BlogDer Ansch*** lauert überall

Der Ansch*** lauert überall

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Nun gut, Marketing hatten wir neulich erst, aber einer muss doch noch sein.
In meinem Bahnhof stehen an allen Ecken und Enden Getränkeautomaten herum: große und kleine, alte und moderne und mittelalte. Die Startrek-Automaten hatten wir schon mal, aber heute geht es um die mittelalten. Die sind auch ziemlich klobig und laufen unter Windows XP. Woher ich das weiss? Einmal schien das System abgestürzt zu sein. Normalerweise zeigt der Bildschirm irgendwelche albernen, grinsenden Kaffeebecher, aber an jenem Tag war nur die Standard-Oberfläche von Windows XP zu sehen. Leider hatte ich kein Keyboard dabei…
Der Automat bietet alles, was man sich vorstellen kann: kalten und heissen Kaffee, Maissuppe, Zitrone-Ingwer-Brause, Cappuccino und was weiss ich alles. In grossen Bechern. In kleinen Bechern. Man kann einstellen, wie viel Zucker in den Kaffee soll und wie viel Kaffee. Ob ein Deckel auf den Becher soll oder nicht. Ob man es lieber lauwarm mag. Das alles wird auf dem Bildschirm bildreich illustriert. Bestellt man einen heissen Kaffee, dauert die Prozedur 45 Sekunden (wird auf einem separaten Display heruntergezählt). Währenddessen läuft ein Video, das zeigen soll, was gerade im Inneren passiert: Bohnen rein, mahlen, ein Pulver rein, noch ein Pulver rein, heisses Wasser drauf, quirlen – piep, piep, piep! Fertig! Für 150 Yen hält man ein heisses, frisch gemahlenes und trotzdem irgendwie nach Instantkaffee schmeckendes Getränk in den Händen.

Erdbeermilch mit Spurenelementen: Spuren von Erdbeeren!
Für die lieben Kleinen gibt es sogar “Ichigo au lait”. Was, es hapert mit dem Japanischen und/oder Französischen? Ichigo = Erdbeere. au lait – mit Milch. Erdbeermilch. Wirklich? Man schaut genauer hin. Aha, das Getränk wird mit Amaou®-Erdbeeren hergestellt! Amaou® ist eine Erfindung fleissiger Marketingexperten und steht für Akai (rot), MArui (rund), Ookii (groß) und Umai = lecker. Um auf Nummer sicher zu gehen, steht auch noch deutlich da: Amaou® ist ein geschütztes Warenzeichen, und wer das ® vergisst, wird auf ewig in der Hölle schmoren oder den gesamten Agrarverband Japans an den Hacken haben, jawohl! Amaou®-Erdbeeren (weia, beinahe das ® vergessen) kommen aus Fukuoka, sind rot, sehen wie normale Erdbeeren aus und schmecken nach, haltet Euch fest!, Erdbeeren! Im Supermarkt kosten sie genauso viel wie… genau, Erdbeeren!
Noch mal genauer auf das Schild am Automaten geschaut und fast den Kaffee fallengelassen: In der Erdbeermilch, so steht es da ganz deutlich, befinden sich 0.3% Fruchtsaft! NULL-KOMMA-DREI Prozent! Da hat man sich richtig ins Zeug gelegt!
Natürlich sehe ich sofort den Prozess vor meinem geistigen Auge: Der Lehrling mischt in einem Riesenzuber Wasser mit ein bisschen Milch (aus Fukushima vielleicht!?) zusammen und ruft dann den Chemiker aus seiner Raucherecke: “Zaubermeister, die letzte Ingredienz!”. Und da kommt er auch schon, mit der Pipette, und tropft Tropfen für Tropfen der Amaou®-Suppe in den Zuber. Schnell noch E120 (Karminrot, aus echten Kermes-Schildläusen™ versteht sich) dazu, und fertig ist die Erdbeermilch für die lieben Kleinen!
Mir wäre es lieber gewesen, wenn da “enthält keinen Fruchtsaft” gestanden hätte. 0.3%. Das sind ja sage und schreibe 3 Gramm auf einen Liter! Ich kann mir kaum vorstellen, dass die Hersteller den Amaou®-Namen für lediglich 0.3% benutzen dürfen. Bestimmt ist da noch eine Extragebühr für das Benutzen des Warenzeichens geflossen. Aber was solls – wer ist schon so blöd und liest das Kleingedruckte!
Und die Moral von der Geschicht’: Die Lebensmittelindustrie ist natürlich auch in Japan nicht ohne. Nur ist man hier noch viel weniger sensibilisiert als in Deutschland – den meisten Leuten ist egal, was da wirklich passiert. Und das ist wahrscheinlich auch besser so…

