Japan’s Wirtschaft wächst und gedeiht – seit einigen Jahren. Man ist raus aus der Krise, sagt man. Es geht aufwärts. Da könnte man jetzt beinahe erwarten, dass wieder so geprasst wird wie in den 80ern, während der Hochzeit der Seifenblasenkonjunktur. Als sehr viele von der Konjunktur profitierten und plötzlich schnell Riesengewinne einfuhren.
Dieses Mal ist es anders. Einen beachtlichen Teil des Aufschwungs verdankt Japan den Umstrukturierungen. Der Trend geht weg vom Festangestellten, der seine Stelle sicher hat, dicke Boni bekommt und dem die Firma die Krankenkasse bezahlt. Der Trend geht hin zum “outsourcen” und zum Vertragsangestellten oder Teilzeitarbeiter. Man hat mal wieder von Amerika gelernt: In Japan kristallisiert sich nun auch eine working poor-Klasse heraus (Leute, die viele Jobs machen, aber trotzdem arm sind).
Der Begriff des precariat macht die Runde – eine Wortschöpfung aus precarious (gefährlich, unsicher) und proletariat.
Doch es gibt sogar schon erste Demonstrationen dieser neuen Schicht gegen ihre prekäre Lage – letzte Woche in Fukuoka, Anfang Mai in Tokyo (siehe Video – nicht von mir, sondern von User kptky auf YouTube – er stellte etliche Videos von Demos in Japan ins Netz).
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Die Freeter-Gewerkschaften organisieren diese Demos. Es gab auch schon erfolgreiche Klagen vor dem Arbeitsgericht gegen besonders rüde Methoden. In der Tat, etliche Firmen locken junge Leute an, lassen die eine Weile für sich arbeiten (und quetschen sie dabei aus wie Zitronen, was Leistung angeht) und lassen sie dann wieder fallen.
Zur working poor-Schicht zählen übrigens arbeitende Menschen mit einem Gehalt von unter 100,000 Yen (ca. 650 Euro). Das ist wirklich verdammt wenig in Japan.
Das Wort des Tages : フリーター (furiita, = Freeter) (auch manchmal etwas verächtlich ぷ?太郎 putarō genannt: Menschen ohne Festanstellung, die mal hier, mal dort arbeiten. Sie nehmen beständig zu.