 22’000 Yen kaufen.
Reisminister Koizumi wird nun einiges an Druck verspüren, schließlich wird im Juli gewählt – und die Liberaldemokraten mussten schon bei der Wahl im Herbst 2024 kräftig Federn lassen. Die Lage in den Reisregalen wird dabei für viele Wähler eine wichtige Rolle spielen – immerhin hat aber Koizumi schon eines der Hauptprobleme erkannt, denn eine Versteigerung an den Meistbietenden, um die Preise zu drücken, ergibt absolut keinen Sinn.