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

7 Kommentare

  1. Na, da musste ich mich doch direkt auch mal schlau machen:
    ADI‑Wert: 5 mg/kg Körpergewicht
    Echtes Karmin steht im Verdacht, bei entsprechend veranlagten Menschen pseudoallergische Reaktionen auszulösen. Insbesondere, wenn bereits eine Allergie gegen Salicylsäure und ihre Abkömmlinge besteht, kann es zu Symptomen auf der Haut oder an den Atemwegen kommen.
    Die so genannten Salicylate finden sich in Aspirin (Wirkstoff Acetylsalicylsäure) sowie natürlicherweise in Ananas, Apfelsinen, Aprikosen, Erdbeeren, Grapefruit, Himbeeren, Honig, Johannisbeeren (rot und schwarz), Weintrauben und Zitronen. Auch Personen, die empfindlich auf Benzoesäure (E 210) reagieren, können pseudoallergisch auf E 120 reagieren.
    5 mg pro Kilogramm Koerpergewicht ….. so, und jetzt sind die Schnellrechner / -denker gefragt!!

  2. Hm, hat schon seinen Grund, das praktisch alle Japaner irgendeine Allergie haben. Meistens ist die Haut betroffen. Ist ja auch kein Wunder, wenn man jeden Tag in der Chemiebruehe badet, die hier als Trinkwasser angeboten wird. Das man keine rueckfettenden Badezusaetze benutzt und auch Duschgel fast immer nur eine fluessige Seife ohne jedwede rueckfettende Inhaltsstoffe ist, macht es auch nicht besser. Dann noch mit dem in extrem starken Waschmitteln (da Kaltwaesche..) gewaschenen Badetuch trockenrubbeln, rein in die chemieverseuchten Klamotten und ein schoenes Abendessen, fast immer ueberwiegend aus “processed food” und man ist fertig fuer einen Abend voller Jucken und Kratzen….
    Wir verkaufen komplette Verarbeitungslinien an japanische Lebensmittelhersteller und was dort fuer Sachen zusammengemixt werden ist einfach nur unglaublich.
    Silikondichtungen, die in duetschen Fabriken 5 Jahre halten, muessen in Japan alle 6 Monate ausgewechselt werden, weil sie von Chemikalien praktisch aufgeloest wurden.
    Klar, in jeden noch so tollen “healthy Drink” muessen ja die Vitamine von 30 Orangen rein. Wer einmal den Gestank von Industrievitamin C in der Nase hatte, wird diese Plaerre nie wieder trinken. Was, das Vitamin C kommt gar nicht aus Orangen? Bwahaha! Eine mittelgrosse Orange kostet hier 200 yen, die Bruehe mit “einer Tagesration Vitamin C, die 30 Orangen entspricht” kostet aber nur 100 yen. Was gemerkt?

  3. mhh
    wer will den schon WIRKLICH alles wissen was in seinem Essen drin ist?
    seien wir doch mal ehrlich NIEMAND (ok vllt doch ein paar) den wenn wir wüssten was drin ist würde das zeugs was wir tag täglich in uns reinschlingen nicht mehr so “gut” schmecken wies das immoment tut
    und freut es uns den nicht wenn wir lesen dass da früchte drin sind oder die bunte bildchen mit früchten auf der verpackung? auch wenn der wirkliche frucht gehalt praktisch nicht existent ist ^^
    wozu braucht man den noch echte früchte wenn man einfach den inhalt von ein paar tanks der chem. fabriken zusammen mischen kann und “fast” das selbe erreicht?
    am ende würden echte Früchte noch helfen dass man gesund bleibt! das wäre echt zuviel des guten ich sehe Bankrotte Pharmaunternehmen wegen zu gesunder Menschen.
    irgendwie erinnert mich das an den Louis de Funès Film Brust oder Keule ^^
    danke für den blog hat wie immer spass gemacht ihn zu lesen ^^
    grus auf der pfalz

  4. Hallo Matthias,
    ich wollte jetzt nicht mit meiner ISDN-Leitung tausende Blog-Artikel abklappern, um den richtigen für mein etwas OT-Thema zu finden, deswegen schreibe ich das einfach mal hier rein – zu den tollen Produkten der Lebensmittelindustrie. ;-)
    Vor ein paar Tagen kam im Radio (Deutschlandfunk?) ein Beitrag über Arsen in Algen (oder war es ganz allgemein in Lebensmitteln?). Da wurde eine Studie zitiert wieviel Arsen doch in Algen enthalten sei und dass Japaner sehr viel Algen essen würden.
    Mal eine total ernst gemeinte Frage ( ;-) ): Wieviele “Algen-Tote” gibt es eigentlich pro Jahr in Japan?
    Der Tenor des Beitrags war ungefähr: Also man soll sich keine Sorgen machen, aber vielleicht doch besser jegliche Produkte meiden, die Algen enthalten oder auch nur enthalten könnten. Und es muss noch mehr geforscht werden.
    Ich muss dazu sagen, dass ich ein großer Fan von diesen scharfen asiatischen Reiscräckern bin, schon von Jugendzeit an. Die enthalten, je nach Sorte auch mehr oder weniger viel Algenbestandteile, auch wenn es oft nur eine hauchdünne Algenhaut rund um die Cräcker ist. Wenn mich nicht alles täuscht sind Algen sehr gesund, weil sie viele Mineralien enthalten (wurde im Beitrag nicht einmal erwähnt), u.a. wahrscheinlich auch Kalium, was uns in den heutigen europäischen Lebensmitteln inzwischen ziemlich feht, weil alles mit normalem Steinsalz zubereitet ist, das praktisch nur Natriumchlorid, also nur Natrium und Chlor, sowie ein paar sonstige chemische Zutaten wie Rieselmittel, enthält. Zudem ist Arsen selber anscheinend sogar ein essentielles(!), also lebensnotwendiges, Mineral wie ich durch zwei verschiedene Wikipedia-Artikel aus dem Jahr 2006 erfahren habe (“Mineralstoff”, “Spurenelement”) – Arsen ist in der Elementetabelle als essentielles Element markiert, auch wenn es im Text nicht erwähnt wird.
    Dass es z.B. in Indien Reis mit erhöhtem Arsengehalt gibt, das wusste ich schon. Aber diese Studie halte ich für ein Produkt der Marke “Umsatz machen durch Angst erzeugen”.

  5. Hi Robert,
    Algentote? Klingt ja richtig skandalös :)
    Ja, ich weiß… Großbritannien hatte 2004 eine Warnung ausgesprochen – man sollte die Hände von der Algenart “hijiki” lassen, da der Gehalt an anorganischem Arsen Grenzwerte überschreitet. Das zirkulierte auch in Japan. Arsen ist als Spurenelement (in geringen Maßen, versteht sich) ok, aber damit ist Arsen in organischen Verbindungen gemeint.
    Die Warnung hatte allerdings nicht berücksichtigt, dass man “hijiki” sowieso nicht in großen Mengen ißt, und man hat auch die Zubereitungsweise nicht berücksichtigt: Beim Kochen geht das meiste wohl raus.
    Dass man deshalb ganz die Hände von Algen lassen soll, ist absoluter Blödsinn. Die Menge macht’s, und “hijiki” werden sowieso (soweit ich weiss) nicht in den Crackern verarbeitet.
    Wenn Du davon tonnenweise ißt, wird Dir wahrscheinlich eher das Jod darin zum Verhängnis, da das wohl recht hoch konzentriert ist. Da müsstest Du aber wohl sehr, sehr viel von essen, und zwar täglich.
    Der Vollständigkeit halber hier noch ein offizielles Statement der Behörden (auf Japanisch):
    http://www.fukushihoken.metro.tokyo.jp/shokuhin/anzen_info/hijiki.html

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